"Erwarte in jedem Spiel ein Götze-Tor"

Ein Weltmeister in Valencia: Shkodran Mustafi scheint in Spanien angekommen
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Ein halbes Jahr ist nur vergangen seit der Nacht von Rio. Shkodran Mustafi ist Weltmeister. Im Interview spricht der Abwehrspieler über seinen Wechsel zum FC Valencia, die persönlichen Veränderungen seit dem WM-Titel, sein Verhalten nach Fehlern und eine SMS von Mario Götze.

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SPOX: Herr Mustafi, Sie sind jetzt fast ein halbes Jahr in Valencia. Haben Sie sich inzwischen eingelebt und wie klappt's eigentlich mit der Sprache?

Mustafi: Bisher klappt alles hervorragend, die Stadt ist wirklich wunderbar und mit der Sprache läuft es auch ziemlich gut, zumal ich bereits fließend italienisch spreche. Spanisch verstehe ich daher schon größtenteils, allerdings hapert es dann doch noch mit dem Sprechen. Aber ich arbeite dran, dass das auch bald funktioniert.

SPOX: Zwölf Spiele, drei Tore - sportlich läuft's. Werden Sie in Valencia nun zum Torjäger?

Mustafi: Der Anfang war natürlich nicht einfach, weil ich verletzt von der WM kam, erstmal fit werden musste und mich im neuen Team akklimatisieren musste. Zum Glück hat mir der FC Valencia genug Zeit gegeben, so dass ich richtig gesund werden konnte. Aber zum Torjäger wollte ich jetzt eigentlich nicht werden, wobei... (lacht). Nein, Spaß. Natürlich will ich meine Defensivqualitäten im Team einbringen, aber wenn ich der Mannschaft mit Toren helfen kann, ist es natürlich umso schöner.

SPOX: Wer war eigentlich in der Jugend ihr größtes Vorbild? Ihre Karriere begann ja ursprünglich als Stürmer...

Mustafi: Als ich noch Offensivspieler war, war es David Beckham. Als ich dann Verteidiger wurde, habe ich Rio Ferdinand bewundert. Hauptsächlich also Engländer...

SPOX: Nach dem starken Saisonstart ging's in den letzten Spielen etwas bergab mit Valencia. Woran lag's?

Mustafi: Uns war von Anfang an bewusst, dass wir kein Team sind, das alle Spiele gewinnen wird. Wir wussten, dass es Rückschläge und auch mal schlechtere Phasen geben wird. Dennoch haben wir enorm viel Qualität in der Mannschaft, jeder einzelne hat sich im Team eingebracht und das hat uns zu Saisonbeginn auch stark gemacht. Aber solche Niederlagen, wie gegen den FC Barcelona (0:1-Niederlage in der letzten Sekunde, Anm. d. Red.) muss man dann auch einfach mal hinnehmen. Das gehört einfach dazu, auch wenn es sehr ärgerlich ist.

SPOX: Welche Saisonziele verfolgen Sie mit Valencia? Jetzt, wo ein potenter Geldgeber da ist, könnte es ja wieder hoch hinausgehen.

Mustafi: Das klingt jetzt abgedroschen, aber wir müssen wirklich von Spiel zu Spiel schauen. Es bringt uns nichts, wenn wir uns irgendwelche utopischen Ziele ausmalen und uns so unter Druck setzten. Das hat auch nichts mit unserem neuen Eigentürmer zu tun.

SPOX: Aber die Champions League sollte doch schon drin sein, oder?

Mustafi: Natürlich wäre der vierte Platz klasse. Wenn der ganz am Ende der Saison rausspringt, werde ich mich mit Sicherheit nicht dagegen wehren.

SPOX: Wie hat sich ihr Leben seit dem 13. Juli 2014 verändert?

Mustafi: Um ehrlich zu sein, ist mir das alles noch immer nicht so richtig bewusst geworden. Wir haben ein Spiel gewonnen und sind jetzt Weltmeister, aber ich habe das alles noch nicht wirklich verarbeitet. Trotz des Abstands von einem halben Jahr...

