Der FC Barcelona erregt nach dem Rücktritt von Präsident Sandro Rosell und dem umstrittenen Neymar-Transfer erneut mediale Aufmerksamkeit. Die FIFA belegte die Katalanen mit einer einjährigen Transfersperre. SPOX beantwortet fünf Fragen zum Urteil.
Wofür wird der FC Barcelona verurteilt?
"Der FC Barcelona und der RFEF haben gegen mehrere Vorschriften bezogen auf internationale und erste amtliche Eintragungen von nicht-spanischen Spielern, sowie gegen andere relevante Regularien in Bezug auf die Registrierung und Beteiligung entsprechender Spieler in nationalen Wettbewerben verstoßen", lautete die offizielle Erklärung der FIFA. Daraus geht jedoch nicht klar hervor, was sich die Katalanen zu schulden kommen ließen.
Spanische Medien machten schnell die betroffenen Spieler aus. Sie heißen Lee Seung Woo, Theo Chendri oder Chan Kyul Hee und stammen aus Korea, Nigeria oder Kamerun und wechselten seit dem Jahr 2009 als Minderjährige nach Spanien. Allerdings überwacht die FIFA eben diese Transfers seit dem 19. Oktober 2003 ganz speziell.
So beruft sich der Weltverband auf Artikel 19 des Reglements für internationale Transfers Minderjähriger. Dieser besagt, dass ein Spieler nur international transferiert werden dürfe, wenn er das Alter von 18 Jahren bereits erreicht hat. Diese Regelung ist jedoch zu umgehen, sollten die "Eltern des Spielers aus Gründen, die nichts mit dem Fußballsport zu tun haben", ihren Wohnsitz in das entsprechende Land verlegen oder der Spieler innerhalb der Europäischen Union im Alter von 16 bis 18 Jahren wechselt.
Auch dann gelten jedoch Mindestverpflichtungen. Nicht nur, dass eine "angemessene fußballerische Ausbildung" gewährleistet wird, auch die "akademische und/oder schulische und berufliche Aus -und Weiterbildung" stehen im Fokus. Zudem ist der Verein dazu verpflichtet, die "optimale Wohnsituation" zu schaffen und dem Verband Nachweis über die erfüllten Bedingungen zu erbringen.
Insgesamt, so die FIFA, seien die Voraussetzungen des Art. 19 in zehn Fällen nicht erfüllt worden.
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Seite 3: Wie ist die Meinung Barcas?
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Seite 5: Wie wird der Kader aussehen?
Wie kam es zum Urteil?
Der FC Barcelona veröffentliche im Rahmen einer Pressekonferenz seines Präsidenten Josep Maria Bartomeu auch eine Chronik der Vorfälle und dem Austausch mit der FIFA. Demnach sei bereits im Februar 2013 der erste Kontakt diesbezüglich hergestellt worden. So sei am 5. Februar eine Anfrage bezüglich des Transfers von Lee Sung Woo eingegangen, die die Katalanen "pflichtbewusst" beantworteten.
Nur wenige Tage später schickte der damalige Präsident Sandro Rosell einen den Artikel 19 betreffenden Brief an die FIFA und setzte sich für umgreifende Änderungen ein, um den Artikel insgesamt "effektiver" zu gestalten. Der Vorschlag wurde abgelehnt und nahezu zeitgleich forderte der Weltverband genauere Details für 16 weitere Spieler an, die allesamt aus dem nichteuropäischen Ausland stammen. Zu diesem Zeitpunkt waren 33 Spieler in Barcas Talentschmiede La Masia aktiv, die nicht aus Europa stammten.
Der Verdacht der FIFA, Barca habe nicht alle Regularien eingehalten, bestätigte sich, woraufhin weitere Informationen zu inzwischen 25 der 33 Spieler angefordert wurden. Der Vorschlag Rosell stehe erst gegen "Ende des Jahres" zur Diskussion, hieß es.
Am 25. September erhielt der RFEF 31 Akten zu betroffenen Spielern, gleichzeitig wurden die Katalanen darüber informiert, dass ein Prozess gegen sie eröffnet worden war. Am 26. November fragte die FIFA zum wiederholten Male nach genaueren Informationen zu verschieden Spielern - inzwischen wurden 37 Transfers untersucht.
Schließlich fiel die Entscheidung des FIFA-Disziplinarausschusses am 28. November. Mitgeteilt wurde die Entscheidung dem RFEF sowie dem FC Barcelona am 2. April 2014. Der FIFA-Generalsekretär erklärte, "nicht über die Gründe Bescheid zu wissen", warum die Entscheidung erst zu diesem Zeitpunkt mitgeteilt wurde.
Der FC Barcelona selbst verkündete am 3. April, dass laut Informationen der FIFA neun Spieler der insgesamt 37 untersuchten betroffen seien, die FIFA selbst sprach in ihrer offiziellen Mitteilung von zehn Minderjährigen.
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Wie ist die Meinung des FC Barcelona?
Klub-Chef Bartomeu bestätigte auf der einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag, dass der FC Barcelona Einspruch gegen das Urteil einlegen würde. Er bezieht sich dabei auf eine Unstimmigkeit im Bericht der FIFA und zieht auch die Philosophie des FC Barcelona heran.
