BVB - Ex-Dortmunder Shinji Kagawa und die Vertragsauflösung bei PAOK Thessaloniki: Nur der Geist ist noch willig

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Wie schon zuvor bei Real Saragossa hat Ex-BVB-Spieler Shinji Kagawa kürzlich seinen Vertrag bei PAOK Thessaloniki vorzeitig aufgelöst. Der 32-jährige Japaner bekam in seinen elf Monaten in Griechenland kein Bein auf den Boden und steht nun erneut vor einer ungewissen Zukunft.

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Die positivsten Reaktionen löste erst der Abschied aus: Nachdem der ehemalige Dortmunder Shinji Kagawa kurz vor Weihnachten nach nur elf Monaten den Vertrag bei PAOK Thessaloniki in gegenseitigem Einvernehmen auflöste, wandte er sich über seine Social-Media-Kanäle an "PAOK-Fans, -Spieler und -Verantwortliche" und schrieb: "Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich eure Erwartungen nicht erfüllen konnte."

Dieses finale Statement hatte noch einmal einen großen Einfluss auf die Anhänger des griechischen Traditionsklubs. Die Rückmeldungen, die Kagawa darauf bekam, waren überwiegend sehr freundlich. Dass es zu diesem Post und dem vorzeitigen Ende bei PAOK kommen musste, lag retrospektiv gesehen nicht an Kagawas Arbeitsethos, sondern vielmehr an seinem Körper.

Dabei war sein Plan, der nach wenig erfolgreichen Engagements bei Besiktas und in Saragossa zum Stillstand gekommenen Karriere in der griechischen Hafenstadt neuen Schwung zu verleihen. PAOK baggerte bereits im Sommer 2020 an Kagawa, musste sich aber bis zum Januar des vergangenen Jahres gedulden, ehe der Japaner einen Eineinhalbjahresvertrag unterzeichnete, der ihm kolportierte Einnahmen von einer Million Euro einbrachte.

Auch in Saragossa hatte Kagawa seinen Vertrag vorzeitig aufgelöst, nachdem er in der spanischen 2. Liga kaum mehr eine Rolle spielte. Dennoch wurde Kagawas Wechsel als einer der beeindruckendsten Transfers der letzten Jahre im griechischen Fußball gefeiert. PAOK eröffnete freilich umgehend einen japanischen Twitter-Account und versprach sich viel von der Öffnung hin zum fernöstlichen Markt.

Shinji Kagawa und sein misslungener Start bei PAOK

Kagawas Leistungen konnten diese Bemühungen jedoch nie unterfüttern. Auf dem Feld fehlten ihm nach rund sechs Monaten ohne regelmäßige Einsatzzeit der Rhythmus und die Spielpraxis, um in Thessaloniki glänzen zu können. Das lag auch an einer hartnäckigen Muskelverletzung, die ihn rund sechs Wochen nach seiner Unterschrift ereilte und ihn auch nach der erstmaligen Heilung immer wieder beschäftigte.

Acht Spiele mit nur 263 Einsatzminuten absolvierte Kagawa bis zum Ende der Vorsaison, nur zweimal stand er in der Startelf. Überzeugen konnte er lediglich beim Pokal-Rückspiel gegen PAS Lamia, als er 90 Minuten durchspielte und den Treffer zum 1:1-Endstand vorbereitete. Ab Anfang März kickte Kagawa gar nicht mehr, weil man ihm deutlich ansah, dass er weit von einer Normalform entfernt war. Im siegreichen Pokalfinale gegen Olympiakos (2:1) wurde er gar aus dem Kader gestrichen.

Auch der Anpassungsprozess an die neue Heimat gestaltete sich schwieriger, als der ehemalige Nationalspieler annahm: "In den vielen Jahren, in denen ich in Deutschland und England gespielt habe, war mein Alltag ganz anders. Als ich nach Griechenland kam, musste ich mich an etwas völlig anderes gewöhnen", sagte er im Sommer, nachdem er lange Zeit in einem Hotel wohnte und mit dem griechischen Lebensstil fremdelte. Während des Trainingslagers in der Niederlande gab er sich hoffnungsvoll: "Ich brauchte meine Zeit und musste Verletzungen überwinden, die mich lange außer Gefecht setzten. Aber jetzt fühle ich mich gut."

Neuer Trainer sollte Shinji Kagawa in die Spur bringen

Zu diesem Zeitpunkt war Trainer Pablo Garcia trotz des Pokalsiegs bereits Geschichte. Der langjährige U20-Trainer aus Uruguay wurde wieder in den Unterbau abgeschoben und übernahm PAOKs zweite Mannschaft. Der mächtige Vereinsbesitzer und Präsident Ivan Savvidis - der einst im März 2018 mit einer Waffe am Holster das Spielfeld stürmte und den Schiedsrichter anging, weil PAOK zuvor ein Tor wegen Abseits aberkannt wurde - votierte nach einer "sehr schweren Entscheidung" gegen Garcia und für den Rumänen Razvan Lucescu.

