"Ich bin nicht auf Bestellung fröhlich"

Jörg Schmadtke ist seit Juli 2013 Geschäftsführer Sport beim 1. FC Köln
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SPOX: Ihre Familie blieb während drei Ihrer vier Jahre bei 96 in der Heimat. Wie eng kann denn der Kontakt nach Hause überhaupt sein, wenn man als Bundesliga-Manager quasi ständig im Einsatz ist?

Schmadtke: Das ist teilweise sehr kompliziert und nur möglich, wenn beide Seiten eine hohe Mobilität an den Tag legen. Andererseits kann man sich mit modernen Kommunikationstechniken behelfen.

SPOX: Wie hat Ihre Familie in Situationen reagiert, in denen sie merkte, dass Sie zwar körperlich, aber aufgrund des Jobs nicht immer geistig anwesend waren?

Schmadtke: Das habe ich meistens vermeiden können, auch wenn man das erst lernen muss. Wenn ich da war, dann immer zu hundert Prozent. Das Handy war dann größtenteils abgeschaltet.

SPOX: Die gewissermaßen andere Version zu Ihrem Ende in Hannover wurde mit dem angespannten Verhältnis zu Trainer Mirko Slomka erklärt. Wie sehr hing Ihre Entscheidung damit zusammen, dass die Zusammenarbeit an Ihrem Arbeitsplatz einfach nicht mehr so passte, wie Sie es für sich haben möchten?

Schmadtke: Man trennt sich ja immer nur dann, wenn man denkt, dass nicht mehr alles zu perfekt zusammen passt. Das würde ich aber nicht nur an Mirko Slomka festmachen, auch wenn das damals das große Thema für die Medien war. Wir haben Jahre lang hoch professionell und erfolgreich zusammengearbeitet, das kommt in der medialen Betrachtung viel zu kurz.

SPOX: Ist es Ihnen leicht gefallen zu sagen: Dann war's das jetzt eben?

Schmadtke: Ich bin kein Job-Hopper. Ich erfülle eigentlich immer meine Verträge und habe auch keine Lust, alle zwei Jahre einen Möbelwagen bestellen zu müssen. Wenn man aber trotz aller Versuche das Gefühl hat, dass es nicht mehr passt, dann sollte man auch in der Lage sein, einen Schlussstrich zu ziehen.

SPOX: Es hieß, Slomka und Sie hätten zum Ende hin nur noch per Email miteinander kommuniziert.

Schmadtke: Das stimmt nicht.

SPOX: Jetzt in Köln haben Sie davon gesprochen, dass sich Peter Stöger und Sie irgendwie auch gesucht und gefunden hätten. Wie wichtig ist es denn auch unabhängig von übereinstimmenden fußballerischen Ansichten, dass man sich für seinen Gegenüber auch als Mensch interessiert?

Schmadtke: Gar nicht. Das mag ein schönes Idyll sein und es ist natürlich auch gut, wenn sich ein Arbeitsverhältnis so darstellt. Ich war mit Mirko Slomka nie Bier trinken, aber wir haben trotzdem über Jahre sehr erfolgreich zusammengearbeitet. Es ist viel wichtiger, eine gemeinsame Basis zu haben, die keineswegs freundschaftlicher Art sein muss, aber auf der man dennoch kontrovers miteinander diskutieren kann - ohne den anderen dabei zu verletzten. Man darf nie unkritisch sein.

SPOX: Sie waren letzten Sommer ein begehrter Manager auf dem Markt. War Ihnen schon zum Beginn Ihrer Auszeit klar, dass Sie ohne großen Zeitverlust sofort wieder bei einem Verein einsteigen könnten?

Schmadtke: Das ist einem nie klar, zumal ich auch jemand bin, der dann trotz aller Gelassenheit auch mal zweifelt. Wenn man mal ein, zwei Jahre nicht dabei ist, wird man in diesem Geschäft schnell vergessen. Würde mir das einmal passieren, dann wäre es eben so. Dann mache ich halt etwas anderes (lacht).

SPOX: Sie kennen sich mit dem Einfluss von Gremien und Aufsichtsräten gut aus. Halten Sie es grundsätzlich für unmöglich, dass bei einer oft hohen Anzahl an Personen sinnvolle Synergien im Sinne eines Vereins entstehen können?

