Mike Tullberg vom BVB II im Interview: "Wenn ich Jürgen Klopp sage, hört es sich blöd an, oder?"

Mike Tullberg ist seit Sommer 2019 Trainer der U23 des BVB.
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Wie überrascht waren Sie dann, als sich plötzlich Borussia Dortmund bei Ihnen meldete und Sie als Cheftrainer der U23 verpflichten wollte?

Tullberg: Ich stand mit dem BVB schon seit einem Jahr in Kontakt, von daher war das nicht mehr die größte aller Überraschungen. (lacht) Mein damaliger Berater hatte in Dortmund einen Termin bei Chefscout Sven Mislintat. Ich bin mitgekommen und kam dann mit Ingo Preuß, dem sportlichen Leiter der U23, ins Gespräch. Er meinte, es sei möglich, dass sie bald einen neuen Trainer suchen und mich dabei im Auge behalten würden.

Seit Sommer 2019 arbeiten Sie nun für Schwarzgelb. Wie unterscheidet sich die Arbeit in Dortmund von der, die Sie zuvor kannten?

Tullberg: Wir sind hier eine U23. Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es, auf die erste Mannschaft Rücksicht zu nehmen und sie so gut es geht zu unterstützen. Wir können Spieler von oben zu Spielzeit verhelfen und müssen zudem sicherstellen, dass sich unsere Spieler so entwickeln, damit sie mit der Qualität des Profitrainings klarkommen und idealerweise auch eine Option für die Profis werden.

Inwiefern ist das Ergebnis für eine Zweitvertretung salopp gesagt egal, weil eben die Entwicklung der Spieler im Vordergrund steht?

Tullberg: Bei einem Verein der Größe von Borussia Dortmund können wir nicht 13. werden und sagen, dafür haben wir aber den einen oder anderen Spieler gut ausgebildet. Unser Anspruch ist die Ausbildung der Spieler, doch dazu gehört auch, so viele Spiele wie möglich zu gewinnen. Die U23 ist in der letzten Saison Fünfter geworden, doch um aus der Regionalliga West herauszukommen, muss man Millionen in die Hand nehmen. Vereine wie der SC Verl und Rot-Weiss Essen, die in den letzten Jahren eher im Mittelmaß zu finden waren, haben vor der Saison richtig investiert und stehen nun über uns. Das sind sehr erfahrene Teams mit einem hohen Durchschnittsalter, deren Spieler große Erfahrung in höheren Ligen gesammelt haben.

Ihre Mannschaft steht aktuell nach 25 Spielen mit 34 Punkten auf Rang sieben und ist damit die zweitbeste der fünf Profi-Zweitvertretungen. Während einer Schwächephase im Herbst sprach Ingo Preuß bereits von einer "völlig unbefriedigenden Saison". Wie blicken Sie auf die derzeitige Zwischenbilanz?

Tullberg: Wir haben sehr viel Qualität in unseren Reihen, aber bei uns war der älteste Spieler in den meisten Partien 24 Jahre alt. Das Durchschnittsalter unserer Feldspieler lag häufig bei 20,5 Jahren. Damit die gesamte Saison über mitzuhalten, ist für eine U23-Mannschaft extrem schwer. Schwankungen sind ganz normal. Wir wollen dennoch eine gute Rolle spielen. Letztes Jahr ist die U23 von Borussia Mönchengladbach vor uns gelandet, diesmal wollen wir die beste Zweitvertretung sein.

Wie häufig sind Sie denn mit Lucien Favre in Kontakt?

Tullberg: Lucien hat als Cheftrainer der Profis genug zu tun. Der Austausch mit den Profis läuft daher vor allem über Otto Addo, der für den Übergang der Top-Talente zur ersten Mannschaft zuständig ist, und Favres Co-Trainer Edin Terzic. Mit Otto habe ich täglich Kontakt und mit Edin sehr häufig.

Wie sieht dieser Austausch mit Addo genau aus?

Tullberg: Er hat zum Beispiel unter anderem die Aufgabe, mit den Top-Talenten Videos ihrer individuellen Spielszenen anzuschauen. Diese geht er im Vorfeld natürlich erst einmal mit mir durch, damit wir festlegen, welche Botschaft beim Spieler ankommen soll. Otto schaut sich auch alle unsere Spiele an und anschließend sprechen wir über die Mannschaftsleistung sowie über die Leistungen einzelner Spieler. Oder er berichtet mir davon, wie sich die Spieler schlagen, wenn sie mal bei den Profis mittrainieren, beispielsweise im Trainingslager.

Ihre Spielerkarriere dauerte acht Jahre, bald arbeiten Sie dieselbe Zeit als Trainer. Wie würden Sie sich als Coach beschreiben?

Tullberg: Ich verlange immer 100 Prozent und kann sicherlich manchmal laut werden. Mir ist aber wichtig, dass die Spieler merken, ich respektiere sie und sehe in ihnen nicht nur den Fußballer - genauso wie ich von ihnen mir gegenüber Respekt erwarte. Ich will von ihnen als ordentlicher Mensch eingeschätzt werden, der immer ehrlich ist. Das liegt mir am Herzen, weil ich weiß wie es ist, wenn das nicht der Fall ist. Ich möchte keine Spieler verarschen, weil ich glaube, dass sich Ehrlichkeit, auch wenn sie nicht immer angenehm ist, am Ende auszahlen wird.

Gibt es Trainer, die Ihnen unter anderem in dieser Hinsicht als Vorbild dienen?

Tullberg: Wenn ich als Dortmunder Coach Jürgen Klopp sage, hört es sich blöd an, oder? (lacht) Als kleines Kind war ich Liverpool-Fan, deshalb nenne ich ihn. Ich kenne ihn nicht persönlich, aber die Art und Weise, wie seine Mannschaften Fußball spielen und wie er mit seinen Spielern umgeht, das gefällt mir. Dennoch versuche ich, ich selbst und kein Spiegelbild von jemand anderem zu sein.