SPOX: Herr Kaussler, Sie sind der Leiter der deutschen Bewerbung für den Ryder Cup 2022, wie oft denken Sie eigentlich aktuell jeden Tag an das große Ziel?
Marco Kaussler: (lacht) Im Endeffekt beschäftigt man sich jeden Tag 24 Stunden lang mit dem Thema. Die vergangenen Wochen und Monate waren extrem anstrengend, weil wir mit einem sehr engen Zeitfenster zu kämpfen hatten, um die Bewerbung durchzuplanen. Am Anfang sollte das Bid Book bis Mitte Februar abgegeben sein, dann wurde es richtigerweise noch bis Ende April verlängert. In der Zeit ist es uns gelungen, die richtigen Partien zusammenführen. Jetzt sind wir einfach erstmal froh, dass wir das Bid Book in der vergangenen Woche endlich abgeben konnten.
SPOX: Was sind denn die Schlüsselpunkte, die im sogenannten Bid Book stehen und erklären sollen, warum der Ryder Cup 2022 im Herbst nach Deutschland vergeben werden muss?
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Kaussler: Ich glaube, dass wir die richtigen Zutaten gefunden haben für eine aussichtsreiche Bewerbung. Wir gehen zum einen mit der Bundeshauptstadt Berlin ins Rennen, die unter anderem viele Hotelzimmer zur Verfügung stellen kann und sicher ein guter Gastgeber wäre. Dazu kommt eine Golfanlage mit Bad Saarow und dem A-ROSA Resort Scharmützelsee, wo die Spieler direkt vor Ort wohnen können. Sir Nick Faldo, seines Zeichens der erfolgreichste europäische Ryder-Cup-Spieler, würde seinen eigenen Faldo Course für den Ryder Cup 2022 umbauen. Außerdem spüren wir auch eine große Unterstützung aus der Politik, die uns sehr weiterhilft. Wir haben einen guten Mix gefunden und können sagen, dass unsere Bewerbung Hand und Fuß hat - und absolut Aussicht auf Erfolg.
SPOX: Wie ist die Wahl auf Bad Saarow gefallen?
Kaussler: Die Auswahl des Platzes war die größte Herausforderung. Beim Ryder Cup werden jeden Tag 50.000 Zuschauer erwartet, dafür braucht man zwischen den Löchern riesige Flächen. Wir haben uns mit Google Earth sehr viele Plätze angeschaut und konnten so auf den ersten Blick sehen, welche Plätze diese Flächen nicht haben. In Bad Saarow haben wir jetzt eine Möglichkeit gefunden, wo wir mit einem Umbau genügend Platz schaffen können. Wir werden einen State-of-the-Art-Ryder-Cup-Platz kreieren, auf dem 50.000 Fans hautnah Dramen erleben können. Es wird ein ganz herausragender Platz werden.
SPOX: Sir Nick Faldo wird den Platz wie angesprochen umbauen. Gibt es diesbezüglich schon erste Ideen? Ein Ryder-Cup-Platz muss ja für das Matchplay-Format gemacht sein.
Kaussler: Wir befinden uns noch in der Planung und benötigen noch einige Wochen, ehe wir erste Details vorstellen können. Aber wir haben schon erste Studien vorliegen und Sir Nick Faldo und sein Team arbeiten intensiv an der Konzeption. Man muss ja wissen, dass es nicht nur um kurstechnische Anpassungen geht, es muss auch an die Logistik mit Hospitality-Bereichen und deren Versorgung gedacht werden. Aber Nick ist mit voller Begeisterung dabei. Er wäre der Erste, der als Spieler und Captain beim Ryder Cup dabei war und der on top noch den Golfplatz designt hat. Darauf wäre er extrem stolz, deshalb ist er wirklich mit großer Leidenschaft am Werk.
SPOX: Wenn wir uns die Konkurrenz anschauen: Wer ist der gefährlichste Gegner?
Kaussler: Nachdem sich Portugal verabschiedet und seine Bewerbung zurückgezogen hat, bleiben also Spanien, Italien und Österreich. Spanien bewirbt sich mit dem PGA Catalunya, einem bestehenden Platz in der Nähe von Barcelona. Italien wäre mit dem Marco Simone Golf & Country Club außerhalb von Rom eine tolle Destination - Rom bewirbt sich ja zudem auch für die Olympischen Spiele 2024. Und Österreich hat mit dem Golfclub Fontana und der Nähe zu Wien auch eine spannende Bewerbung. Ich würde sagen, dass Italien und Österreich gleichauf unsere schärfsten Gegner sind. Gegen Spanien spricht ein wenig, dass sie den Ryder Cup 1997 in Valderrama ja schon mal hatten.
SPOX: 2022 Ryder Cup. 2024 Fußball-EM und Olympische Sommerspiele in Hamburg. Alles in Deutschland - das wäre der etwas unrealistische Traum. Gibt es zwischen den verschiedenen Bewerbungen Verknüpfungen?
