Es muss irgendwann in der Saison 2016/17 gewesen sein, als Teemu Pukki aufhörte, süß zu sein. Auf dem Kopf wichen die aus Schalker Zeiten bekannten blonden Locken einem borstigen Kurzhaarschnitt und dazu wucherte ein üppiger Bart. Auf dem Platz wurde gleichzeitig aus einem schleichenden Torschützen der kämpfende Torjäger, der er heute ist.
"Wir hatten damals einen neuen deutschen Trainer", erinnerte sich Pukki im vergangenen Winter im Guardian an den Beginn seiner Metamorphose. "Zu dieser Zeit wurde mir bewusst, wie wichtig es für mich ist, ganz fit zu sein." Es war bei Bröndby IF in Dänemark, es war unter Trainer Alexander Zorniger (ehemals RB Leipzig und VfB Stuttgart). "Ich habe begonnen, mehr nach hinten zu arbeiten. Dadurch kam ich automatisch besser in die Spiele. Es hilft meinem Spiel, wenn ich viel für die Mannschaft arbeite."
In zwei Jahren unter Zorniger schoss Pukki 37 Ligatore, dann machte er sich auf nach England zu Norwich City aus der zweitklassigen Championship. Einer Liga, in der so gespielt wird wie Pukki mittlerweile aussah. Ein bisschen gefährlich und wild.
Teemu Pukki: Aufstieg, Torschützenkönig, Goat
Wieder landete er bei einem deutschen Trainer, Daniel Farke. Pukki schoss 29 Tore und lieferte zehn Assists. Am Ende der Saison wurde er zum Spieler des Jahres gewählt und Norwich stieg als Meister in die Premier League auf. "Es war die beste Saison meines Lebens", sagte Pukki.
Als der Klub Anfang Juli Pukkis vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2022 verkündete, postete er auf seinen sozialen Kanälen ein Foto von einer Ziege. Womöglich eine Anspielung darauf, dass Pukki für Norwich der GOAT ist, der "Greatest Of All Time". Womöglich aber auch nur darauf, dass "Pukki" auf Englisch "Goat" heißt.
An den ersten drei Spieltagen dieser Premier-League-Saison schoss er jedenfalls fünf Tore: eines beim FC Liverpool (1:4), drei gegen Newcastle United (3:1) und zuletzt eines gegen den FC Chelsea (2:3). Mit fünf Toren führt Pukki aktuell gemeinsam mit Raheem Sterling von Manchester City die Torschützenliste an.
Farke: "Teemu steht exemplarisch für unseren Teamspirit"
Wie schon in der Championship mauert Norwich auch in der Premier League nicht, sondern spielt ansehnlich nach vorne - und zwar mit beinahe der selben Mannschaft wie in der vergangenen Saison. Kein Neuzugang stand zuletzt in der Startelf. Aber gut, anders als Mitaufsteiger Aston Villa, das auf dem Transfermarkt rund 150 Millionen Euro investierte, gab Norwich nur etwa vier Millionen Euro aus.
Im zentralen Mittelfeld operiert im 4-2-3-1-System ein deutsches Trio bestehend aus Moritz Leitner, Tom Trybull und Marco Stiepermann. Auf den Flügeln wirbeln die beiden jungen Außenstürmer Todd Cantwell (21) und Emiliano Buendia (22). Und vorne macht Pukki eben die Tore, aber eigentlich macht er noch viel mehr.
"Es war eine großartige Leistung von Teemu", sagte Farke etwa nach Pukkis Dreierpack gegen Newcastle. "Nicht nur wegen seiner Tore, sondern auch wegen seines Arbeitseifers. Einmal ist er 75 Meter nach hinten geeilt, um in der Defensive auszuhelfen. Er steht exemplarisch für unseren Teamspirit." Es sind die Verhaltensweisen, die Pukki einst unter Zorniger lernte. Die Arbeit unter ihm war der Wendepunkt seiner Karriere.
Über Pukkis Tore jubeln nicht nur Norwich-Fans
Mit 18 hatte Pukki seine Heimat Finnland verlassen, um in die Jugendabteilung des FC Sevilla zu wechseln. Nach einem Primera-Division-Einsatz kehrte er zurück und stürmte dann zwei Jahre lang für HJK Helsinki. In der Europa-League-Qualifikation spielte er mit HJK gegen den FC Schalke 04, traf dreimal und wechselte kurz darauf die Seiten. Bei Schalke setzte er sich jedoch nicht durch und auch bei seiner nächsten Station Celtic Glasgow wurde er nicht glücklich. "Ich war physisch nicht stark genug für Celtic", sagte Pukki später.
Jetzt ist er zurück auf der Insel - mit neuem Aussehen und neuer Spielweise. Bei Norwich ist Pukki längst Publikumsliebling, aber über seine Treffer freuen sich nicht nur die Fans seines Arbeitgebers. Der Daily Mail erzählte er neulich: "Mir wurde berichtet, dass mich nach meinem Dreierpack gegen Newcastle eine halbe Millionen Leute beim Fantasy Fußball gekauft haben."