Es war das Frühjahr 1994, als ein A-Jugendtrainer des VfB Stuttgart den südamerikanischen Kontinent bereiste, um sich persönlich von den Qualitäten eines international umworbenen Nachwuchsstürmers zu überzeugen. Der Name des Wunschobjekts: Ronaldo Luis Nazario de Lima, kurz und besser bekannt als Ronaldo.
Vor 23 Jahren wusste freilich noch niemand, dass der damals 17-Jährige zu einem der besten Fußballer der Welt reifen würde. Trotzdem wollte ihn der VfB-Verantwortliche - ein gewisser Ralf Rangnick - bei seinem Besuch in Brasilien nur zu gerne verpflichten. Weil die von Belo Horizonte geforderten acht Millionen D-Mark den Schwaben aber am Ende zu viel waren, zog sich Stuttgart aus den Verhandlungen zurück. Das Rennen um Ronaldo machte die PSV Eindhoven; der Rest ist Geschichte.
23 Jahre später hätte man beim VfB Stuttgart durchaus einen Fehler in der Matrix erkennen können. Ein Deja-vu, auf das man vermutlich liebend gerne verzichtet hätte. Denn wieder hatten die Schwaben einen jungen, südamerikanischen Mittelstürmer ins Visier genommen. Dieses Mal mit dem Namen Maximiliano Romero. Wieder hatte der VfB gute Gespräche geführt und war dieses Mal sogar bereit, über eine historische Schmerzgrenze zu gehen. Doch wieder schien die PSV den Schwaben einen Strich durch die Rechnung zu machen
"Rekordmann" Romero: Erst VfB, dann PSV, jetzt BVB?
Romero wäre der erste Spieler gewesen, für den der VfB wohl eine zweistellige Millionensumme bezahlt hätte. Von etwa zehn Millionen Euro war in den argentinischen Medien die Rede. Antreiber der Verhandlungen war Michael Reschke, der sich sicher war, "dass Romero in zwei, drei Jahren über 30 Millionen Euro wert sein wird." Gereicht hat das Rekord-Angebot der Schwaben aber nicht.
"Leider hat man uns - obwohl die Gespräche mit Spieler, Berater und Klub sehr weit fortgeschritten waren - klar gemacht, dass unser Angebot deutlich unter dem von Eindhoven liegt", kommentierte Reschke den geplatzten Transfercoup und beglückwünschte den angeblich neuen Verein des Argentiniers zu einer "Top-Lösung".
Dass dem VfB wie vor 23 Jahren ein vielumworbenes Südamerika-Talent durch die Lappen geht, ist zwar bitter, doch möglicherweise könnte Romero im kommenden Jahr sogar gegen Stuttgart auflaufen - dann im Trikot von Borussia Dortmund. Nach Informationen der Bild soll Romero sich kurzfristig doch noch gegen den bereits als fix kolportierten Wechsel zur PSV entschieden haben und im Winter für zwölf Millionen Euro zum BVB kommen.
Zwölf Millionen Euro. Für einen Youngster, der gerade einmal in 39 Profi-Pflichtspielen für Velez auf dem Platz stand und dabei zehn Tore erzielte, ist das eine gewaltige Summe. Doch Romero hat es nicht nur dem VfB, der PSV und ganz offensichtlich auch dem BVB angetan, sondern auch der internationalen Fußballwelt.
Romero: Viele Qualitäten - Falcao als Vorbild
Der in der Nähe von Buenos Aires geborene Youngster schaffte es 2016 in die Guardian-Liste der 60 weltweit besten Nachwuchsspieler. Das Fachmagazin France Football, das jährlich den Ballon d'Or vergibt, wählte Romero in diesem Jahr gar unter die Top zwölf der Talente, die in der nächsten Generation den Fußball dominieren werden. Das mag übertrieben klingen, doch die Anlagen dazu sind zweifellos vorhanden.
Sieht man den Teenager in Aktion, imponiert auf den ersten Blick vor allem dessen überraschend ausgeprägte Physis. Wie ein Jungbulle stürmt Romero dabei mit viel Kämpferherz über die argentinischen Fußballplätze und gibt keinen Ball verloren. Hat er die Kugel dann mal am Fuß, zeigt er seine technischen Qualitäten. Eine gekonnte Ballan- und mitnahme? Ein gezielter Abschluss mit rechts, links oder dem Kopf? Für den 1,79-Meter-Mann alles kein Problem.
"Ich will im Strafraum so agieren wie Falcao", verriet Romero. "Die Aggression, die er dort hat, besitzt sonst niemand."
Romero auf den Spuren von Diego Maradona
Die Stärken von Romero, der wie praktisch jeder talentierte Nachwuchsspieler aus Argentinien bereits mit Lionel Messi verglichen wird, sind dabei nicht erst seit gestern bekannt. Bereits vor zwei Jahren stand der FC Arsenal kurz vor der Verpflichtung des damals 16-Jährigen. Doch Romero verletzte sich schwer am Knie, der Deal platzte.
An seinen Zielen für die Zukunft änderte das nichts. "Ich habe denselben Traum wie Diego Maradona", sagte er damals selbstbewusst: "Ich will in die erste Liga, mit Velez Meister werden und die Weltmeisterschaft gewinnen."
Die Chance auf den Titelgewinn mit Velez hat sich durch seinen als sicher geltenden Abgang zerschlagen. Doch kleiner dürften seine Ambitionen nach seinem Wechsel nach Europa nicht werden. Wichtig wird sein, sich schnell auf einem ihm fremden Kontinent zurechtzufinden.
Romero spielt auf der Playstation am liebsten den FC Bayern
Denn den Fußball in den europäischen Ligen kennt der Jungspund bisher nur aus dem Fernsehen - oder von der Spielkonsole. Dort zockt er am liebsten mit dem deutschen Rekordmeister: "Auf der Playstation ist mein Team Bayern München, weil sie Franck Ribery und Arjen Robben haben. Ich stelle sie auf die Flügel und schieße dann Tore."
Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, dürfte Romero eben jenen beiden Spielern nach der Winterpause sehr viel näherkommen, als nur mit ihnen auf der Konsole zu spielen. Ob er ihnen dann allerdings auf dem Platz gegenüberstehen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Beim BVB könnte Romero mittelfristig als Nachfolger für Pierre-Emerick Aubameyang, der den BVB "eines Tages verlassen wird" (Michael Zorc), aufgebaut werden.
Dass das allerdings alles andere als einfach werden wird, ist dem 18-Jährigen bewusst. Anderer Kontinent, andere Liga und größere Konkurrenz. Zudem zeigte in dieser Saison der Werdegang von Alexander Isak, der mit ähnlichen Vorschusslorbeeren kam, wie schwierig es sein kann durchzustarten. Beim Schweden waren es nicht die Vergleiche zu Messi, sondern die zu Zlatan Ibrahimovic, die den Fans bereits den Kopf verdrehten.