Juventus und das Rätsel Dusan Vlahovic: Hat Trainer Massimiliano Allegri den serbischen Hünen "ruiniert"?

Mark DoyleFilippo Cataldo
11. Mai 202217:39
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20 Tore erzielte Dusan Vlahovic in 24 Spiele für den AC Florenz in dieser Saison. Nach seinem Wechsel für 75 Millionen Euro zu Juventus kamen nur sieben Treffer hinzu. Eine italienische Stürmer-Legende gibt vor allem Juve-Coach Massimiliano Allegri die Schuld.

Als Italiens Stürmerlegende Christian Vieri am Dienstag von der Gazzetta dello Sport gebeten wurde, den besten Stürmer in der aktuellen Saison der Serie A zu nennen, sagte Vieri: Dusan Vlahovic - in der Version des Stürmers zu seiner Zeit beim AC Florenz. Und eben nicht den Dusan Vlahovic, der seit Januar bei Juventus, nun ja, sein Unwesen treibe.

17 Tore in 21 Ligaspielen erzielte Vlahovic für die Fiorentina in dieser Saison, dazu kamen drei Tore in der Coppa Italia in drei Spielen. Seit seinem Wechsel für 75 Millionen Euro Ablöse zum italienischen Rekordmeister Juventus kam zwar Vlahovics erstes Tor in der Champions League gleich in seinem ersten Spiel, aber ansonsten nur sechs Tore in 13 Ligaspielen hinzu.

Im italienischen Pokal, in dem es für Vlahovic und Juve am Mittwoch im Derby d'Italia im Finale (21 Uhr, LIVETICKER) um die letzte Titelchance der Vecchia Signora in dieser Saison geht, blieb Vlahovic bisher in drei Partien torlos.

Für Vieri ist der Grund für den Einbruch von Vlahovics Trefferquote ganz einfach: "Wenn man in einer Mannschaft spielt, die schlecht spielt, spielt man auch schlecht", sagte der ehemalige Juve-Stürmer der Gazzetta.

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Juventus: Antiquierter und pragmatischer Fußball unter Allegri

Sicher: Dass Juventus unter Massimiliano Allegri nie wirklich gut gespielt hat in diese Saison, ist Fakt. Der Rückkehrer auf die Juve-Trainerbank wählte nach einem katastrophalen Saisonstart und einer sehr mediokren Hinrunde - zu Weihnachten war Juve Siebter - nach Vlahovics Ankunft einen eher antiquierten und maximal pragmatischen taktischen Ansatz, um Juve in der Serie A nach vorne zu bringen.

In der Tat Juve spielte nie wirklich gut oder gar spektakulär, aber bei noch zwei ausstehenden Spielen ist dem italienischen Rekordmeister der vierte Platz und damit die Champions-League-Teilnahme bereits sicher.

Für Antonio Cassano, einen anderen legendären italienischen Stürmer, der zwar nie für Juventus spielte, aber um steile Thesen nie verlegen war, liegt die Schuldfrage auf der Hand: "Juve weiß nicht, wie man Fußball spielt. Wenn es um den Aufbau einer Mannschaft geht, kann dir Allegri nichts geben, das sage ich seit September, das wird auch nächste Saison so sein", betonte er auf Vieris Twitch-Kanal BoboTV.

Während seiner Zeit beim AC Milan (2011 - 2012) - Allegri war damals Trainer - habe nicht der Cheftrainer die Taktik vorgegeben, sondern dessen Assistent Mauro Tassotti.

Dass Juve doch noch Platz vier erreichte, lag laut Cassano einzig daran, dass Juventus im Winter "100 Millionen Euro" ausgegeben hat. Angesichts dessen sei Platz vier enttäuschend. Und Vlahovic? Den habe Allegri ruiniert. Cassanos Fazit: "Allegri muss weg"

Vlahovic wechselte im Winter nach Turin.getty

Vlahovic in einer Statistik der schlechteste Spieler der Serie A

In der Tat war Vlahovics Ankunft kein Schlüsselfaktor für Juves Aufschwung. Zwar erzielte er bei seinem Debüt bereits nach 13 Minuten ein Tor und brauchte in der Champions League sogar nur 32 Sekunden für seinen Premierentreffer, doch der serbische Nationalspieler gab oft eine glücklose Figur ab.

