Die neugeschaffene Super League strapaziert die Nerven und Herzen vieler Fußball-Fans. Die zwölf Klubs, die ihre eigene Liga gründen wollen, sind nicht zufällig dabei und verfolgen emotionslos ihre Pläne. Doch was machen eigentlich Fußball-Malocher wie Jürgen Klopp und Diego Simeone? Spielen sie das Spiel mit?
Es gibt da diese Simpsons-Folge, als ein 100 Jahre altes Gesetz den Konsum von Alkohol in Springfield untersagt. Barney Gumble, Cheftrinker der Stadt, kondoliert vor den Toren der Bierbrauerei Duff, Homer Simpson schwingt sich zum mysteriösen Bierbaron auf und der abkommandierte Kommissar-Rex-Banner kommt nach Springfield, um mit harten Bandagen den Bierbaron zu stoppen, weil Chief Wiggum zu unfähig ist.
Nun darf man sich aussuchen, wer in der Fußballwelt der Bierbaron, wer Banner und wer Wiggum ist. Zwölf Klubs aus Europa fühlen sich in der Rolle des Bierbarons, die mit den aktuellen Gegebenheiten nicht leben können und ihr eigenes Ding machen, um die Menschen offenbar damit glücklich zu machen.
Rex Banner ist in diesem Fall Aleksandar Ceferin, Chef der UEFA, der sich seit Montag als Vertreter aller Fußball-Romantiker dieser Welt ausgibt und die "Schlangen", wie er selbst sagte, mit allen Bandagen bekämpfen will. Weil er es offenbar nicht kann, ist er eigentlich auch Wiggum. Bis Sonntag war Ceferin noch der Baron, der mit einer aufgeblähten Champions League aufwartet, um die Menschen offenbar damit glücklich zu machen.
Klar ist eigentlich nur eine Rolle: Die Barneys dieser Welt sind die Fußball-Fans. Wie die vom FC Liverpool, die am Montag an der Anfield Road kondolierten, weil der Fußball für sie und viele andere gestorben ist. "It's a shame", schrieben sie auf einem Banner und meinten damit ihren Klub, der wie elf andere zu dieser Vereinigung von Abtrünnigen gehört. Natürlich geht es ihnen nicht darum, irgendwelche Fußball-Fans glücklich zu machen. Es geht ihnen darum, den optimalen Profit herauszuschlagen (so wie übrigens Homer, der ein Vermögen mit dem verkauften und später selbstgebrauten Bier machte).
Super League? Die Fans sind kein Faktor
Dass die Super League irgendwann kommt, davon konnte man ausgehen. Die Idee ist keine neue. Schon vor 23 Jahren berichtete der Guardian von Plänen einer Super League und titelte: "Fantasy football got real." Das geplante Logo war angelehnt an das der EU, die Teilnehmer verteilt über den Kontinent.
Die UEFA installierte und etablierte aber die Champions League. Erst waren es nur die Meister, dann aber auch alle anderen. Der Topf wurde größer, der Hunger der Klubs auch. Wie vor 23 Jahren suchen sie auch heute eigene Wege, um noch mehr zu verdienen. Der International Champions Cup, kurz ICC, der bis zur Pandemie in jedem Sommer ausgetragen wurde und an dem die größten Klubs der Welt teilnehmen, durfte nicht nur als Vorgeschmack, sondern auch als Vorwarnung gelten.
Doch der ICC war sportlich nur in Grenzen lukrativ, fehlte der Wettbewerb auf höchstem Niveau. Wer begeistert sich schon für ein Freundschaftsturnier? Also dann ein Turnier mit Wettbewerb. Ein Turnier, in dem sich die Giganten regelmäßig gegenüberstehen. Real Madrid gegen Manchester City anstatt Wolverhampton gegen Burnley. Und dies in aller Regelmäßigkeit und dazu noch gut bezahlt. Wer soll da noch widersprechen? Die Fans? Nein. Sie stellen keinen Faktor in der Gesamtgleichung dar. Dazu genügt ein Blick in die Struktur der zwölf Klubs, die die Super League ins Leben gerufen haben.
spoxJuventus Turin veränderte sein Klub-Logo
Arsenal, Liverpool, Manchester United und der AC Mailand gehören großen US-Unternehmen. Manchester Citys Eigner sitzen in den Emiraten, bei Inter Mailand fließt Geld aus China, bei Chelsea aus Russland. Juventus und Tottenham sind ebenfalls Klubs, die von Eignern geführt werden. Zwar immerhin aus dem Inland, aber mit einer bestimmten Einstellung zu Traditionen.
Beispiel: Zum Unmut der sehr stolzen Fans veränderte Juventus vor vier Jahren das eigene Klub-Logo. Bleiben die drei Spanier, die zwar nicht fremdgeführt, aber fremdgesteuert werden. Sie sehen ihren Markt schon seit jeher nicht mehr innerhalb der eigenen Grenzen oder in Europa. La Liga startete schon vor rund zwei Jahren eine große PR-Kampagne namens "La Liga Experience", um neue Märkte zu erschließen.
