Als Fan von Paris Saint-Germain war es ja ohnehin ein enttäuschender Abend. Aber der Blick auf den goldenen Torschützen in diesem Champions-League-Finale 2020 dürfte die Pariser noch trauriger gestimmt haben. Schließlich war es Kingsley Coman, geboren in Paris und neun Jahre lang im Nachwuchs von PSG ausgebildet, der den FC Bayern zum Triumph in der Königsklasse köpfte und seine alte Liebe damit ins Tal der Tränen stürzte.
Insgesamt zehn Jahre lang trug der heute 24-Jährige das Trikot des französischen Meisters, hatte mit 16 Jahren im Februar 2013 unter Carlo Ancelotti für die erste Mannschaft debütiert. Doch weil er keine Perspektive sah, sich in naher Zukunft in der Pariser Luxus-Offensive durchzusetzen und die Vereinsverantwortlichen nun auch nicht unbedingt ihr letztes Hemd gaben, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, verließ Coman seinen Jugendklub im Sommer 2014. Mit 18 schloss er sich Juventus Turin an, ein Jahr später ging er zu den Bayern, wo ihm der Durchbruch gelang.
Ohnehin hat PSG bekanntlich das Problem, die vielen hochveranlagten Kicker, die in der eigenen Akademie ausgebildet werden, nicht halten zu können. Einfach aus dem Grund, weil ihnen bei einem Klub wie Paris zu selten die Chance gegeben wird, zu spielen, sich zu zeigen, sich weiterzuentwickeln. Neben Coman gibt es dafür etliche Beispiele, etwa Lyon-Stürmer Moussa Dembele, Leipzig-Shootingstar Christopher Nkunku oder Leverkusens Moussa Diaby. Erst vor einigen Wochen verlor man mit Tanguy Nianzou mal wieder früh ein außergewöhnliches Talent, ihn sogar an den Finalgegner Bayern. Und der ebenfalls hoch gehandelte Spielmacher Adil Aouchiche ging nach Saint-Etienne.
SPOX und Goal haben sich die neuen Talente angeschaut, die die nächste Generation der in die erste Mannschaft drängenden Youngsters aus der Akademie von PSG sind. Und die wie einst Coman womöglich bei einem anderen Klub ihren Durchbruch feiern werden.
Timothee Pembele (17 Jahre, Innen- oder Außenverteidiger)
Pembele hat körperlich und fußballerisch alle Anlagen, um ein Defensivspieler auf Top-Niveau zu werden. Der 17-Jährige, der mit 12 zu PSG kam, ist aktueller französischer U18-Nationalspieler, kann sowohl in der Innenverteidigung als auch auf beiden Außenverteidiger-Positionen eingesetzt werden.
Bei der U17-WM im Herbst vergangenen Jahres kam der Rechtsfuß als Linksverteidiger zum Einsatz und stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass er neben Zweikampfstärke (vor allem in der Luft) und gutem Aufbauspiel auch ganz vorne seine Qualitäten hat. So traf Pembele sowohl im Gruppenspiel gegen Südkorea als auch beim überragenden 6:1 gegen Spanien im Viertelfinale.
Er wartet noch auf sein Pflichtspieldebüt für PSG, kam im Test gegen Sochaux Anfang August aber zum Einsatz. Pembele hat in Paris noch Vertrag bis Sommer 2021, zuletzt berichtete Sky jedoch schon, dass einige Bundesligisten ihre Fühler nach dem 17-Jährigen ausstrecken.
Loic Mbe Soh (19 Jahre, Innenverteidiger)
Mbe Soh debütierte im Mai 2019 noch mit 17 für die erste Mannschaft, kam in der abgelaufenen Saison beim 0:2 gegen Reims als Rechtsverteidiger zu einem Einsatz für das Team von Trainer Thomas Tuchel.
Der französische U19-Nationalspieler kam mit zwölf Jahren zu PSG, der Vertrag des sehr spielintelligenten und robusten Abwehrmannes läuft aber im Juni nächsten Jahres aus. Gut möglich, dass auch er ob mangelnder Perspektive nicht verlängert und woanders sein Glück versucht.
