Rivalität zwischen Manchester und Liverpool: Der Kampf um den verdammten Sockel

Ewig junges Duell: ManUnited und Liverpool trafen schon über 200 Mal aufeinander.
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Pint im Feindesland

Es ist eine dieser rührenden Episoden aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Einer Zeit, in der Fußballer in ihrem Privatleben noch privat und Freundschaften zwischen Liverpool- und United-Spielern so normal waren, wie als Profi im Pub ein Pint zu kippen. "Wir sind alle gemeinsam ausgegangen", erinnerte sich Uniteds Pat Crerand mal im Guardian an gemeinsame Unternehmungen mit Spielern des Rivalen, "ich weiß nicht wie oft Ian St. John und seine Frau bei mir zu Besuch waren."

Gegenbesuche in Liverpool absolvierte Crerand selbstverständlich auch, jedoch nicht im häuslichen sondern im fußballerischen Wohnzimmer von Reds-Stürmer St. John. "Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft ich hinter dem Tor auf dem Kop stand, um Liverpool zu sehen", sagt Crerand.

Demütigungen im Programm

Wäre Crerand auch beim FA-Cup-Spiel der beiden Teams 2006 dort gestanden, er wäre ziemlich angewidert und eher weniger erfreut gewesen. Und gestanden wäre er wohl auch nicht, das ist mittlerweile offiziell nicht mehr erlaubt. United-Spieler Alan Smith brach sich jedenfalls ein Bein, was den Kop dazu animierte, Rettungssirenen nachzuahmen.

Es passte ins Bild einer Rivalität, die sich gewandelt hatte. Einer Rivalität, die hässlich geworden war. Uniteds Eric Cantona wurde von Fans bespuckt, Liverpools Luis Suarez beleidigte Patrice Evra vermeintlich rassistisch und Spieler beider Teams wurden von Fans mit Münzen und Essensresten beworfen.

Demütigungen standen auf der Tagesordnung, an Anekdoten mangelt es nicht. Ryan Giggs etwa wurde in Anfield einst von einem Reds-Fan nach einem Autogramm gefragt. Der United-Spieler erbarmte sich. Ein Fehler. "Ich gab es ihm, und er zerriss es vor meinen Augen", erinnert sich Giggs.

Gary Neville lieferte mal die verbale Zusammenfassung der Auswüchse, die die Rivalität genommen hatte: "Ich kann Liverpool nicht leiden, ich kann die Leute nicht leiden, ich kann nichts leiden, was damit zu tun hat." Erfolg konnte damit nicht gemeint sein, denn der geht Liverpool seit langem ab. "Das Tolle ist: Unsere jungen Fans erinnern sich überhaupt nicht mehr daran, dass Liverpool mal erfolgreich war", sagte Ferguson.

Gemeinsam zum Klassenerhalt

Nichts mehr zu sehen also von Verbrüderungen zwischen United und Liverpool, die einst Normalität waren. 1915, die Blackburn Rovers gerade amtierender Meister, steckte United tief im Abstiegskampf. Die Red Devils, die diesen teuflischen Spitznamen, den sie später bekommen sollten, damals noch gar nicht kannten, brauchten dringend einen Sieg, um ihre Chance auf den Klassenerhalt zu wahren.

Kurzerhand "einigten" sich die Spieler der Rivalen auf ein Ergebnis und setzten, wenn schon dabei, auch das eine oder andere Pfund auf das entsprechende Resultat. United siegte 2:0. Der Manchester Football Chronicle war davon "überrascht und angewidert". United hielt die Klasse.

Von düster bis rührend, von hässlich bis humorvoll - Liverpool gegen United ist etwas Besonderes. "Diese Rivalität ist einzigartig in Großbritannien, deswegen brauchen wir uns gegenseitig", sagte Ferguson mal. Die Jagd auf Liverpools Rekorde war stets ein Antrieb seiner Karriere.

"You'll Never Walk Alone" ist Liverpools Hymne gleichermaßen wie eine treffende Beschreibung einer der intensivsten Rivalitäten des englischen Fußballs. Jahrzehntelang dominierten Liverpool und United den englischen Fußball, aber zur eigenen Bestätigung und Erfüllung braucht es stets nicht nur Titel, sondern auch den großen Rivalen. Und am besten dessen Versagen.

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