Wenn du willst, bin ich Manuel Neuer

SPOX
01. Dezember 201421:22
"Shit" (Ben Foster)getty
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Im Juventus Stadium gibt's dank eines Altmeisters NBA-Action zu sehen, in der Premier League dribbelt sich ein Keeper um den Verstand und ein Promi macht Leeds unsicher. Spanien steht nach den Fan-Ausschreitungen unter Schock.

Serie A

Von Oliver Birkner

NBA des Spieltags: Coast to Coast und Buzzer Beater, für einen Vorabend transformierte sich das Juventus Stadium in einen Court der NBA. Zunächst gab es im 139. Turiner Ligaderby da einen gewissen Bruno Peres. Bruno who? Der offensive Rechtsverteidiger kickte vor ein paar Jahren in der zweiten brasilianischen Liga, ging dann zu Santos, wo er letztlich den Stammplatz verlor. Torino verpflichtete den 24-Jährigen kurz vor Schluss der Transferglocke. Coach Giampiero Ventura besaß scheinbar kein großes Vertrauen und meldete den Brasilianer nicht einmal für die Europa League. Toro lag in der 22. Minute 0:1 hinten, und dieser Bruno Peres nahm am eigenen Sechzehner den Ball an. Er ließ Gegner und Teamkollegen staunend stehen, überbrückte 78 Meter in elf Sekunden und hämmerte die Kugel diagonal an den Innenpfosten. Von dort sprang sie zum Ausgleich ins Tor.

Es hatte sich in der Tat gelohnt, auf Torinos ersten Derbytreffer seit quälend langen zwölf Jahren zu warten. Das Husarenstück erinnerte an George Weah, der im Milan-Dress gegen Hellas vor genau 18 Jahren für sein Coast to Coast im San Siro 90 Meter und 14 Sekunden benötigte. Würde Peres das Trikot von Real, Barca oder sonst einer Eliteeinheit tragen, hätten sich die Zeitungen weltweit voller Ruhmes-Artikel überschlagen. So blieb ihm am Ende nicht einmal Freude über ein Remis, geschweige denn einen Sieg, den man gegen Juventus zuletzt vor 19 Jahren errang. Sechs Sekunden vor Ende der Schluss-Sirene jagte Andrea Pirlo einen Buzzer Beater aus knapp 25 Metern in die linke Ecke zum sehr glücklichen 2:1. Einige Toro-Tifosi beschimpften daraufhin ihre Benjamine direkt hinter der Trainerbank. Coach Ventura klammerte sich ans Plexiglas und deutete plastisch an, ihnen den Hals durchzuschneiden. Peres' Meisterwerk war leider schon wieder vergessen.

Erleichterung des Spieltags: Der "Corriere dello Sport" titelte am Montag in seiner Florenz-Ausgabe: "Fernandez und Mario Show. Es ist wirklich wahr: Gomez hat getroffen!" 259 Tage nach seinem letzten Tor gelang dem Deutschen beim 4:0 der Fiorentina in Cagliari endlich wieder ein Erfolgserlebnis. Zudem schrieb er sich einen Assist zu Mati Fernandez' zweitem Treffer an und lief zum ersten Mal als Kapitän der Viola auf. Nach den langwierigen Verletzungen und zuletzt Pech bei Aluminium war es dem Deutschen wirklich zu gönnen. "Hoffentlich gibt es an einem speziellen Tag bald wieder Grund zum Jubeln", sagte Gomez. Gibt es bereits am Freitag, wenn die Fiorentina auf den Erzrivalen Juve trifft. Gegen die Turiner zählen Tore in der Florenz-Seele mindestens vierfach.

