DHB-Team setzt Ausrufezeichen

Von Für SPOX in Jönköping: Florian Regelmann
Silvio Heinevetter war beim überragenden Sieg gegen die Isländer der sichere Rückhalt
© Getty

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat bei der WM in Schweden ihre mathematische Restchance auf das Halbfinale gewahrt. Zum Auftakt der Hauptrunde besiegte das DHB-Team vor 5500 Zuschauern in der Kinnarps Arena zu Jönköping das zuvor noch ungeschlagene Island mit 27:24 (15:13). Es war die mit Abstand beste Turnierleistung und ein echter Statement-Win, der im Hinblick auf die Olympia-Qualifikation Gold wert sein könnte.

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Beste deutsche Torschützen waren Christian Sprenger (5) und Sebastian Preiß (5). Für die Isländer trafen Alexander Petersson (7) und Robert Gunnarsson (5) am besten.

Deutschland steht damit in der Hauptrunde jetzt bei 2:4-Punkten und darf noch ein bisschen vom Halbfinale träumen. Dafür müssten aber Frankreich oder Spanien patzen, was überaus unwahrscheinlich ist. Aber: Der Sieg gegen Island war eine perfekte Vorlage, mit weiteren Erfolgen gegen Ungarn und Norwegen womöglich das Spiel um Platz fünf zu erreichen und so einem nervenaufreibenden Spiel um Rang sieben aus dem Weg zu gehen.

Deutschland muss mindestens Siebter werden, um sich für ein Olympia-Qualifikationsturnier zu qualifizieren. Sollte dieses verpasst werden, würde Olympia 2012 in London wohl ohne das deutsche Team stattfinden. Denn als letzte Möglichkeit bliebe dann nur noch, 2012 Europameister zu werden...

Der WM-Spielplan: Alle Spiele, alle Gruppen, alle Topscorer!

Reaktionen:

Heiner Brand: "Es hat vieles geklappt. Die Mannschaft hat von Anfang an eine sensationelle Einstellung gezeigt. Das war eine konzentrierte Leistung. Jeder hat für jeden gekämpft. Es hat von außen Spaß gemacht, obwohl es ein bisschen aufregend war. Es freut mich vor allem, dass die Mannschaft gegen einen Top-Gegner gezeigt hat, dass wir in der Weltspitze mithalten können. Das haben uns ja viele nicht zugetraut."

... über die kommenden Aufgaben: "Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie so einen starken Gegner dominieren kann. Das zeigt, was in der Mannschaft drin steckt, auch wenn sie noch nicht so gefestigt ist. Es war wichtig zu sehen, dass man in der Lage ist, so ein Niveau zu erreichen. Ob die Mannschaft jetzt in der Lage ist, konstant solche Leistungen abzurufen, werden wir sehen."

Silvio Heinevetter: "Vielleicht sind wir jetzt auch im Kopf klarer. Wir wissen alle, dass wir zusammen für ein Ziel kämpfen."

Sebastian Preiß: "Wir waren sehr gut vorbereitet, sind sehr geschlossen auftreten und haben verdient gewonnen. Und ich gewinne lieber bei der WM als in der Vorbereitung."

Holger Glandorf: "Irgendwann musste bei mir der Knoten platzen. Es ist schön, dass ich der Mannschaft so helfen konnte. Sonntag wollen wir Kraft tanken und dann die nächsten beiden Spiele gewinnen."

Michael Kraus: "Nach der ganzen Kritik, die die Mannschaft einstecken musste, ist dieser Sieg natürlich Balsam. Jetzt wollen wir in den nächsten beiden Spielen an diese Leistung anknüpfen und noch zwei Siege holen. Ein bisschen träumen ist immer erlaubt."

Dominik Klein: "Wenn wir in der ersten und zweiten Welle eine halbe Sekunde den Ball zu spät gespielt haben, standen alle Spieler von unserer Bank sofort auf, um uns zu schnelleren Pässen anzutreiben. Das Tempospiel war unser absoluter Trumpf. Und wenn einer nicht mehr konnte, kam der nächste rein, und dann ging es so weiter."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Brand setzt sein Wechselspiel im Tor weiter munter fort. Logisch, wenn man zwei Weltklasse-Keeper hat. Diesmal steht zu Beginn wieder Heinevetter zwischen den Pfosten. Im Angriff starten erneut Gensheimer, Hens, Kraus, Pfahl, Sprenger und Preiß. Heißt: Pfahl wird Glandorf erneut vorgezogen. Zwischen Angriff und Abwehr tauschen wie gewohnt Kraus und Haaß.

10.: Tolle Leistung des DHB-Teams bislang! Gute Verteidigung und vorne eiskalt! Zunächst Kraus per 7-Meter und dann Pfahl. Ein Feuerwerk der Deutschen! 6:2.

15.: Ein bisschen haben sich die Wogen geglättet. Island versucht, das Tempo etwas aus der Partie zu nehmen. Aber immer dasselbe Muster beim DHB-Team: Schnelle Tempogegenstöße führen zum Erfolg. Sprenger trifft zum dritten Mal.

17.: Da ist die 5-Tore-Führung! Preiß nagelt das Ding in die Maschen.

21.: Jeder Schuß ein Treffer. Die deutschen spielen wie ein Uhrwerk in der Offensive. Nur die Defensive ist im Vergleich zum überragenden Beginn deutlich löchriger.