Dass bei dieser Konstellation nicht Koryphäen am Tisch sitzen und den Zeigefinger heben, weil man die Fans und die Traditionen vergessen hat, darf einen nicht sonderlich überraschen. Die Klubs dürften auch keine Mitarbeiterbefragung, ob denn alle in einer neuen Liga spielen wollen, durchgeführt haben. Wobei die Antworten dabei schon ganz interessant wären.
Super League: Jürgen Klopp hat seine Meinung nicht revidiert
Jürgen Klopp hat seine Meinung aus dem Jahr 2019 nicht revidiert. "Ich hoffe, diese Super League wird es nie geben. Mit der Art, wie die Champions League jetzt abläuft, hat der Fußball ein ganz tolles Produkt", sagt er damals im kicker. Er sagte auch: "Warum sollten wir ein Setz-System schaffen, bei dem zehn Jahre in Folge Liverpool gegen Real Madrid zu sehen ist? Wer will das jedes Jahr sehen?"
Am Montagabend meinte Klopp: "Ich habe es schon 2019 gesagt: Nein, ich denke nicht, dass es eine großartige Idee ist." Einen Rücktritt wegen den Super-League-Plänen schloss er allerdings aus: "Ich werde das solange machen, wie man es mich machen lässt."
Der Liverpool-Trainer versteht es wie kaum ein anderer das Image des Fußball-Malochers zu pflegen. Der Pöhler, der ackert und rackert und seine Mannschaften bis in die Haarspitzen motiviert, damit kein Grashalm ohne Schweiß eines Liverpoolers auskommt. "Ich mag, wenn es kracht", heißt die großartige Biografie, die Autor Raphael Honigstein über Klopp schrieb.
Was krachen würde, wäre das Grundgerüst des Klopp-Images, wenn er das Spiel letztlich tatsächlich mitmachen würde. Bo Svensson, Trainer des 1. FSV Mainz 05, spricht vielen aus der Seele, wenn er sagt: "Jürgen, Thomas und Pep stehen in der Pflicht. So wie ich sie kenne, stehen sie für andere Werte - nicht für immer noch mehr Geld."
gettyThomas Tuchel will sich "nicht einmischen"
Thomas Tuchel kann der Däne aus seiner Liste bereits streichen. Der Chelsea-Coach will sich nach eigenen Angaben "nicht einmischen". Er sei "traurig", dass das Thema die kommenden Chelsea-Spiele überstrahle. Okay, sorry. Auch mit einer Heldentat von Katar-Botschafter Pep Guardiola darf nicht gerechnet werden. Auch er wird viel lieber über die nächsten City-Spiele sprechen wollen.
Und da wäre noch Diego Simeone, der das Malochen doch erst erfunden hat. Der gerne über "Cojones" spricht, über das Ehrliche im Fußball. Sagt wenigsten der Atletico-Coach etwas dazu? "Ich bin der Trainer und coache die Mannschaft dort, wo sie sagen, dass ich sie coachen soll. Ich habe keine Zweifel, dass sie sich für das Beste für die Zukunft des Klubs entscheiden werden."
Man braucht gar nicht erst auf die Idee kommen, Hoffnung dank denen zu haben, die seit Jahren erklären, dass der Fußball mehr als Kommerz ist und entscheidend immer noch aufm Platz sei. Nein. Sie sind ein Teil des Spiels, das heute gespielt wird, und wollen es bleiben. Sie wollen nicht aus dem Raster fallen, wenn es noch weiter und noch höher geht. Da helfen auch keine Zweifel, die der eine oder andere Klub offenbar hatte.
Wenn aber Barcelona so seine horrenden Schulden früher loswerden kann, warum also nicht die Tradition einfach wegschmeißen? "Més que un club", versteht eh keiner. So bleiben nur einige wenige Fußballer und aktuell noch die deutschen Klubs, die die Fahne hochhalten.
Zurück in Springfield. Ein Historiker findet heraus, dass bei Zuwiderhandlung gegen das Alkoholgesetz der Straftäter per Katapult aus der Stadt gejagt wird. Doch, bevor wir es durchziehen, müssen wir noch herausfinden, wer der Baron und wer Rex Banner sind.
Super League: Diese Klubs sind dabei
Teams | Liga |
Manchester City | Premier League |
Manchester United | Premier League |
FC Liverpool | Premier League |
FC Chelsea | Premier League |
FC Arsenal | Premier League |
Tottenham Hotspur | Premier League |
Real Madrid | Primera Division |
FC Barcelona | Primera Division |
Atletico Madrid | Primera Division |
Juventus | Serie A |
AC Milan | Serie A |
Inter Mailand | Serie A |