Und sonst? In schweren Zeiten hilft man sich gerne mit Nostalgie über die Runden, und da kam den Milanisti der Samstag gerade recht. Am Morgen traf ein gewisser Christian für den AC-Nachwuchs, wenige Stunden später dessen Bruder Daniel. Der erste ist Verteidiger und 18, letzterer 13 Jahre alter Stürmer - beide tragen den Nachnamen Maldini. "Unfassbar, dass zwei Maldinis an einem Tag getroffen haben", freute sich Opa Cesare. Womöglich bringen beide irgendwann neuen Verve in ein Milan, das sich momentan unter der Last des großen Namens bieder durch die Liga ackert. Es waren andere Zeiten, als Kapitän Cesare 1963 den ersten AC-Landesmeisterpokal hochreckte und Sohn Paolo das später gleich fünf Mal erledigte. Auf geht's Christian und Daniel, Milan würde die Thronfolger einer faszinierenden Dynastie gerne so schnell wie möglich mit offenen Armen empfangen.

Einiges drehte sich am Wochenende um Sport und Frauen. Zunächst analysierte Gianluca Vialli: "Die Roma ist nicht mehr so sexy wie in der letzten Saison, aber immer noch eine geile Schnitte." Vielleicht verweist der neuseeländische Rugby-Spieler Kelly Haimona demnächst auf die Römer. In Padova fragten ihn die Tifosi per Plakat: "Hast du auch ne Muschi für uns?" Hai (Du hast) und mona (Muschi im Veneto-Dialekt) - wahrlich kein Name für einen Sportler in Italien. Kellys Antwort steht übrigens noch aus.

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Premier League

Von Frank Oschwald

Manuel Neuer des Spieltags: Ja, wir haben sie noch alle im Kopf, diese wilden Ausflüge von Manuel Neuer bei der WM. Und auch in der Bundesliga zauberte der Keeper in den letzten Spielen im eigenen Strafraum herum, als schlummere ein verkappter Zehner in ihm. Der Vorteil bei Neuer ist, er ist ein guter Fußballer. Andere Keeper sollten vielleicht noch mal in sich gehen, die Jugendzeit rekapitulieren lassen und genau überlegen, warum sie denn eigentlich im Tor und nicht im Sturm rumtanzen. Ben Foster ist so ein Kandidat. Der Torhüter von West Brom wollte am Wochenende im Spiel gegen Arsenal mal kurz einen auf Manuel Neuer machen.

Locker hatte er im Augenwinkel wahrgenommen, dass Olivier Giroud mit Highspeed angerauscht kommt. Statt wie jeder normale und selbstreflektierende Keeper den Ball mit Urgewalt aus dem Stadion zu kloppen, versuchte Foster zu zaubern. Lässig wollte er den Ball am heranstürmenden Franzosen vorbeilegen. Statt eines Tunnels prallte die Kugel allerdings gegen Girouds Schienbein und der Stürmer hatte freie Fahrt. Der Franzose holte dann - aus zugegeben etwas spitzem Winkel - das nach, was Foster eigentlich hätte machen sollen: Er schlug den Ball in Richtung Tribüne. Foster hob den Zeigefinger, grinste wie ein Schulkind und dachte heimlich: "Wenn du willst, kannst du alles haben. Wenn du willst, bin ich gar nicht Ben Foster, sondern Manuel Neuer."

Armer Tropf des Spieltags: Profi-Fußballer haben manchmal ein wirklich hartes Leben. Ständig dieses Reisen zwischen den Spielen, die nervigen Pressetermine und zusätzlich ja auch noch diese elendigen Spiele an jedem Wochenende. Kein Wunder also, dass der ein oder andere da nach einem halben Jahr intensiver Saison inzwischen physisch und psychisch am Rollator geht. Arsenals Alexis Sanchez beispielsweise. Der arme Tropf muss neben den Spielen auf der Insel immer wieder ins Heimatland Chile fliegen, um dort bei der Nationalmannschaft als Held gefeiert zu werden.

Wie die chilenische Zeitung "La Cuarta" berichtet, gehe dem Gunner das Kontinental-Hopping ziemlich auf die Nüsse. Doch damit nicht genug. Wie das Blatt weiter schreibt, würden auch die ständigen "Love demands" seiner bildhübschen Freundin den Stürmer müde machen. Wir schließen Sanchez in unsere Gebete ein und zünden eine Kerze an. Yes, it's a hard knock life.

