Tiger, ich bin dein Freund!

Von Florian Regelmann
Andres Gonzales liegt in der Weltrangliste auf Rang 928
© Getty

Rory McIlroy hat mit Rekordscore die 111. US Open gewonnen. Das ist aber nur die oberflächliche Betrachtungsweise. Die wahren Erkenntnisse: Die US-Boys können inzwischen besser singen als golfen, eine Anreise kann teuer sein und Türsteher machen sich an Tiger ran. Außerdem: Rory und die Waschmaschine.

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10. So nicht, US Open! "Niemand wird am Ende besser als Par sein!" Sagte Titelverteidiger Graeme McDowell einige Zeit vor der US Open im Congressional Country Club. Genau, G-Mac. Genau. Es waren letztlich 20 Spieler, die nach 72 Löchern unter Par lagen. Darunter eben auch jener Rory McIlroy. 22 Jahre, geboren im nordirischen Holywood.

McIlroy hätte die US Open auf der Playstation nicht perfekter spielen können. Sein unfassbares Gesamtergebnis von 16 unter Par entbehrt jeder US-Open-Logik. 1218 Birdies wurden an den vier Tagen gespielt. Zwölfhundertachtzehn. Bei einer US Open. Ganz ehrlich: Das kann's nicht sein. Hoffentlich wird es bei der British Open nass, stürmisch, kalt. So richtig widerlich soll es sein.

Denn nach dieser Mickey-Mouse-US-Open ist es an der Zeit, dass die Spieler mal wieder richtig kämpfen müssen. Als Tiger Woods 2000 in Pebble Beach mit 12 unter Par gewann, lagen Ernie Els und Miguel Angel Jimenez auf Rang zwei bei +3. Das soll die außerirdische Leistung von McIlroy nicht schmälern, aber es ist schon noch mal etwas anderes.

9. Being Marcel Siem: 79, 66, 74, 73. Wenn man solche vier Scores sieht, könnte man schon darauf tippen, dass sie von Marcel Siem stammen. Der 30-Jährige zeigte bei seiner ersten US-Open-Teilnahme wieder alles, was ihn ausmacht. Beginnt sein Turnier am Donnerstag an der 10 und trifft mit seinem Abschlag so unglücklich einen Zuschauer, dass der Ball zurück ins Wasser springt.

Wenn es so losgeht, hast du schon keine Lust mehr. Danach verlor Siem das Selbstvertrauen auf den Grüns, notierte die 79 und war eigentlich schon raus. Am Freitag checkte er sogar schon aus dem Hotel aus. Und was machte er dann? Er feuerte eine 66 auf den Kurs, die beste Runde des Tages. Er lief total heiß und begeisterte die Fans mit seiner emotionalen Art.

Auch das ist typisch Siem. Genauso typisch ist es leider, dass er an Tag 3 wieder gar nichts traf und an Tag 4 gar nichts lochte. So war es am Ende eben nur Platz 60. Es bleibt dabei: Siem treibt einen, und auch sich selbst, immer wieder zur Verzweiflung, aber vom Talent her müsste er viel weiter oben mitspielen. Das bleibt Fakt.

8. Der kurze Martin: Wenn man ein amtierender Major-Champion und die Nummer drei der Welt ist, kann man mit einer Woche, in der man die ganze Zeit im Mittelfeld vor sich hin dümpelt, nichts anfangen. Und: Wäre Kaymers kurzes Spiel nicht gerade so überragend in Schuss, wäre sein Ergebnis noch viel schlechter als der 39. Platz gewesen. Denn Kaymer kämpft gerade sehr mit seinem Schwung.

Besonders eklatant war seine Schwäche vom Abschlag. Normal sind seine akkuraten und langen Drives ja eine seiner ganz großen Stärken, aber bei dieser US Open spielten sich skurrile Szenen ab. Kaymer blieb mit seinen Abschlägen ständig 25 Meter hinter seinen Flight-Partnern. Er war sogar deutlich kürzer als Luke Donald. Und Donald ist nun wahrlich kein Longhitter.

Für Außenstehende mögen die Leistungen von Kaymer in letzter Zeit etwas enttäuschend sein, aber er macht gerade nur eine normale Phase durch, wie sie es in der Weltspitze immer mal wieder gibt. Kaymer wird hart an seinem Schwung arbeiten, auf die Range gehen und drei Millionen Bälle schlagen, und so auch wieder sein Gefühl zurückerlangen. Soll sich keiner wundern, wenn er schon in den nächsten Wochen wieder ganz oben auf den Leaderboards auftaucht.

7. U-S-A! U-S-A! Fast wäre es soweit gewesen. Fast hätten wir zum ersten Mal seit 1909 keinen US-Boy in den Top 5 einer US Open gehabt. Doch dann kamen Kevin Chappell und Robert Garrigus, verhinderten das totale Desaster und wurden immerhin noch Dritte. Wer? Man muss schon echter PGA-Tour-Insider sein, um mit diesen beiden Nobodys vertraut zu sein. Zum ersten Mal in der Geschichte wartet die USA seit fünf Major-Turnieren auf einen Champion. Der verheerende Zustand des US-Golfs ist neben McIlroy das Thema der US Open.

Tiger hat seit 18 Monaten keinen Blumentopf mehr gewonnen und bewegt sich nur noch auf Krücken - und Phil Mickelson spielt zurzeit absolut grauenhaft. Das muss man so deutlich sagen. Das SPOX-Par-10 will den USA aber auch Mut machen.. Es gibt einige Youngster, die sich vielleicht in den nächsten Jahren zu Stars entwickeln können.

Allen voran Patrick Cantlay. Der 19-Jährige präsentierte sich in Bethesda stark und landete am Ende immerhin auf Platz 21. Cantlay ist übrigens die aktuelle Nummer eins im World Amateur Golf Ranking. In dieser Rangliste belegen die USA sogar die ersten sechs Plätze, von den Top 20 kommen 16 Mann aus den USA.

6. Europe! Europe! Okay, wir haben gerade versucht, die USA ein bisschen aufzubauen, jetzt ziehen wir sie wieder runter. Ihr Amerikaner müsst auf einen 19-Jährigen hoffen, der noch Amateur ist. Wir Europäer haben einen 18-Jährigen namens Matteo Manassero, der als Teenager schon mehrere Turniere gewonnen hat und in der Weltspitze angekommen ist. Take that, USA!

Wir Europäer haben Rory. Wir Europäer sind die Nummer eins, zwei, drei und vier der Welt. Wir Europäer haben den Ryder Cup. Bei uns Europäern stehen Leute selbst von den Toten auf und melden sich nach Jahren in der Wildnis zurück. Welcome back, Sergio!

"Es zeigt, dass die Amerikaner zu kämpfen haben. Seit Tiger seine Probleme hat, kommt nicht mehr viel. Und wir sind so viel stärker geworden." Sprach Martin Kaymer. Und genau so sieht es aus.

Eine teure Anreise, Tigers Freund und Rorys Waschmaschine

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