"Bayern München war der Grundstein"

Brillante Quote: Nils Petersen erzielte in 10 Pflichtspielen für den SC Freiburg 13 Tore
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SPOX: Sie sagten zuletzt, Ihr Nachteil sei es, dass Sie zu nett seien. In welchen Situationen merken Sie das beziehungsweise wie wirkt sich das aus?

Petersen: Ich bin kein Egoist, für mich steht immer die Mannschaft im Vordergrund. Es gibt auch Situationen im Spiel, in denen man vielleicht zu lieb ist. In den letzten Spielen hätte ich zwei rote Karten und zwei Elfmeter herausholen können, aber darauf verzichtet, weil ich zu sehr Sportsmann bin. Das Wichtigste als Fußballer ist, dass man authentisch bleibt und sich nicht verändert. Ich habe es mit meiner Art zum Profi und in die Bundesliga beziehungsweise jetzt in die 2. Liga geschafft. Ich will mich nicht zu einem Arschloch entwickeln, nur weil jemand meint, dass ich damit noch mehr erreichen könnte. Das wäre der falsche Weg.

SPOX: War Ihre Bescheidenheit auch ein Grund, warum Ihnen im Haifischbecken Bayern München der Durchbruch nicht gelang? Braucht es in München mehr Egoismus?

Petersen: Ich wusste schon vorher, dass es in München schwer wird und ich nicht alle 34 Bundesligaspiele machen werde. Alles andere wäre Träumerei gewesen. Aber ich habe wettbewerbsübergreifend knapp 20 Spiele bestritten und eine positive Zeit erlebt, an die ich mich gerne erinnere. Es gab auch wichtige Spiele wie gegen Dortmund oder das Pokalhalbfinale gegen Gladbach, als ich Möglichkeiten hatte. Wenn ich da ein entscheidendes Tor mache, kann sich der Status schnell ändern und die Karriere in eine andere Richtung gehen. Dass dem nicht so war, hat aber nichts mit Nettigkeit oder Bescheidenheit zu tun, sondern eher mit Pech.

SPOX: War es trotzdem ein verlorenes Jahr?

Petersen: Nein, auf keinen Fall. Die Zeit bei Bayern war der Grundstein, dass ich ein gestandener Profistürmer geworden bin. Es war klar, dass ich danach vermutlich einen Schritt zurück machen muss, weil es viel höher als Bayern kaum geht.

SPOX: Wäre ein Zwischenschritt nach Cottbus besser gewesen?

Petersen: Im Nachhinein kann man sagen, dass ein Zwischenschritt vielleicht besser gewesen wäre, aber am Ende fehlt der Vergleich. Es gab auch Spieler, die ein Angebot der Bayern ausgeschlagen haben, und zu kleineren Klubs gewechselt sind. Wenn du dann dort aber nicht spielst oder triffst, hast du eher ein Problem in der Bundesliga zu bleiben, als wenn du von Bayern kommst. Bei Bayern habe ich ein Jahr auf Niveau erlebt und mich weiterentwickelt, ohne jedes Spiel gemacht zu haben.

SPOX: Hat die Erfahrung Ihrer vorherigen Vereinswechsel auch eine Rolle bei der Entscheidung für Freiburg gespielt?

Petersen: Absolut. Der SC ist ein sehr herzlicher, familiär geführter Verein. Hier kann man in Ruhe arbeiten. Das ist genau das, was ich auch brauche und möchte. Ich habe zwar auch hier letzte Saison den Abstiegskampf erlebt, aber aus meinen zweieinhalb Jahren in Bremen weiß ich, wie groß der Druck dort war. Und Abstiegskampf kostet viel Kraft. Auch wenn die Bundesliga das Höchste der Gefühle ist, ist es gut für den Kopf, oben mitzuspielen. Es ist schön, auf die Tabelle zu schauen. Außerdem kann ich ohne Druck ein Freitagsspiel schauen und muss nicht zittern, wie Stuttgart gegen Hamburg ausgeht.

SPOX: Nach dem Abstieg saßen Sie in der Kabine und weinten. Als der Transfer durch war, sprachen Sie von einer Herzensentscheidung pro Freiburg. Wie wurden Sie im Breisgau so schnell heimisch?

Petersen: Das habe ich mich auch gefragt. Ich will da gar nicht um den heißen Brei reden: Als ich im Januar nach Freiburg gekommen bin, war mein Ziel, Spielpraxis zu sammeln und mich wieder für Werder Bremen zu empfehlen. Aber das ganze Drumherum, die Arbeit mit den Leuten im Klub, die Identifikation der Leute in der Stadt mit dem Klub, waren Faktoren, die mir geholfen haben, mich so schnell mit dem Verein zu identifizieren. Dass wir absteigen und die Situation für mich emotional so hart wird, hätte ich zu Beginn auch nicht gedacht. Deshalb war ich umso glücklicher, dass ich weiter in Freiburg bleiben konnte.

SPOX: Wie würden Sie Ihren Abschied aus Bremen beschreiben?

Petersen: Die Situation wird immer negativer dargestellt, als sie in Wirklichkeit war. Ich bin mit allen im Reinen. Ich habe in meinen ersten zwei Jahren die meisten Tore für Werder erzielt. Elf Tore und fünf Assists in der Saison 2012/13 waren ein ordentlicher Auftakt für mein erstes richtiges Bundesligajahr, vorher war ich ja nur Einwechselspieler beim FC Bayern. Im zweiten Jahr haben wir unseren Spielstil etwas verändert, trotzdem war ich mit sieben Treffern in 28 Einsätzen noch bester Torschütze. Im dritten Jahr kam der Cut und Werder hat seine Philosophie Richtung junge Spieler aus der eigenen Jugend verändert. Davie Selke und Melvyn Lorenzen haben auch gute Arbeit abgeliefert und sich ihre Einsätze verdient. Dementsprechend war ich keinem böse. Aber nachdem der Stammplatz für mich weg war, wollte ich mit meinen Qualitäten einem anderen Verein helfen. Deshalb war es für mich sensationell, mit Freiburg einen Verein gefunden zu haben, der mich freudig strahlen lässt.

SPOX: Wurde Ihnen der Abschied in Bremen nahegelegt?

Petersen: Ich war dreimal in Folge nicht im Kader und saß davor zwei Mal 90 Minuten auf der Bank. Das war für mich ein klares Zeichen, dass ich - böse gesagt - nicht mehr erwünscht bin. Aber das war kein Problem und Bremen hat sich in dieser Zeit auch fair verhalten. Es war halt so, dass ein neuer Trainer kam, der nicht auf mich gesetzt hat. Das passiert jedes Jahr in jeder Mannschaft, dass zwei, drei Spieler auf der Strecke bleiben, die nicht mehr ins System passen. Damit muss man sich abfinden und nicht nachtreten. Wer weiß, vielleicht bin ich in zehn Jahren selbst Trainer und muss einem Spieler sagen, dass er aktuell nicht das Profil verkörpert, das ich mir vorstelle und dann blüht er woanders auf. Ich bin trotzdem noch Werder-Fan.

SPOX: Wie lange können Sie sich die 2. Liga vorstellen?

Petersen: Ich habe für vier Jahre in Freiburg unterschrieben und wusste im Sommer, dass dieses Jahr ein schwieriges werden könnte. Ich fühle mich hier sehr wohl und habe meine Erfahrungen gemacht, so dass ich mir vorstellen kann, langfristig in Freiburg zu bleiben, unabhängig davon, ob es dieses oder nächstes Jahr hochgeht. Aber ich hoffe natürlich, dass wir schnell in die Bundesliga zurückkehren.

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