Anything else? Zumindest eine hard knock Partie hat am Wochenende auch Leeds United mal wieder zu sehen bekommen. Aber nicht aufgrund einer fußballerischen Offenbarung auf dem Rasen, um Himmels willen. Der Verein dümpelt trotz eines 2:0-Sieges weiterhin im Mittelfeld der 2. Liga umher, die Abstiegsplätze sind in Reichweite. Nein, es gab fürchterlich hohen Besuch an der Elland Road. Kein Geringerer als Mini-Me von Austin Powers schaute sich die Partie im Stadion an. Natürlich dribbelte der kleine Wicht standesgemäß im Leeds-Trikot auf. Ob er bei einem der Tore den kleinen Finger zum Mundwinkel geführt hat, ist nicht bekannt.

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Primera Division: Spanien nach den Ausschreitungen unter Schock

Primera Division

Von Frank Oschwald

I: Normalerweise sind die Blitzlichter Woche für Woche ein Ort, wo Spaß, Unfug und Kurioses rund um die Spieltage der internationalen Ligen Platz bekommt. Ein Zwischenfall lässt hier die normale Berichterstattung allerdings nicht zu und würde jeden Kalauer über das Wochenende letztlich nur wie blanken Hohn erscheinen lassen. Denn Stunden vor dem Spiel zwischen Atletico und Deportivo kam es im Umfeld des Stadions zu heftigen Ausschreitungen der beiden Fanlager. Mit Stöcken, Eisenstangen, zerbrochenen Flaschen und Messern sollen die 200 Hooligans aufeinander losgegangen sein. Die Krawalle gingen so weit, dass elf Menschen schwer verletzt wurden und ein Mann dabei ums Leben kam. Francisco Romero Taboada, ein 43-Jähriger Depor-Fan, wurde mit schwersten Verletzungen in den naheliegenden Fluss geworfen. Erst nach mehreren Minuten konnte er von der Feuerwehr aus dem Fluss gerettet werden. Im Krankenhaus erlag der 43-jährige Vater, der einen Sohn hinterlässt, seinen Verletzungen.

II: Vor allem die blinde Gewalt erschüttert den spanischen Fußball bis ins Mark. Denn offenbar soll der Kampf zwischen beiden Fanlagern geplant gewesen sein. Das berichten übereinstimmend Anwohner rund um das Stadion. Ungewöhnlich früh, bereits um 8 Uhr, haben sich die Fans in großen Massen getroffen. Dass die Partie zwischen beiden Teams dennoch angepfiffen wurde, stieß auf heftige Kritik. Während die Nachrichtenagentur "efe" von "einem absurden Unsinn" sprach, brach bei "Twitter" vor allem nach dem Statement der Liga eine Welle der Entrüstung los. Man habe erfolglos versucht, das Spiel zu verschieben, hörte man von LFP-Seite. Ein Fakt, den einige Fans nicht akzeptieren konnten. Ein sichtlich gezeichneter Depor-Trainer sprach direkt nach Abpfiff des Spiels von einem der "traurigsten Tage in der Geschichte des spanischen Fußballs". Auch die Politik hat sich inzwischen in die Angelegenheit eingemischt. Nach einem Krisentreffen von Vertreten aus Politik, Fußball und Polizei erklärte der für Sport zuständige Staatssekretär Miguel Cardenal, zukünftig Ultras aus den Stadien verbannen zu wollen.

Algo mas? Wir blicken trotz der fürchterlichen Nachrichten aus Madrid noch kurz auf das Sportliche. 13 Spieltage sind rum, Cordoba steht dennoch weiterhin ohne Sieg da. Nur fünf Teams in der Geschichte von La Liga standen gleich schlecht da. Auch zwei andere Teams schrauben mächtig an eigenen Serien. Während Granada nun bereits seit neun Spielen auf einen Sieg wartet, sieht die Win-Loss-Bilanz von Real in den letzten Partien folgendermaßen aus: WWWWWWWWWWWWWWWW. Übersetzt: 16 Siege in Folge in sämtlichen Wettbewerben - Vereinsrekord.

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