So habe der Klub alle geforderten Informationen stets "detailliert und pünktlich" eingereicht. Die Deadline des Weltverbandes war auf den 3. Dezember - und damit auf nach dem beschlossenen Urteil - gesetzt worden, um alle angeforderten Informationen zu erhalten. Erst am 9. Dezember bestätigte man den Eingang der laut den Katalanen pünktlich eingereichten Informationen.
Das offizielle Statement Barcas: "Es ist überraschend, dass die FIFA weiter Informationen einforderte, obwohl die finale Entscheidung bereits getroffen war." Der Präsident wittert eine Verschwörung gegen den FC Barcelona und erklärte: "Wir sind empört. Wir sind Opfer einer großen Ungerechtigkeit. Die FIFA bestraft ein für 35 Jahre funktionierendes System, die Essenz unseres Klubs."
Bartomeu weiter: "Die FIFA weiß, dass wir wohlüberlegte Dinge tun. Dass uns die Bildung der Spieler interessiert, dass wir Dinge ermöglichen, die in ihrem Land nicht möglich gewesen wären."
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Gibt es konkrete Beispiele für Verstöße?
Ja. So könnte zum Beispiel ein von Sam Borden in der "New York Times" veröffentlicher Artikel den Katalanen zum Vergängnis werden. Er handelt von Ben Lederman, einem 13-jährigen Amerikaner, der mit seiner Familie im Jahr 2011 nach Barcelona kam. Der erste US-amerikanische Spieler in La Masia fand schnell seinen Platz in der Mannschaft des FC Barcelona, doch seine Familie nicht in Spanien.
Die Ledermans konnten kein spanisches Konto eröffnen, wohnten bei Bekannten und blieben beide ohne Anstellung. Tammy Lederman erklärt: "Selbst unsere besten Freunde konnten uns nicht verstehen. Wir vermieteten unser Haus, wir verließen unsere Familien, wir verließen unsere Leben. Die Leute hören: Fußball, Barcelona, Spanien und glauben einfach, das alles gut geht. Aber das tut es nicht."
Somit ist die amerikanische Familie zwar mit nach Spanien gekommen, jedoch nicht aus den Gründen, die die FIFA vorschreibt. Der Artikel 19 sieht einen Umzug aus "Gründen, die nicht im Zusammenhang mit dem Fußball stehen" vor. Die Familie lebt von ihren Ersparnissen, der ältere Sohn spielt inzwischen für eine Golfmannschaft in der Nähe Barcelonas. Ben Lederman verlässt die Wohnung in der Früh, geht zur Schule, wird anschließend in La Masia von Tutoren betreut und trainiert am Abend auf dem Vereinsgelände. Sollte sein Vertrag, mit vorerst zwei Jahren Laufzeit, zu Ende gehen, kehrt die Familie zurück in die USA.
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Wie wird der Barca-Kader aussehen?
Das Urteil der FIFA besagt eine einjährige Transfersperre für den FC Barcelona. Weder im Sommer 2014, noch in der Wintertransferperiode werden die Katalanen neue Spieler in den Klub aufnehmen können, weder in die Jugendteams, noch in der Profimannschaft. Leihspieler dürfen zum Klub zurückkehren: Rafinha (Celta Vigo), Gerard Deulofeu (FC Everton) und Bojan Krkic (Ajax Amsterdam) sind die betroffenen Spieler.
Des Weiteren dürfen Spieler den Kader verlassen, Victor Valdes und Carles Puyol kündigten bereits ihren Abschied an. Jedoch dürfen auch keine vertragslosen Spieler zu den Katalanen stoßen, Barca wird im kommenden Jahr auf vereinsinterne Lösungen setzen müssen.
Damit befinden sich auch die beiden Transfers von Alen Halilovic und Marc-Andre ter Stegen in der Schwebe. Weder vom Klub, noch von der FIFA liegt bislang ein Statement vor. Jean-Louis Dupont, einst Beteiligter am Bosman-Urteil und Berater von Alen Halilovic, sieht der Situation jedoch entspannt entgegen: "Ich kann mir keine Sekunde lang vorstellen, dass mein Klient nicht für Barcelona spielen wird. Der Transfer war abgeschlossen, bevor das Urteil fiel."
Demnach sei ein Transfer von Marc-Andre ter Stegen zum FC Barcelona möglich, solange der Transfer bereits unterzeichnet und bei der FIFA im Transfersystem (TMS) eingetragen ist. Diese Annahme bestärkt auch eine von der "MundoDeportivo" zitierte Quelle bezüglich der Leihverträge: "Wenn der Leihvertrag abgeschlossen ist, bevor die Sperre ausgesprochen wurde, können alle Spieler zurückkehren." Der Klub ist verpflichtet, jeden Transfer im System der FIFA anzumelden, sowie auch beim RFEF anzugeben. Sei dies bereits geschehen, so stehe einem Wechsel nichts im Wege.
Sollte der Transfer jedoch scheitern, ruht die Hoffnung Barcas auf Ersatzmann Jose Manuel Pinto und Oier Olazabal. Jordi Masip würde wohl als dritter Torwart in die erste Mannschaft rücken. Laut spanischen Medien besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass der FC Barcelona in diesem Transfersommer noch keine Sperre auferlegt bekommt. Die eingelegte Revision kann sich bis zu drei Monate hinziehen, dann wäre das Fenster bereits geöffnet.
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