RWO-Präsident Hajo Sommers im Interview: "Ich trinke viel Bier und rauche zu viel"

Hajo Sommers ist Präsident von Rot-Weiß Oberhausen.
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SPOX: Wie meinen Sie das genau: nach unten nachfüttern?

Sommers: Fußball besteht im Augenblick noch daraus, dass Menschen gerne ins Stadion gehen. Also braucht man viele Menschen, die mit Fußball in Berührung kommen - und zwar ab ihrem sechsten Lebensjahr. Wenn man dafür unten Geld investiert, hätte man schon einen gewissen Grundstein gelegt, bis sie zehn sind. DFB und DFL haben für mich auch eine soziale Verantwortung. Dort muss man dafür sorgen, den Nachwuchs so zu füttern, dass Fußball in Deutschland flächendeckend die Möglichkeit hat, zu überleben. Ich kann mir aber nicht einmal sicher sein, ob das die Herrschaften denn überhaupt wollen.

SPOX: Wenn dies nicht erwünscht sein sollte, was wäre also die Folge in Ihren Augen?

Sommers: Dass sich die Leute nicht mehr dafür interessieren werden. Daran glaube ich ganz fest und vielleicht werde ich das mit meinen bald 60 Jahren auch noch erleben. Das merkt man doch jetzt schon, seit vier Jahren gibt es einen totalen Stimmungswandel. Deutschland-Spiele nicht mehr ausverkauft? Das hat nichts mit einer schlechten WM zu tun, sondern weil niemand mehr die langweilige Scheiße sehen will.

SPOX: Es gibt bereits jetzt eine kleine Gegenbewegung, die sich vom sogenannten modernen Fußball abwendet und lieber die Amateurligen besucht.

Sommers: Trotzdem glaube ich nicht mehr an einen großen Umschwung. Natürlich gibt es diese Ansätze, doch da stelle ich vielen die Gegenfrage: Warum seid ihr Fans eines durchkommerzialisierten Erstligisten und steht in einer riesigen Arena, wenn ihr gegen den modernen und für ehrlichen Fußball seid? Das widerspricht sich. Das kann man zwar machen, da habe ich überhaupt nichts dagegen. Eigentlich bist du doch aber Fan deines lokalen Vereins und wäre man ganz genau, müsste das der Stadtteil- und nicht der Ortsverein sein. Auch wenn du nach Berlin-Kreuzberg ziehst, müsstest du dann Fan eines Kreuzberger Teams sein.

SPOX: Was den Fans missfällt, ist hinlänglich dokumentiert und bekannt. Über welches Thema können Sie sich besonders aufregen?

Sommers: Was ich, gerade auch für den deutschen Fußball, vollkommen pervers finde: dass du als kleiner Verein nur dann richtig Geld machst, wenn du Spieler ins Ausland verkaufst. Ich habe das in den letzten zwölf Jahren so häufig erlebt, weil das zu einem Geschäftsmodell geworden ist und damit richtig Kohle verdient wird: Du verkaufst einen Spieler nach Istanbul, damit der da irgendwo in der 3. Liga kickt. Wechselt er weiter ins Ausland, partizipierst du daran und kannst viel Geld verdienen. Wieso verdiene ich denn aber kein Geld, wenn ich einen Spieler von der U15 bis zur U19 ausbilde und ihn dann innerhalb Deutschlands verkaufe?

Sommers im Interview über Helene Fischer, Chinas U20 und zu viele Kippen

SPOX: Was denkt man denn bei einem Verein wie RWO, wenn verlautbart wird, dass auf einmal Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale singt?

Sommers: Diese Nummer habe ich nur für ein Zeitproblem gehalten. Das kam fünf oder zehn Jahre zu früh, aber das wird irgendwann gehen. Helene Fischer zu nehmen, zeigt, dass man beim DFB nicht aufgepasst hat, wo die meisten Fußballfans musikalisch liegen. Hätte man da jetzt DJ Ötzi oder irgendeinen Mallorca-Vogel hingesetzt, hätte sich schon die Hälfte nicht mehr beschwert - auch wenn es musikalisch gesehen natürlich dieselbe Grütze gewesen wäre. Aber du kannst halt im VIP-Raum besser mit einem Sektchen in der Hand neben Helene Fischer stehen, als neben DJ Ötzi.

SPOX: Was Sie als Viertligist zumindest indirekt betroffen hat: Die Spielerlaubnis für die chinesische U20-Olympiaauswahl in der Regionalliga Südwest. Das Projekt scheiterte krachend. Zu Recht?

Sommers: Die Grundidee, einen Sparringspartner einzusetzen, halte ich für machbar - auch eine chinesische U20. So muss man sich an einem spielfreien Wochenende schon keinen anderen Gegner suchen. Eine Unverschämtheit sind die 15.000 Euro, die man den Vereinen dafür gezahlt hat. Man spielt ja eh gefühlt jedes zweite Wochenende gegen eine U23-Mannschaft. Ob dann noch eine chinesische Truppe dazukommt, ist doch auch scheißegal. Auch das will keiner sehen, aber dann sollen sie es wenigstens vernünftig bezahlen und 40.000 locker machen. Damit könnte man nämlich in seiner Jugendarbeit vorankommen oder sich sogar noch einen richtigen Spieler leisten. Zudem gehört so eine Geschichte natürlich vorher kommuniziert und nicht als Fakt verkauft nach dem Motto: Wir machen das jetzt und fertig.

SPOX: Herr Sommers, zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Sie sagten mal, dass man immer am Rande eines Nervenzusammenbruchs wandelt, wenn man für einen Klub wie RWO verantwortlich ist. Wie haben Sie die Jahre denn eigentlich gesundheitlich weggesteckt?

Sommers: Ich trinke viel Bier und rauche zu viel, bei RWO qualme ich noch mehr als beim Theater. Bis jetzt geht's noch, sagt der Arzt. Ich sähe zu meinem 60. Geburtstag aber wesentlich besser aus, wenn ich mir den Scheiß hier nicht angetan hätte. (lacht)