Abdoulaye Kamara (15 Jahre, Defensives Mittelfeld)
Technisch top, dazu schnell, ein Box-to-Box-Spieler. Kamara erinnert in seiner Spielweise an Paul Pogba, hat auch ebenso wie der Weltmeister Wurzeln in Guinea.
Obwohl erst 15, wurde Kamara beim Testspiel gegen Sochaux Anfang August eingewechselt und durfte bei der ersten Mannschaft reinschnuppern. Vergangene Saison auch schon dreimal für die U19 in der UEFA Youth League im Einsatz, hat er aber noch keinen Profivertrag bei PSG unterschrieben.
Kays Ruiz-Atil (17 Jahre, Zentrales und Offensives Mittelfeld)
Der 17-jährige Marokkaner wurde in Lyon geboren, kam dort schnell zu Olympique und begeisterte alle: "Die Verantwortlichen von OL sagten uns, dass sie in den letzten 30 Jahren nur zwei Phänomene mit solchem Talent gesehen hätten: Benzema und unsern Sohn", sagte sein Vater Redouane vor ein paar Jahren der Tribune de Lyon.
2009 wechselte der technisch hochbegabte Mittelfeldspieler mit nur sieben Jahren zum großen FC Barcelona, vom "kleinen Messi" war dort oft schon die Rede. Doch 2015 musste Ruiz Barca verlassen, weil er ob der Unregelmäßigkeiten bei Transfers Minderjähriger, die den Blaugrana seinerzeit eine Transfersperre einbrockten, für längere Zeit kein Pflichtspiel mehr für Barcelona hätte absolvieren können.
Also ging er 2015 zu PSG, wo er fortan ausgebildet wurde und 2017 kurz nach seinem 15. Geburtstag bereits einen Vorvertrag unterschrieb. Bislang kam er in Pflichtspielen nur für die U19 der Pariser zum Einsatz, stand für das Champions-League-Viertelfinale gegen Atalanta kürzlich aber erstmals im Kader von Thomas Tuchel. Doch auch für Ruiz dürfte es angesichts der Konkurrenz im Pariser Mittelfeld schwierig werden, in naher Zukunft neue Erfahrungen sammeln zu können.
Xavi Simons (17 Jahre, Zentrales Mittelfeld)
Vielleicht der Youngster, der sich am meisten Hoffnungen auf eine erfolgreiche Zukunft bei PSG machen darf. Der niederländische U17-Nationalspieler gilt seit Jahren als eines der größten Talente der Welt im Jahrgang 2003, wurde von 2010 bis 2019 beim FC Barcelona ausgebildet.
Unter viel Aufhebens wechselte Simons vor rund einem Jahr von Barca nach Paris - eben weil er sich dort besser vorstellen kann, den Durchbruch zu schaffen. Im Kader der ersten Mannschaft war der nach Barca-Legende Xavi Hernandez benannte Mittelfeldmann bisher noch in keinem Pflichtspiel, dafür debütierte auch er Anfang August im Test gegen Sochaux.
Simons, der auch den spanischen Pass besitzt, machte vergangene Saison fünf Spiele in der UEFA Youth League und hat in Paris noch Vertrag bis 2022.
Arnaud Kalimuendo (18 Jahre, Angriff)
Neun Tore in zehn UEFA-Youth-League-Einsätzen, bislang vier Tore in fünf Spielen für Frankreichs U18: Arnaud Kalimuendo ist für fantastische Trefferquoten bekannt.
Darum soll der 18-Jährige zur kommenden Saison bei PSG auch in den Kader der ersten Mannschaft aufrücken, schon vor knapp einem Jahr stand er erstmals in der Ligue 1 im Kader. Auch für das CL-Viertelfinale gegen Atalanta Bergamo vor rund zwei Wochen berief Thomas Tuchel ihn in sein Aufgebot.
Kalimuendo hat bei PSG noch Vertrag bis 2022, machte im Herbst letzten Jahres bei der U17-WM auf sich aufmerksam. Seinerzeit gelangen ihm fünf Treffer, unter anderem alle drei der Franzosen im Spiel um Platz drei gegen die Niederlande.