"Hatte keinen Bock mehr auf Fußball"

Shkodran Mustafi bestritt in der letzten Saison 33 Spiele für den FC Valencia
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SPOX: Nur dank der Verletzung von Marco Reus rückten Sie damals in den endgültigen WM-Kader. So bitter das auch klingt, aber war die Verletzung von Reus ein Schlüsselerlebnis in Ihrer Karriere?

Mustafi: Es tat mir unfassbar leid, was Marco da passiert ist. Er hatte zuvor eine überragende Saison mit dem BVB gespielt und dann diese Aktion im letzten Testspiel vor dem Turnier - bitter! Aber letzten Endes weiß man nicht, was passiert wäre, wenn sich Marco nicht verletzt hätte. Vielleicht hätte ich auch bei Sampdoria Genua eine herausragende Saison gespielt und ich würde jetzt bei Juventus Turin spielen. Insofern würde ich das nicht als Schlüsselerlebnis beschreiben. Ich wurde oft als Spieler abgeschrieben und habe dann den nächsten Schritt gemacht. Das war bei meinem Wechsel von Everton nach Genua so. Auch als ich in den WM-Kader gerutscht bin, war die Skepsis groß. Ich denke aber, dass ich auch so meinen Weg gegangen wäre.

SPOX: Haben Sie eigentlich mal mit Marco Reus darüber gesprochen?

Mustafi: Nein, wir haben darüber nicht geredet. Natürlich wäre ich lieber ohne seine Verletzung auf den WM-Zug aufgesprungen. Aber so ist es nun mal.

SPOX: Welche Rolle hatte Sie eigentlich innerhalb des Teams? Immerhin kannten Sie ja nur wenige Spieler, weil Sie erst ein paar Monate zuvor ihr Debüt gegeben hatten und auch nicht in der Bundesliga aktiv waren...

Mustafi: Ich war einfach Shkodran. Einer von 23 Jungs, die den Titel holen wollten. Ob Koch, Masseur oder Physiotherapeut, jeder war ein kleiner Teil des Teams. Natürlich war ich am Anfang noch schüchtern und zurückhaltend, weil sich viele Jungs aus der Bundesliga kannten. Ich war lediglich bei zwei Lehrgängen zuvor dabei gewesen. Aber ich kannte Mario Götze noch aus der U17-Nationalmannschaft. Zudem war ich gemeinsam mit Miro Klose im Haus. Er gab mir den einen oder anderen Tipp und ich saß oft mit ihm zusammen.

SPOX: Stichwort Mario Götze. Sie sind gut mit ihm befreundet. Wie beurteilen Sie eigentlich seine Entwicklung nach der WM?

Mustafi: Alle vergessen immer, dass er erst 23 ist. Der ganze Druck, der auf ihm lastet, ist extrem schwierig zu bewältigen. Er schießt uns zum WM-Titel, ist der Held von Deutschland. Anschließend wurden Wunderdinge von ihm erwartet und er wurde viel zu heftig kritisiert in der vergangenen Saison. Das war nicht fair.

SPOX: Warum steht Götze so sehr im öffentlichen Interesse? Er polarisiert ja wie nur ganz wenige Spieler in Deutschland.

Mustafi: Er steht doch schon immer im Fokus, weil er schon früh als Ausnahmetalent galt. Es gibt aber in Deutschland einige Experten, die zu schnell urteilen und gerne kritisieren, wenn man mal einen durchschnittlichen Tag hat. So ist die Medienwelt, ich lese daher ganz selten Dinge über mich. So etwas lenkt nur ab. Mario ist ein guter Kumpel von mir, wir waren zuletzt auch zusammen im Urlaub. Es war auch für ihn jetzt auch mal wichtig, dass er Körper und Kopf regenerieren lassen konnte. Er arbeitet sehr, sehr professionell. Er wird seinen Weg definitiv gehen.

SPOX: Vor zwei Jahren waren Sie noch Ersatzspieler bei der U21-EM in Israel. Jetzt sind Sie Weltmeister und stehen auf dem Wunschzettel von Real Madrid und dem FC Barcelona. Geht Ihnen das nicht alles zu schnell?