Der stand schon zwischen 2017 und 2019 in der zweitgrößten Stadt Griechenlands an der Seitenlinie und führte den Verein in seiner zweiten Saison ohne eine Niederlage zum Meistertitel sowie zu zwei weiteren Pokalsiegen. Der für seine psychologischen Fertigkeiten bekannte Lucescu sollte nicht nur seine früheren Erfolge wiederholen, sondern explizit auch Kagawa wieder in die Spur bringen.

Der Ex-Dortmunder war gewillt und nahm sich während des Sommerurlaubs einen eigenen Coach, um rechtzeitig vor dem Start der Vorbereitung seinen Rückstand aufzuholen. Niemand bei PAOK sprach Kagawa je Wille und Eifer ab, seine professionelle Einstellung wurde stets gelobt. Auch Lucescu war positiv gestimmt, Kagawa zu einem wichtigen Bestandteil seines Teams zu machen und bezeichnete dessen Qualitäten als "unbestreitbar". Er sah ihn in seinem 4-2-3-1 als zweiten zentralen Mittelfeldspieler neben Diego Biseswar.

Kagawa und der Körper: Nur der Geist war noch willig

Doch am Ende war nur noch der Geist willig, sein Körper konnte nicht folgen. Lucescu stellte Kagawa im ersten Pflichtspiel der laufenden Saison, einem Qualifikationsspiel zur Conference League gegen Bohemians Dublin, in die Startelf. Auch beim Ligaauftakt gegen PAS Giannina im September begann der 32-Jährige - beide Spiele gingen überraschend verloren.

Anschließend stand Kagawa keine Minute mehr für PAOK auf dem Feld, nur beim Auswärtsderby gegen Panathinaikos Anfang November schaffte er es noch einmal in den Kader. Das hing neben seinen dürftigen Vorstellungen auch mit der Ausländerregel in Griechenland zusammen: Maximal fünf Nicht-EU-Spieler dürfen auf der Kaderliste für ein Meisterschaftsspiel stehen, Saloniki hat aber sieben davon. In den Gruppenspielen der Conference League verzichtete Lucescu gar von vornherein auf ihn und meldete Kagawa bei der UEFA nicht für den 25-Mann-Kader.

"Shinji macht im Training einen fantastischen Job und ist ein absoluter Profi", sagte Lucescu trotz Kagawas tristem Dasein, was für den einwandfreien Charakter und die Persönlichkeit des früheren ManUnited-Spielers spricht. Der Trainer machte aber auch deutlich, dass er den Zustand von Kagawa als nicht gut genug für das Team erachtete.

Wie geht es für Shinji Kagawa weiter?

So endete nun das Kapitel Kagawa folgerichtig vorzeitig. Seine Bilanz von nur einem Assist in zwölf Pflichtspielen und lediglich 401 absolvierten Minuten liest sich erschreckend. Nach dem im Vergleich zwar besser verlaufenen, aber trotzdem bei weitem nicht zufriedenstellenden Aufenthalt in Saragossa muss man bei Kagawa langsam aber sicher von einem Karriereabsturz sprechen.

Erneut steht er vor einer ungewissen Zukunft. Wie es nun weitergeht? Im Sommer lagen Kagawa nach eigener Aussage Angebote aus seiner Heimat vor. "Die Zeit für eine Rückkehr ist noch nicht gekommen", sagte er damals. Seinem Ex-Klub Cerezo Osaka, den er 2010 für den BVB verließ, wird Interesse nachgesagt.

Osaka landete in der kürzlich beendeten J1 League auf dem zwölften Rang. Es war die mit Abstand schlechteste Platzierung seit dem Aufstieg 2016. Welch sportliche Hilfe Kagawa wäre, steht in den Sternen. Doch der Kreis würde sich für ihn schließen.

Lediglich 401 Minuten stand Shinji Kagawa für PAOK Thessaloniki auf dem Feld.
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Lediglich 401 Minuten stand Shinji Kagawa für PAOK Thessaloniki auf dem Feld.

Shinji Kagawa: Seine bisherige Karriere im Überblick

VereinZeitraumPflichtspieleToreVorlagen
Cerezo Osaka2006-20101275717
Borussia Dortmund2010-2012 und 2014-20192166055
Manchester United2012-201457610
Besiktas20191442
Real Saragossa2019-20203642
PAOK Thessaloniki202112-1