Gastgeber Brasilien hat im Auftaktspiel der Weltmeisterschaft 2014 gegen Kroatien einen 3:1 (1:1)-Sieg eingefahren. Neymar war der umjubelte Superstar, Schiedsrichter Yuichi Nishimura sorgte für Aufregung.
Vor 62.600 Fans in der ausverkauften Arena de Sao Paolo brachte Marcelo die Kroaten mit einem unglücklichen Eigentor in Führung (11.), eher Neymar per Fernschuss für Brasilien ausglich (29.).
Im zweiten Durchgang war es erneut Neymar, der für die Selecao nach einem ungerechtfertigten Foulelfmeter traf (71.). Kurz vor Ende des Spiels besorgte Oscar die Entscheidung (90.+1).
Reaktionen:
Niko Kovac (Trainer Kroatien): "Wir haben von der 1. bis 90. Minute ein großes Spiel gegen einen großen Gegner gezeigt. Aber der Elfmeter war lächerlich. Wenn das einer war, wird es bei dieser WM 100 Elfmeter geben, dann sind wir bald im Zirkus. Brasilien hat stark gespielt, aber wir hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt. Ich bin trotzdem stolz auf meine Mannschaft. Sie hat gezeigt, dass sie die Gruppe überstehen kann."
Luiz Felipe Scolari (Trainer Brasilien): "Ich habe die Szene jetzt zehn Mal gesehen, und ich bin sicher, es war ein Elfmeter. Außerdem ist der Schiedsrichter derjenige, der entscheidet, und er hat es auch so gesehen. Meinen Spielern muss ich ein großes Kompliment machen. Sie hatten so großen Druck, dann bekommen sie auch noch dieses Tor, aber sie haben das Spiel auf eine großartige Weise umgebogen."
SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Der Gastgeber beginnt wie erwartet mit der Elf, die 2013 das Finale im Confederations Cup gegen Spanien gewann. Heißt: Fred als einzige Spitze im 4-2-3-1, dahinter mit Neymar, Oscar und Hulk jede Menge Firepower.
Bei Kroatien auch keine Überraschung: Jelavic ersetzt den gesperrten Mandzukic im Sturm, dahinter wartet die Wolfsburger Flügelzange Perisic/Olic sowie Talent Kovacic in der Zentrale. Wiederum dahinter mit die stärkste Doppel-Sechs des Turniers: Modric und Rakitic.
7.: Marcelo lässt sich von Perisic auf der linken Abwehrseite ausspielen, die Flanke kommt auf den langen Pfosten, wo Olic höher springt als Alves. Doch sein Kopfball geht knapp links vorbei!
11., 0:1, Marcelo (Eigentor): Olic treibt den Ball schön über links, seine flache Hereingabe rutscht Silva durch die Beine, in der Mitte trifft Jelavic den Ball nicht voll - doch Marcelo lenkt das Leder aus 5 Metern ins eigene Netz!
21.: Paulinho setzt sich mit einer Einzelaktion gegen Vrsaljko durch und kommt aus 15 Metern halbrechter Position zum Schuss - doch Pletikosa wehrt mit den Fäusten ab.
23.: Srna grätscht Neymars Hereingabe zwei Meter vor der Grundlinie ab, aus dem Rückraum versucht sich Oscar mit einem Schlenzer, den Pletikosa aber mit einer starken Flugparade entschärft.
29., 1:1, Neymar: Gleich drei Mann lässt Neymar nach einem Anspiel von Oscar beim Tempodribbling stehen, hat dann 21 Meter vor dem Tor Platz - und schießt den Ball aus mittiger Position mit dem linken Fuß über den rechten Innenpfosten ins Netz!
67.: Dani Alves tritt zum Freistoß an, 25 Meter vor dem Tor. Doch sein Flatterball segelt gut einen Meter über den Querbalken.
69.: Elfmeter für Brasilien! Fred legt sich quasi in Lovren hinein und geht zu Boden. Der Kroate hatte ihm leicht die Hand auf die Schulter gelegt, sonst nichts. Doch der Referee zeigt auf den Punkt.