Mustafi: Nein, überhaupt nicht. Ich nehme die Situationen immer so an, wie sie sind und versuche das Beste daraus zu machen. Egal wie überraschend manche Nominierung auch war, egal wie überraschend ein Wechsel zustande kam, ich dachte mir nie: "Wow, was passiert hier gerade?" Ich habe einfach die Situation angenommen und mich mit klarem Kopf auf die anstehenden Aufgaben konzentriert. Wenn man mal 35 ist und die Karriere langsam zu Ende geht jetzt, dann darf man solche Gedanken mal fassen.

SPOX: Apropos Real und Barca. Was läuft denn da eigentlich genau?

Mustafi: (lacht) Auch wenn wir jetzt hier zusammensitzen und Sie gerne etwas hören möchten. Ich habe mich dahingehend noch nicht erkundigt. Wenn es eine Anfrage von Real gegeben haben soll, dann ehrt mich das natürlich sehr. Aber ich war jetzt im Urlaub und den habe ich genutzt, um auch mal mental abzuschalten. Ich habe keine Zeitungen gelesen und mir auch nicht sagen lassen, wer vielleicht an mir interessiert sein soll. Vorhin habe ich mitbekommen, dass Lukas Podolski zu Galatasaray gewechselt ist. Aber auch nur, weil zufällig ein Bild von ihm auf Instagram sah, auf dem er mit dem Gala-Präsident Tee trank.

SPOX: Als Nachfolger für Sergio Ramos bei den Königlichen - gefällt Ihnen diese Vorstellung?

Mustafi: Dann müsste ich ja schon wieder in große Fußstapfen treten (lacht). Natürlich ist das eine Anerkennung meiner Leistung und zeigt, dass ich eine ordentliche Saison gespielt habe. Aber ich fühle derzeit sehr mich wohl in Valencia.

SPOX: Valencia ist rein geographisch nicht der schlechteste Ort. Sonne, Strand und Meere. Was macht Shkodran Mustafi, wenn er mal seine freie Zeit genießt?

Mustafi: Ich bin oft am Strand. Dort ist es absolut genial und ich kann wunderbar runterkommen. Wenn ich Freunden dann ab und an Bilder schicke, heißt es nur: "Der Junge hängt ja nur am Strand ab." (lacht)

SPOX: Bleibt dafür wirklich so viel Zeit?

Mustafi: Jetzt nicht falsch verstehen. Ich trainiere natürlich auch viel, aber wenn am Abend zwei Stunden Zeit sind, dann geht man nochmal an den Strand und genießt es einfach. Ich wohne ein bisschen außerhalb der Stadt, von daher kann ich da immer nochmal schnell hin. Aber manchmal kann es in Valencia auch ziemlich laut werden...

SPOX: Inwiefern?

Mustafi: Während des Frühlingsfests, den Fallas. Meine Güte, was da in der Stadt los ist. Wahnsinn. (Mustafi zückt sein Handy und zeigt ein Video von den Fallas) In diesen drei Wochen ist in Valencia die Hölle los. Mit Schlaf wird es in dieser Zeit schwer, ich hatte kurzzeitig schon überlegt, ob ich flüchten sollte (lacht).

SPOX: Sie haben verschiedenste Kulturen erlebt, spielten in Italien, England und nun in Spanien. Inwieweit hat sie das alles geprägt?

Mustafi: Ich habe überall meine Erfahrungen gemacht und die Mentalitäten kennengelernt. Sowohl sportlich als auch menschlich. In England habe ich zum Beispiel gelernt, was Professionalität bedeutet. Dort wurde mit beigebracht, dass man immer 100 Prozent geben muss - egal ob im Training oder im Spiel. In Italien habe ich mich menschlich weiter entwickelt. Dort lernte ich, dass es nicht nur Fußball im Leben gibt.

SPOX: La Dolce Vita oder was?

Mustafi: So meinte ich das nicht. Ich ging mit 17 zum FC Everton, dort gab es für mich nur Fußball, Fußball, Fußball. Am Vormittag trainierte ich mit der ersten Mannschaft, am Nachmittag mit der 2. Mannschaft und ab und an ging ich noch ins Fitnessstudio. Für andere Dinge blieb wenig Zeit. Aber ich habe mich bewusst so entschieden, es zwang mich ja niemand dazu. Ich wollte unbedingt Profi werden und arbeitete hart daran.

Seite 1: Sein Jahr als "Herr Weltmeister" und die Probleme in der EM-Quali

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