SPOX: Das glauben wir Ihnen jetzt aber nicht...

Mustafi: Warum?

SPOX: Irgendetwas muss sich doch verändert haben? Sie sind Fußball-Weltmeister...

Mustafi: Man läuft natürlich mit einer viel breiteren Brust über den Platz, das ist klar. Das Selbstvertrauen ist enorm. Man traut sich viel mehr zu, nicht nur im Training. Manche Dinge auf dem Feld werden zur Selbstverständlichkeit. Auf der anderen Seite bringt ein solcher Titel auch viel Druck mit.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Mustafi: Man ist jetzt Weltmeister. Das muss man in jedem Spiel beweisen und das setzt einen gewissermaßen unter Druck. Man darf sich keine Fehler mehr erlauben, weil man alleine in der Mannschaft ganz anders wahrgenommen wird.

SPOX: Auf Ihrer Instagram-Seite steht: "Born to make mistakes. Not to fake perfection". Was wollen Sie damit ausdrücken?

Mustafi: Es soll jetzt nicht bedeuten, dass man Fehler machen soll - nicht falsch verstehen. Aber Fehler können passieren, sind einfach menschlich und gehören dazu. Das sollte man jedem Menschen zugestehen. Wenn man es auf den Fußball beziehen möchte: Wenn keiner Fehler macht, geht jedes Spiel 0:0 aus. Das wäre doch auch langweilig. Für mich wird generell im Fußball zu harsch kritisiert. Ich habe teilweise das Gefühl, dass es manchen Leuten richtig Spaß macht, andere Leute zu kritisieren. So sollte es nicht sein. Wenn man einen Fehler macht, sollte man dazu stehen und gut ist's. Fehler gehören zum Leben dazu.

SPOX: Sie sind mit 22 nun Weltmeister. Fällt es da schwer auf dem Boden zu bleiben?

Mustafi: Nein, damit habe ich überhaupt keine Probleme. Ich bin ja kein anderer Mensch geworden. Sollte die Gefahr bestehen, dass ich irgendwann mal abheben könnte, dann werden meine Freunde und meine Familien schon dafür sorgen, dass das nicht passiert.

SPOX: Sie sagten einmal: "Es ist das Schwerste an meinem Beruf, mit Emotionen richtig umzugehen." Wie meinten Sie das? Emotionen gehören ja zum Fußball dazu...

Mustafi: Natürlich gehören die Emotionen dazu. Damit war gemeint, dass man in dieser glitzernden Fußballwelt nicht den Kopf verlieren darf. Das ist nicht immer einfach. Wenn man vier Spiele gewonnen hat, ist man auf Wolke sieben und macht auf einmal die seltsamsten Dinge auf dem Platz, anstatt einfachen Fußball zu spielen. Hat man drei Spiele verloren, ist man der letzte Dreck und fühlt sich schlecht. Dann klappen die einfachsten Sachen nicht. Wie man mit diesen Situationen umgeht, kann man trainieren - und das sollte man auch.

SPOX: Hätten Sie aus der Emotion heraus nach der WM nicht zu einem noch größeren Verein wechseln können?

Mustafi (lacht): Natürlich gab es Anfragen, ich hab mir das auch alles angehört. Aber ich wollte nicht sofort zu einem europäischen Top-Verein wechseln und dort auf der Bank sitzen. Mir war wichtig, den nächsten Schritt zu gehen - aber mit Bedacht. Gerade im Hinblick auf die Europameisterschaft in zwei Jahren wollte ich bei einem Verein spielen, bei dem ich regelmäßig zum Einsatz komme und internationale Erfahrung sammeln kann. Mein Ziel war es nicht, den nächstbesten Vertrag an Land zu ziehen, sondern zu sehen, was für meine Entwicklung am sinnvollsten ist. Und da machte Valencia den besten Eindruck und bisher habe ich die Entscheidung auch nicht bereut.

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