Kaussler: Grundsätzlich müssen wir ja festhalten, dass wir seit einiger Zeit kein großes Sportevent mehr nach Deutschland bekommen haben. Sowohl die Olympia-Bewerbungen als auch die Ryder-Cup-Initiative für 2018 waren nicht von Erfolg gekrönt. Es wäre wirklich an der Zeit, dass mal wieder ein großes Event nach Deutschland kommt. Wenn wir versuchen, eine Verknüpfung herzustellen, müssen wir leider sehen, dass es von den Zeitschienen einfach überhaupt nicht zusammenpasst. Deshalb ist es nicht möglich, ein gemeinsames Konzept zu verfolgen. Wir haben uns auf unsere Bewerbung konzentriert und sehr stark daran orientiert, welche Stimmen wir auch von der Vergabestelle gehört haben. Da war zum Beispiel immer wieder Berlin zu hören. Außerdem war es sinnvoll, eine bestehende Anlage zu nehmen, weil es beim Neubau zu viele Risiken gibt. Das sieht man auch an der Anlage in Rio für 2016, der Platz ist wegen Bauverzögerungen immer noch nicht bespielbar.
SPOX: Sie haben vorhin die Unterstützung der Politik angesprochen: Das war ja nun nicht immer so. Innenminister Thomas de Maiziere hat sich unter Golf-Fans keine Freunde gemacht, um es sehr vorsichtig auszudrücken, als er bei der letzten Bewerbung davon sprach, dass der Ryder Cup ja nicht mal eine Weltmeisterschaft wäre.
Kaussler: Das war damals ein ziemlicher Kaltstart für die Bewerbung, das ist sicher richtig. Aber die Stimmung hat sich mittlerweile komplett gedreht. Der DGV hat den Kontakt zur Politik nie abbrechen lassen und den Dialog immer aufrechterhalten. Ob aus der Bundes- oder aus der Landespolitik oder in Zusammenarbeit mit unseren regionalen Ansprechpartnern - wir haben nur positives Feedback erhalten. Alle halten den Ryder Cup für ein tolles Event und würden sich freuen, wenn er nach Deutschland vergeben wird. Wir haben auch vor einigen Wochen einen Brief der Bundeskanzlerin bekommen, in dem sie sich für den Ryder Cup in Deutschland ausspricht. Angela Merkel hat uns ausdrücklich ihre volle Unterstützung zugesagt. Die Situation ist ganz anders als vor vier Jahren.
SPOX: Was würde eine erfolgreiche Bewerbung denn für den Golfsport in Deutschland bedeuten?
Kaussler: Wir brauchen ein Leuchtturm-Event für die Zukunft, das ist ganz entscheidend. Wenn wir uns die Kandidaten anschauen, sehen wir, dass Deutschland der größte Golfmarkt unter den Wettbewerbern ist. Bekommen wir den Zuschlag, haben wir die Chance, den Golfsport in Deutschland zu aktivieren und populärer zu machen. Wir wollen auch ein bisschen für einen Image-Wandel sorgen. Der Ryder Cup ist das emotionalste und tollste Golfevent auf der Welt. Wenn darüber in Deutschland berichtet wird, nicht nur dann über das Turnier an sich, wäre das eine ganz tolle Sache.
SPOX: Das Motto für 2022 ist ja auch "Schwarz-Rot-Golf". Glauben Sie wirklich, dass es einen Boom auslösen könnte? Die Major-Siege von Martin Kaymer hatten meiner Meinung nach leider nicht den ganz großen Effekt. Es gibt nach wie vor viel zu viele Leute, die nicht wissen oder verstehen, dass Kaymer global gesehen einer der größten deutschen Superstars ist.
Kaussler: Martin Kaymer hatte bei seinem wirklich unglaublichen zweiten Major-Sieg bei der US Open natürlich das große Pech, dass sein Triumph mit dem ersten DFB-Sieg bei der WM zusammengefallen ist. So ist sein Riesenerfolg in den Medien leider ziemlich untergegangen. Martin Kaymer und Bernhard Langer haben für den Golfsport in Deutschland viel getan, aber wir dürfen auch nicht erwarten, dass Golf in Deutschland in irgendeiner Art und Weise explodiert. Aber wenn wir mit einer Veranstaltung wie dem Ryder Cup mehr Aufmerksamkeit auf die Sportart lenken und zeigen können, welche Emotionen da herrschen, dann erwarte ich mir wie angedeutet positive Image-Effekte. Vergleichen Sie mal die Emotionen beim Ryder Cup mit den Emotionen bei einem Major-Sieg, das ist völlig anders. Und was gibt es Besseres als Freitagmorgen am 1. Tee auf der Tribüne zu sitzen und bei den ganzen Fangesängen zu warten, bis das erste Match rausgeht? Es gibt nichts Besseres. Das ist Golf in seiner schönsten Form.
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