RWO-Präsident Hajo Sommers im Interview: "Ich trinke viel Bier und rauche zu viel"

Hajo Sommers ist Präsident von Rot-Weiß Oberhausen.
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SPOX: Ein NLZ muss wiederum Auflagen erfüllen, die mit weiterem finanziellem Aufwand verbunden sind.

Sommers: Richtig. Wir müssen festangestellte Fußballlehrer, einen Sozialarbeiter und einen Psychologen einstellen, um NLZ bleiben zu können. Stemme das aber erst einmal in der 4. Liga. Wir geben relativ viel Geld unseres Gesamtetats von 2,6 Millionen Euro nach unten aus - aber bezahlen unseren Jugendtrainern noch immer einen Hungerlohn und verlangen auch noch von ihnen, sich weiterzubilden und ihre Scheine zu machen. Die haben da einen vogelwilden Haufen an Kindern aus acht Nationen und deren Eltern an der Backe. Da frage ich mich manchmal: Warum machen sie diese Arbeit überhaupt, wenn sie in klarem Gegensatz zu dem steht, was man in Deutschland beigebracht bekommt - nämlich Erfolg, Erfolg, Erfolg und Geld, Geld, Geld? Und das auch noch in einem Kaff wie Oberhausen für einen Sport, der beim Thema Geld ganz weit vorne ist.

SPOX: Haben Sie eine Antwort parat?

Sommers: Sie machen das aus Liebe zum Sport. Das sind Menschen, an denen sich der Rest mit der ganzen Kohle ein Beispiel nehmen und sagen müsste, dass das geändert gehört, damit diese Trainer wenigstens ihr Spritgeld wieder herausbekommen. Das will aber keiner hören und wissen, weil wir zu klein dafür sind. Gehör findet das Leistungszentrum von Bayern München. Daher habe ich riesengroßen Respekt vor den Jungs, die das bei uns hier machen.

SPOX: Die Regionalliga ist eine Liga, in der viele nicht spielen wollen und die, die dort spielen, wollen schnellstmöglich wieder heraus. Bis auf die U23-Vertretungen und ein paar andere Klubs droht vielen Vereinen regelmäßig die Pleite. Glauben Sie, der Verband nimmt es in Kauf, dass die Regionalliga immer mehr an Bedeutung verliert, weil man dort schlichtweg kaum Geld verdienen kann?

Sommers: Ja, jeder Satz stimmt davon. Meine These ist, dass es die 4. Liga nur noch deshalb gibt, damit die U23-Teams der Erst- und Zweitligisten dort spielen können und wir die Sparringspartner geben. Dabei gehören die U23-Teams in eine eigene Liga, da man sonst gegen Kader spielt, die ein Vielfaches deines Etats zur Verfügung haben. Das ist eine Unverschämtheit.

SPOX: Wie ließe sich das lösen, denn eine eigene Liga für U23-Mannschaften scheint weit entfernt?

Sommers: Man sollte uns Sparringspartnern, die sich auf die Fresse hauen lassen und sich abstrampeln müssen, einfach nur die Kohle zahlen, die einem gegen diese Zweitvertretungen verloren geht. Die BVB-Amateure würden 2000 Fans mitbringen, aber das legen sie uns aus Sicherheitsgründen immer auf 11 Uhr an einem Dienstag. Bei Köln II kommen zwei Damen mit, weil sie die Freundinnen von zwei Spielern sind - und das war's dann. Bei uns kommt da kein Mensch, weil es niemanden interessiert, wenn wir gegen die zweiten Mannschaften antreten.

Sommers über die Gründe für die Sinnlosigkeit der Regionalliga

SPOX: Erkennen Sie als Theaterschaffender denn Parallelen zwischen Ihrer Arbeit bei RWO und dem Mythos des Sisyphos, der auf der Suche nach Glück und Freiheit immer wieder dieselbe Anstrengung unternimmt und nie ans Ziel kommt?

Sommers: Darüber habe ich die letzten Jahre häufig nachgedacht. Mein Ergebnis ist: Das Schlimme am Fußball ist, dass du immer wieder neu anfängst - nicht nur jede Saison, sondern auch jedes Spiel. Und das Schöne am Fußball ist, dass du immer wieder neu anfängst. (lacht) Damit muss man nur umgehen können. Das ist ein weiteres Problem dieser Liga: Es gibt nach Oktober für mindestens zwölf Mannschaften keinen Anreiz mehr, überhaupt weiterzuspielen. Stattdessen gibst du den Rest der Saison nur noch sinnlos Geld aus. Eigentlich müsstest du als dann Acht- oder Zehntplatzierter sagen: Wir hören auf und melden uns nächste Saison wieder - weil es überhaupt keinen Sinn ergibt.

SPOX: Es geht auch nicht nur um den Aufstieg aus der Regionalliga, sondern auch um den Aufstieg in die Regionalliga. Jedes Jahr lehnen Meister der Oberligen den Aufstieg ab, weil sie die strengen Auflagen nicht erfüllen können. Was ist Ihr Vorschlag an DFB und DFL, damit sich an diesem Zustand etwas ändert?

Sommers: Zunächst einmal: Ich habe noch nie einen Fuß hinter die Tür des DFB gesetzt. Aus einem einfachen Grund: Ich habe eine private Meinung zum DFB, aber damit dürften sie mich niemals Präsident eines Viertligisten sein lassen. Dass ich Kritik äußere an bestimmten Dingen, das sollte ich als Präsi, als Typ und als Mensch tun. Meine private Meinung dazu, was beim DFB grundsätzlich abgeht, die kann ich als Präsi aber nicht sagen. Das eine wirkt sich aufs andere allerdings aus, so ehrlich muss man sein. (lacht)

SPOX: Zurück zum Verbesserungsvorschlag.

Sommers: Die wahnsinnig alberne Aufstiegsregelung muss verändert werden. Alle Meister müssen direkt aufsteigen dürfen. Für die zwei, drei Plätze dahinter gäbe es zudem noch dutzende Möglichkeiten, um die ganze Sache attraktiver zu machen - auch wirtschaftlich. Dazu müssen die realitätsfernen Auflagen weg und zwar nicht nur beim Aufstieg in die 3., sondern auch in die 4. Liga. Und: Wenn es nachweislich gut geführte Vereine gibt, die zum Beispiel eine tolle Jugendarbeit haben und nicht nur alles in die erste Mannschaft hineinbuttern, sollte das gefördert werden, damit der Verein in der neuen Liga spielberechtigt wird. Denn wenn wir in dieser Saison Erster würden, müssten wir schon jetzt dafür sorgen, die Kohle zusammenzukriegen, damit wir uns die 3. Liga überhaupt leisten können. Das geht wiederum nur mit Investoren oder Mäzenen. Hast du die nicht, siehst du kein Land.

SPOX: Sind es denn die Bundesligavereine, die alles bestimmen und die Klubs in Liga 3 und 4, aber auch alle darunter, haben kaum nennenswertes Mitspracherecht?

Sommers: Das ist nichts anderes als das Grundproblem bei der ganzen Thematik. Die Einführung der Leistungszentren war ein erster Schritt. Das hat sich nun manifestiert, selbst wir haben ja eins. Der nächste Schritt blieb aber aus. Dass unterhalb der ersten Ligen nun ein riesiges Loch kommt und das Geld für Trainer oder Bälle knapp ist, geht nicht. Man muss die nächsten Schritte nach unten gehen und nach unten nachfüttern. Und nicht nach oben - genau das tun sie aber.