30.: Unfassbar. Heinevetter pariert stark, aber was macht er dann? Statt zwölf Sekunden vor der Pause einen einfachen Pass an die Mittellinie zu spielen, versucht er einen langen und völlig sinnfreien Ball, der prompt abgefangen wird. Dafür gibt's erst mal einen richtigen Einlauf von Kapitän Hens. Halbzeit. 15:13 Deutschland.

42.: Da ist der Ausgleich für die Skandinavier! Stefansson trifft aus sieben Metern gegen Heinevetter. 18:18.

43.: Glandorf packt den Hammer aus! Da ist die Führung wieder! Direkt danach trifft Sprenger mit einem gefühlvollen Heber! Geht doch!

47.: Glandorf, Glandorf, Glandorf! Was für ein Wurf aus dem Rückraum zum 21:19!

52.: Drei-Tore-Führung! Und Silvio Heinevetter hält alles, was auf ihn zukommt! Irre Partie jetzt.

58.: Klein trifft! Fünf Tore vor und nur noch zwei Minuten! Das war's.

Deutschland - Island: Das Spiel im Re-Live

Der Star des Spiels: Silvio Heinevetter. Islands potenten Angriff über 60 Minuten bei 24 Toren zu halten, ist einfach nur stark. Der Sieg war das Ergebnis einer überragenden Abwehrleistung und eines überragenden Torhüters. Bitter oder Heinevetter - da kann Brand grundsätzlich nie was falsch machen. In der entscheidenden Phase waren es die vielen Big Saves von Heinevetter, die Island verzweifeln ließen. Außerdem stark: Top-Joker Glandorf. Und auch Sprenger. Über den Kieler wird bei dieser WM kaum gesprochen, aber er spielt ein richtig gutes Turnier.

Der Flop des Spiels: Olafur Stefansson. Er ist der absolute Superstar in seinem Land. Er ist einer der besten, wenn nicht der beste rechte Rückraumspieler der Welt, aber gegen Deutschland war von Stefansson kaum was zu sehen. Normal versteht er es auf geniale Weise, ein Spiel von der Halbposition zu lenken, aber weder das gelang ihm noch trat er als Torschütze groß in Erscheinung. Als Island ins Spiel zurückfand, saß Stefansson sogar auf der Bank, weil es mit Petersson, der wie gewohnt als Rechtsaußen startete, auf halbrechts besser lief.

Analyse: Nach Spanien und Frankreich bekam es Deutschland mit den bis dato noch  ungeschlagenen Isländern mit der dritten Top-Truppe zu tun - und der Start war gleich verheißungsvoll. Nachdem die ersten Aktionen Island gehörten, hatte das DHB-Team seine vielleicht beste Phase im Turnier und setzte sich mit einem 6:0-Lauf bis zur 10. Minute auf vier Tore ab (6:2). Islands Coach Gudmundur Gudmundsson war schon früh gezwungen, eine Auszeit zu nehmen.

Statistik: Die besten Torschützen und die besten Vorbereiter

Warum die Isis so große Probleme hatten, war klar. Das deutsche Team spielte so, wie es spielen muss, wenn es Erfolg haben will. Die Abwehr stand im Verbund mit einem glänzenden Heinevetter überragend, woraus sich das deutsche Tempospiel gut entwickeln konnte. Zudem wurden im Angriff diszipliniert, mit viel Bewegung und Zug zum Tor immer wieder klare Chancen herausgearbeitet. Vor allem Preiß konnte sich in Szene setzen. Bei Kraus gab es zwar ein paar Mal auch wieder Schatten, aber auch viel Licht - so gelang ihm einmal ein echter Traumpass an den Kreis.

Islands großer Star Stefansson war überhaupt kein Faktor, auch weil er von seinem Löwen-Teamkollegen Uwe Gensheimer extrem offensiv verteidigt wurde. Islands Angriff kam erst besser in Fahrt, als Aron Palmarsson auf dem Feld stand. Auch aufgrund einiger Unzulänglichkeiten im deutschen Spiel verkürzte Island, das jetzt selbst öfter in den Gegenstoß kam, den zeitweiligen Fünf-Tore-Rückstand bis zur Halbzeit auf zwei Tore. Es war aber auch klar, dass man so einen Top-Gegner nicht 60 Minuten lang dominieren würde.

Nach der Pause schien das Spiel zu kippen. Island holte immer weiter auf und glich das Spiel sogar aus (18:18). Die DHB-Auswahl ließ sich aber davon nicht beirren und schlug mit einem eigenen 7:2-Run postwendend zurück. Dank Heinevetter.

Und dank Glandorf. Der Lemgoer hatte bis weit in die zweite Hälfte auf der Bank geschmort, aber dann brachte ihn Brand. Und Glandorf hatte mit vier Toren einen großen Anteil an einem großen Sieg. Das leidenschaftlich auftretende DHB-Team hat ein echtes Ausrufezeichen gesetzt und bewiesen, dass es große Mannschaften niederringen kann. Mit diesem Selbstbewusstsein wäre die ärgerliche Pleite gegen Spanien wohl nicht passiert. Genau wegen diesen zehn Minuten gegen Spanien ist es nun wahrscheinlich zu spät fürs Halbfinale. Aber noch ist träumen erlaubt.

Der Spielplan der Handball-WM 2011

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