Ganz Spanien zieht sich nach einer Horrorverletzung die Spucke in den Rachen. In der Serie A schlägt eine Kneipentruppe den Meister und macht anschließend eine wilde Sause - vermutlich mit inflationären Mengen Grappa. Die Insel macht sich mal wieder über unseren Per lustig.
Serie A
Von Oliver Birkner
Hobby-Elf des Spieltags: Womöglich wäre die Meisterschaft drin gewesen, wenn das Gericht Parma bereits zu Saisonbeginn als insolvent erklärt hätte. Seit dem Urteil im März holte der Letzte in drei Partien sieben Punkte, drei davon beim verdienten 1:0 gegen Tabellenführer Juventus. Monatelang mussten die Parma-Kicker auf warmes Wasser in den Kabinen und Kohle verzichten, sie waren im Hinspiel 0:7 zerlegt worden und annullierten am Samstag 57 Punkte Unterschied durch einen einzigen Schuss direkt aufs Tor. Die Juve lag in ihren 30 Saisonpartien insgesamt nur 61 Minuten im Rückstand, 30 im Stadio Tardini.
"Echte Männer" lobte die Gazzetta dello Sport in fetten Lettern, doch in all der verklärten Romantik darf man nicht vergessen, dass jeder Profi sich freilich für einen neuen Arbeitgeber profilieren möchte. Wie dem auch sei, eine kleine Märchenstunde kann dem nüchternen Fußball-Business der Laktatteste, Game-Plans, TV- und Europapokal-Abermillionen sicher nicht schaden. Tags drauf feierte Parma seine Heroen beim lockeren öffentlichen Training im Stadtpark, danach relaxte die Runde beim Grillen samt Vino und Bier. So einem Hobby-Klub mag man den rechnerischen Klassenerhalt beinahe innig wünschen. Dann müsste sich bloß noch ein durchgeknallter Investor finden, der die Erstliga-Lizenz durch eine erste Finanzspritze über knapp 60 Millionen Euro garantiert. Womöglich langen zum Überreden inflationäre Grappamengen beim nächsten Grillen im Stadtpark.
Knirps des Spieltags: Die Nummer eins in Bergamo sind wir, also die Ultras. Zu dieser Einsicht kam die Truppe von Atalanta beim Abschlusstraining vor dem Duell mit Sassuolo. Auf Order von Ultra-Boss Claudio Galimberti musste das Team die Übungen unterbrechen und sich vor der gefüllten Fankurve die Leviten lesen lassen. Moralpredigten waren irgendwann mal die Aufgabe vom Trainer oder Präsidenten, in Bergamo übernehmen das scheinbar nun Galimberti und Gefolge. Man kann erahnen, welche Gedanken Trainer Edy Reja durch den Kopf gingen, der bald 70 wird und seit 1979 als Coach arbeitet. Der Ultra-Anführer wird übrigens "Knirps" gerufen und darf schon länger nicht zu den Spielen, da er Stadionverbot besitzt und noch eine Anklage wegen krummen Dingern in einer kriminellen Vereinigung am Hacken hat. Wer kann also besser über Würde dozieren? Eventuell setzt man künftig gleich Professor Knirps statt Reja auf die Bank, denn Atalanta siegte 2:1.
Tutto qua? Aurelio De Laurentiis ist für seine ambitionierte Extravaganz gefürchtet. Die Liga plant, das Eröffnungsspiel der Saison 2016/17 im Ausland auszutragen, doch das erscheint dem Napoli-Präsidenten ein halbgares Projekt. "Um auf den ausländischen Märkten zu expandieren, sollten alle zehn Partien in verschiedenen Städten weltweit ausgetragen werden." Empoli gegen Chievo in Buenos Aires würde zweifelsohne zu einem tobenden Pandämonium führen. Wahrscheinlich gruppieren sich die Argentinier zur Sicherheit gerade schon vor den Kassenhäuschen der Bombonera.
Serie A: Inflationäre Grappamengen und tobendes Pandämonium
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Premier League
Von Frank Oschwald
Spaßvogel des Spieltags: Es ist jetzt nicht so, dass Peter Crouch beim 1:1 gegen West Ham Bäume ausgerissen hat. Eigentlich war er gar nicht im Kader. Dennoch ist es unsere verdammte Pflicht, ihm einen Platz in den Blitzlichtern freizuschaufeln. Warum? Weil Peter Crouch 'ne tolle Type ist. Auf seinem Twitter-Account passieren in regelmäßigen Abständen äußerst lustige Dinge, die hier wunderbar Platz finden sollten. Als die Kandidaten für den Ballon d'Or beispielsweise veröffentlicht wurden, wurde der spitzfindige Crouch aufmerksam. Er schrieb investigativ, dass er jetzt genau wisse, dass da bei der FIFA nur krumme Dinger gezwirbelt werden. Er sei schließlich nicht nominiert. Oder als Ronaldo die Kugel letztlich bekam, hackte er mit Kenntnis seiner fußballerischen Kenntnisse lax in seine Tasten: "Vielleicht ja dann nächstes Jahr." Unter der Woche veröffentlichten die Kollegen von TransferNewsLive nun das scheinbare Anforderungsprofil des potenziellen neuen Stürmers von Manchester City. Einen "big player" wolle man kaufen. Und er sollte Engländer sein. Der staksige Hüne fühlte sich augenzwinkernd angesprochen und schrieb auf Twitter: "Ich bin beim SCFC glücklich."