71., 2:1, Neymar (Elfmeter): Neymar läuft an, verzögert und schießt die Kugel halbhoch aufs linke Eck. Kein guter Elfmeter, Pletikosa ist dran - doch der Ball rutscht durch!
86.: Kroatien drückt nochmal! Modric probiert es aus der zweiten Reihe per Gewaltschuss - Julio Cesar wehrt zur Seite ab.
90.+1., 3:1, Oscar: Nach einer tollen Parade von Julio Cesar kontert Brasilien. Nach einem erneuten Ballverlust der Kroaten kommt Oscar an den Ball, müht sich Richtung Strafraum und zieht aus 21 Metern ab. Die Kugel schlägt perfekt links unten ein!
Fazit: Von den Spielanteilen her ein durchaus verdienter Sieg für die Selecao, die mehr für die Offensive tat. Der Treffer zum 2:1 hat jedoch einen sehr faden Beigeschmack.
Der Star des Spiels: Neymar (SPOX-Note 2). Von allen Sympathien und Antipathien, die sich gegen Brasiliens Volksheld richten, abgesehen: Er war da, als er gebraucht wurde, als ein riesiger Druck auf ihm lastete. Neymar machte Dampf, forderte Bälle und setzte auch seine Mitspieler in Szene. Sein präziser Flachschuss weckte Brasilien aus einem 18-minütigen Alptraum, sein Elfmeter war - und nur das zählt - drin. Dass es sich um einen Witz-Elfmeter handelte, schmälert Neymars Leistung nicht.
Der Flop des Spiels: Nikica Jelavic (SPOX-Note 4,5). Der wandelnde Beweis, wie schwer Mandzukic' Sperre wiegt. War vollkommen abgemeldet, konnte sich nie brauchbar ins kroatische Offensivspiel einschalten und hatte kaum Bindung zu seinen Flügelspielern. Nach 18 Ballkontakten und 78 Minuten wurde er ausgewechselt.
Der Schiedsrichter: Yuichi Nishimura (Japan). Der japanische Referee agierte zunächst mit Bedacht und gutem Auge. Lobenswert, dass er sich vor brasilianischem Publikum nicht scheute, Neymar für dessen versehentlichen Gesichtstreffer gegen Modric zurecht Gelb zu zeigen. Beim angeblichen Foul an Fred vor dem Elfmeter schien er diese Souveränität jedoch abgelegt zu haben - es gab schlicht und ergreifend kein Foul. Eine schwerwiegende Fehlentscheidung, die seine sonst ordentliche Leistung überschattet.
Das fiel auf:
- Es entwickelte sich von Beginn an ein offenes Spiel mit erstaunlich großen und zahlreichen Räumen für beide Teams. Vor allem die Brasilianer gewährten dem Gegner in der Anfangsphase fahrlässig viel Platz bei Kontern. Kroatiens schnelles Umschaltspiel über die Flügel wurde erleichtert durch ein unzureichendes Stellungsspiel von Brasiliens Außenverteidigern Marcelo und Dani Alves.
- Defensiv bestachen die Kroaten zu Beginn durch eine gewissenhafte Kompaktheit. Das ballorientierte Verschieben der Kovac-Truppe machte Brasilien lange zu schaffen. Aus dem Spiel heraus funktionierte wenig, doch dank des offensiven Pressings kam die Selecao nach Ballgewinn in der gegnerischen Hälfte öfter zu guten Gelegenheiten.
- Gefährlich wurde es vor allem dann, wenn Neymar, Oscar und Hulk die Positionen tauschten oder sich fallen ließen. Besonders Neymar wich oft auf die Flügel aus und forderte Bälle oder stieß in den Raum zwischen Abwehrzentrum und defensivem Mittelfeld vor.
- In der zweiten Halbzeit bemühte sich Kroatien öfter am eigenen Ballbesitz. Die ballsichere Doppel-Sechs Rakitic/Modric hielt den Ball souverän in den eigenen Reihen, allerdings fehlte es in der Offensive an zündenden Ideen. Olic und Perisic versprühten bei Kontern durchaus Gefahr, aus dem Spiel heraus jedoch kaum.