Schmadtke: Ist die Gruppe zu groß, dann ist es schwieriger - aber nicht unmöglich. Entscheidend ist, was während einer sportlichen Krise passiert. Da kann es sehr kompliziert werden, zehn oder mehr Menschen mit auf die Reise zu nehmen. Jeder Einzelne ist in seiner Ansprache verschieden oder reagiert anders auf seine Mitmenschen. Eine Gruppe von drei bis fünf Leuten ist in meinen Augen ideal und letztlich einfacher zu handhaben.

SPOX: Aber auch drei bis fünf Personen können doch unterschiedlich reagieren.

Schmadtke: Natürlich, aber wenn man mit Widerständen von Einzelnen zu kämpfen hat, kann man sich damit in einer kleineren Gruppe einfacher befassen. Dann geht man mal ungezwungen zusammen essen und unterhält sich. Ist die Gruppe größer, dann sind es meistens Gruppierungen, die man aufbrechen muss - und das ist deutlich schwieriger.

SPOX: Die Gruppe in Köln ist eine kleine. Mit dabei ist wie schon in Aachen und Hannover Ihr Kumpel Jörg Jakobs, den Sie bei der Alemannia ins Scouting holten.

Schmadtke: Wir haben uns beim Vermarkter "Sportwelt" kennen gelernt. Damals in Aachen gab es keine unterschiedlichen Abteilungen, die dem Sport an sich zugeordnet waren. Ich hatte einen Computer, auf dem anfangs nicht einmal Word und Excel installiert waren. Es gab keinen Safe mit Spielerverträgen und eben auch kein Scouting. Ich habe das dann nach meinem Gusto aufgebaut. Daraufhin habe ich Jörg zunächst auf Honorarbasis ins Boot geholt.

SPOX: Haben Sie damals gedacht, dass er einer ist, der den Fußball so sieht, wie Sie ihn sehen?

Schmadtke: Ich kannte natürlich seine Ansichten, aber es war nicht ausschlaggebend, dass er dasselbe zu denken hat wie ich. Für einen Scout ist es vielmehr essentiell, sich eine Meinung über einen Spieler bilden zu können. Gerade, wenn man einen Spieler aus einer anderen Liga beobachtet, muss ein Scout dessen Fähigkeiten auf das Niveau der eigenen Liga transportieren können. Nur dann ist ein Scout auch eine Hilfe, ansonsten würde er nur noch mehr Arbeit verursachen.

SPOX: Woher wissen Sie abgesehen vom Aspekt der Meinungsbildung, wer die richtigen Leute für eine Scouting-Abteilung sind?

Schmadtke: Ich halte es für wichtig, auch soziale Komponenten zu beachten. Es geht nicht darum, Einzelspieler zu verpflichten, sondern eine Gruppierung zusammen zu stellen, die in sich schlüssig sein muss.

SPOX: Können Scouts auch kompetente Trainer sein?

Schmadtke: Grundsätzlich halte ich das für möglich. Scouts und Trainer beschäftigen sich zwar mit derselben Materie, es sind aber trotzdem zwei völlig unterschiedliche Berufe. Nicht jeder Trainer kann scouten. Es gibt auch Trainer, die Schwierigkeiten haben, eine Mannschaft zusammen zu stellen - obwohl sie fachlich hervorragend sind. Ein Scout muss in der Lage sein, bestimmte Dinge auf dem Spielfeld zu erkennen. Ob er aber in der Lage ist, seine Erkenntnisse auch in eine Mannschaft zu implementieren, ist die andere Frage und die große Kunst.

SPOX: Das Team in Köln funktioniert gut. Der Aufstieg ist zum Greifen nahe, obwohl Sie erst seit Saisonbeginn beim FC arbeiten. Inwiefern ist es für Sie denn entscheidender, an einem Verein sozusagen von Grund auf herum zu werkeln, anstatt ausgiebigen Erfolg verstetigen zu müssen?

Schmadtke: Pokale interessieren mich nicht, wenn es nur um das bloße Hochhalten geht. Das ist ja dann lediglich das Endprodukt. Mich reizen vielmehr Aufgabenstellungen. Die Genetik eines Klubs kennen zu lernen, seine Potentiale vollkommen auszuschöpfen und ihn dann dorthin zu führen, wo ihn die Menschen im Umfeld sehen möchten - das interessiert mich.

Seite 1: Schmadtke über das Aus in Aachen und Fröhlichkeit auf Bestellung

Seite 2: Schmadtke über seine Zeit bei 96 und die Besonderheiten des Scouting

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