Jubel des Spieltags: Glücklich war nach dem Spiel auch Chelsea-Co Rui Faria. Kritiker könnten sagen, dass er vielleicht sogar ein wenig zu glücklich war. Beim späten Tor gegen QPR setzte der treue Mou-Sidekick einen Sprint zur gegnerischen Bank an, als müsse er um 7.10 Uhr den 7.09-Uhr-Zug erwischen. Dort angekommen breitete er die Arme aus und jubelte direkt ins Gesicht von Chris Ramsey, Trainer von QPR. Medien im Mutterland des Fair Plays holten Luft und setzten zum Gegenschlag an. Doch im gleichen Augenblick wurde Chelseas Ivanovic beim Torjubel von einem Feuerzeug getroffen. Ausgleichende Ungerechtigkeit also.
Mourinho spielte die Angriffe der QPR-Fans im Anschluss an die Partie dann sowieso herunter. Es sei grundsätzlich kein Problem, wenn Zuschauer Gegenstände auf den Platz werfen. "Wenn die Fans Schokolade auf uns werfen, dann sollten die Spieler die essen. Wenn sie einen Pound werfen, dann sollten wir den einstecken. Jeder kann einen Pound gebrauchen", philosophierte Mourinho. Ganz Unrecht hat er damit sicherlich nicht.
Anything else: Es soll hin und wieder schon Leute gegeben haben, die sich über den Laufstil von Per Mertesacker lustig gemacht haben. Und zudem hinter vorgehaltener Hand über die Geschwindigkeitsdefizite gegrinst haben. Das sprach sich offenbar auch bis in den Reitsport durch. Denn Nic Allen nannte sein Pferd nach dem staksigen Deutschen und macht aktuell die englischen Rennbahnen mit seinem Pferd unsicher. Also fast. Am Wochenende beim Grand National Day in Aintree musste "Mertesacker" leider pausieren. Die Quoten auf einen Sieg des Big f... Germans wären allerdings generell nicht so geil gewesen. Bei einem Euro Einsatz hätte es 250 Euro gegeben. Grund des Ausfalls war ungewiss. Ob das Pferd auch in die Eistonne musste?
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Von Frank Oschwald
Striptease des Spieltags: Was haben die Rückkehrer nicht alle mitgemacht. Geht's gegen den alten Verein, droht den meisten Spielern oft ein götzenartiges Pfeifkonzert. Zu sagen, dass dies bei Ivan Rakitic' Rückkehr zum FC Sevilla harmloser ablief, wäre eine himmelweite Untertreibung. Von Hohn und Spott gegen den Kroaten war auf den Tribünen überhaupt nichts zu sehen. Sämtliche Fans verneigten sich vor dem Kroaten und hängten Plakate auf. "Das hier wird für immer dein zu Hause bleiben, Ivan", war auf einem zu lesen. Rakitic sog die Emotionen der Fans sichtlich auf und machte nach dem Spiel den kostenlosen Marketingbeauftragten. Sämtliche Utensilien gab er an die Sevilla-Fans, sodass er letztlich nur noch in der Hose Richtung Kabine trabte. Großes Kino. Von beiden Seiten.
Handschlag des Spieltags: Seit diesem Wochenende hat Vigos Santi Mina vier Hütten auf seinem Liga-Torekonto. Generell jetzt nicht der Bombenwert. Schraubt man jedoch einen Spieltag zurück, sieht man, dass durch den Buden-Zähler in der Vorwoche noch Heuballen gerollt sind. Mathe-Streber werden es bereits ausgerechnet haben: Am Wochenende gelang dem 19-Jährigen gegen Rayo Vallecano einen Viererpack. Mit 19 Jahren! Messi schaffte das zum Vergleich mit 22 Jahren, CR7 mit 25 Jahren. Nur drei Spieler in der gesamten Liga-Geschichte waren noch jünger. Dabei wollte man das Talent im Sommer eigentlich in Form eines Transfers in Geld ummünzen. Mina blieb Vigo allerdings treu und sagte stets: "Ich verlasse diesen Verein erst, wenn mir jemand die Hand schüttelt, in die Augen schaut und Tschüss sagt." Das passierte nicht. Rayo-Trainer Paco Jemez machte das so ähnlich. Der wildeste aller wilden Trainer brachte es gegen Vigo fertig, in der 28. Minute bereits zwei Mal zu wechseln. Und das, obwohl keiner der beiden Spieler auch nur ansatzweise verletzt war.
Algo mas? Das können wir von Mateo Mussachio nicht behaupten. Seit gut einem halben Jahr quält sich der Verteidiger nun mit einer nervigen Oberschenkelverletzung herum. Allein 12 Einsätze über 90 Minuten stehen in dieser Saison zu Buche. Von Oktober bis Mitte Januar war er gefangen zwischen dem Krankenbett und dem Gymnastik-Ball in der Reha. Seit einigen Spielen gehört der Argentinier nun wieder zum Dunstkreis der ersten Elf. Doch das kann er sich für die nächsten Monate wieder in die Haare schmieren. Im Zweikampf knickte der Innenverteidiger dermaßen übel um, dass das Wadenbein den Rasen küsste und selbst Johnny Knoxville von Jackass ganz leise vor sich hinwinseln würde. Wir senden ein Stoßgebet gen Fußball-Gott und sagen: gute Besserung, Mateo!
Serie A: Inflationäre Grappamengen und tobendes Pandämonium