Vor allem dank seiner sensationellen Torquote bei der Fiorentina ist Vlahovic mit seinen 23 Toren immer noch zweiter in der Torschützenliste der Serie A hinter dem unverwüstlichen Ciro Immobile (27 Treffer), doch ansonsten sind die Daten des 22-jährigen Sturmhünen eher desillusionierend:

  • Kein Spieler in der Serie A verlor in dieser Saison häufiger den Ball als er (392 Ballverluste), überhaupt nur vier Spieler in Europas Top-5-Ligen waren hier noch schlechter (Platz 1: Jose Louis Sanmartin Mato von Deportivo Alaves).
  • Nur 39 Prozent von Vlahovics Pässen in den Strafraum kamen an. Zum Vergleich: Erling Haaland, mit dem Vlahovic in seiner Fiorentina-Version oft verglichen wurde, bringt 71 Prozent seiner Pässe im Strafraum an den Mann.
  • In Florenz erzielte Vlahovic im Durchschnitt alle 102 Minuten ein Tor. Bei Juve ist es eins alle 206 Minuten. Seine Trefferquote im Abschluss ist von 22,99 Prozent auf 12,5 Prozent gesunken.
  • Außerdem gibt Vlahovic im Durchschnitt weniger Schüsse aufs Tor (3,6 zu 3,1) und Torschüsse insgesamt (6,1 zu 5,9) ab.
Gegen Venedig wurde Vlahovic durch Chiellini ersetzt.getty

Juve: Vlahovic durch Giorgio Chiellini ersetzt

Kein Wunder also, dass es viel Spott gab, als er kürzlich im Spiel gegen Venedig durch Verteidiger Giorgio Chiellini ersetzt wurde: Dies wurde als absurdes Beispiel dafür angesehen, wie wenig er zu Allegris Idee von Fußball passt.

Doch liegt das wirklich am Trainer? Oder ist Vlahovic doch noch nicht so weit, wie nach seiner fabelhaften Hinrunde in Florenz gemutmaßt worden war? Damals hatte sich der Serbe in die Notizbücher nicht nur der Juve-Scouts gespielt, sondern auch Interesse beim BVB und Tottenham Hotspur geweckt. Und auch bei der Frage, wer irgendwann einmal vielleicht Robert Lewandowski beim FC Bayern München ersetzen könnte, wurde Vlahovic immer wieder genannt.

Wie Juve-Experte Fabio Licari in der Gazzetta vom Montag schrieb, "ist die beste Nummer 9 der Liga immer noch ein Fremdkörper bei Juve".

Natürlich bringt das Spiel bei Juve eine ganz andere Art von Druck mit sich. "Dusan braucht Zeit", sagte der ehemalige Innenverteidiger der Bianconeri und des FC Bayern München, Medhi Benatia, zur Gazzetta. "Wenn du in Turin ankommst, musst du dich mit dem Gewicht des Trikots, das du trägst, vertraut machen, unabhängig von deinem Gehalt oder deinem Preisschild."

Benatia weiter: "Manchmal habe ich ihn im Fernsehen gesehen, wie er gemeckert hat. Das ist nicht in Ordnung. Er ist ein garantierter Stammspieler. Allegri wird ihm Vertrauen schenken. Er muss nur geduldig sein."

Allegri jedenfalls ärgern Andeutungen, dass er einen der besten jungen Stürmer der Welt "ruiniert" habe. Er wies auch Gerüchte über persönliche oder taktische Probleme mit Vlahovic zurück und ging sogar so weit zu betonen, dass er überrascht sei, wie gut sich Vlahovic seit seinem Wechsel im Januar geschlagen habe.