Andreas Wolff hat ein großes Ziel: Als Nummer 1 im Tor mit dem DHB-Team eine Medaille bei einem großen Turnier gewinnen! Bei SPOX spricht der 23-Jährige von der HSG Wetzlar über die Legenden Ivano Balic und Jose Hombrados, die Aufbruchstimmung in der Nationalmannschaft, rustikale Trainer und Fans im Fitnessstudio.
SPOX: Andreas, erklären Sie uns doch mal, wie man darauf kommt, sich ausgerechnet im Handball ins Tor zu stellen?
Andreas Wolff: (lacht) Ganz einfach: Ins Tor bin ich bei meinen ersten Handball-Gehversuchen gegangen, weil ich in der damaligen Jugend niemanden kannte und am Anfang sehr nervös war.
SPOX: Und wenn einem als Kind die Bälle um die Ohren fliegen, dann legt man seine Nervosität ab?
Wolff: Das mit der Angst hat sich dann recht schnell gelegt. Ich merkte, dass ich Talent für die Torhüterposition habe. Außerdem kommen die Würfe, umso höher man spielt, immer platzierter. Schmerzhafte Treffer sind dann nicht mehr üblich.
SPOX: Durch Ihre permanente Steigerung haben Sie sich auch in den Blickpunkt der Nationalmannschaft gespielt. Was hat es Ihnen bedeutet, vor einiger Zeit für die Länderspiele gegen die Schweiz nominiert worden zu sein?
Wolff: Es war schon immer mein großes Ziel, für Deutschland zu spielen. Es hat mir deshalb natürlich viel bedeutet. Es ist der Lohn für die Arbeit, die man tagtäglich verrichtet und einfach etwas Schönes. Nun gilt es sich vom erweiterten Kader in den Hauptkader vorzuarbeiten und Deutschland auch in Pflichtspielen zu vertreten.
SPOX: Hat Ihnen Bundestrainer Dagur Sigurdsson gesagt, wieso Sie zum Auftakt der EM-Qualifikation gegen Finnland und Österreich "nur" im erweiterten Kader waren?
Wolff: Er wollte bei diesen extrem wichtigen Spielen einfach auf Erfahrung setzen. Carsten Lichtlein hat schon sehr viele Spiele für die Nationalmannschaft gemacht und das hat in dieser Situation auch geholfen. Er hat starke Leistungen gebracht.
SPOX: Aber Sie sehen sich langfristig schon als Nummer eins im Tor?
Wolff: Ja, davon träume ich natürlich! Wir haben in Deutschland viele gute Torhüter. Ich muss noch viel an mir arbeiten. Aber wenn ich es schaffe, mein Leistungspotenzial abzurufen, bleibe ich für die Nationalmannschaft immer interessant.
SPOX: Damit nicht genug. Ihr Ziel ist eine Medaille bei einer Weltmeisterschaft, einer Europameisterschaft oder Olympischen Spielen. Dabei waren die letzten Jahre des DHB nicht gerade von Erfolg gekrönt. Was stimmt Sie trotzdem so optimistisch?
Wolff: Beim DHB wurden alte Strukturen aufgebrochen und neue geschaffen. Da weht jetzt ein frischer Wind und wenn wir unser Leistungspotenzial, das ohne Zweifel vorhanden ist, abrufen, werden wir über kurz oder lang wieder um Medaillen mitspielen können.
SPOX: In Wetzlar spielen Sie mit dem Weltstar Ivano Balic zusammen, von dem Sie viel für die Zukunft lernen können. Wie würden Sie ihn beschreiben?
Wolff: Er ist einfach ein super Typ! Nicht nur wegen seinen Fähigkeiten in Sachen Handball, sondern auch wegen seinen Charaktereigenschaften. Er hilft jedem im Team und spricht mit jedem. Da er schon so lange Handball auf höchstem Niveau spielt, hat er auch für Torhüter wie mich immer wieder gute Tipps. Seine Erfahrung gibt er gerne weiter. Wenn er der Meinung ist, dass er mir helfen kann, kommt er auf mich zu und erklärt mir Dinge. Es macht einfach Spaß, mit ihm zu arbeiten.
SPOX: Dabei hat man auch schon gehört, dass Balic ein eher unnahbarer, manchmal sogar arroganter Mensch sein soll.
Wolff: Ich weiß wirklich nicht, welche Leute ihn als arrogant bezeichnen und warum. Meiner Meinung nach ist er alles andere als das! Er ist natürlich nach außen etwas introvertiert und sieht es grundsätzlich nicht als nötig an, zu viele Worte zu verlieren. Wenn er was sagt, dann hat das aber Hand und Fuß. Ich glaube, dass es manchmal nicht einfach für ihn ist, wenn nach dem Spiel viele Fans auf ihn einreden, ein Autogramm oder Foto wollen. Nur weil er vielleicht aus Mangel an Zeit nicht mit jedem ausgiebig sprechen kann, ist er aber nicht gleich arrogant. Ganz im Gegenteil!
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SPOX: Und wie verstehen Sie sich mit Spaniens Torhüter-Legende Jose Hombrados?
Wolff: Sehr gut! Jotas Erfahrungen sind unglaublich wertvoll. Er und Ivano sind einfach Spieler, die nicht nur aufgrund ihrer Erfolge so gute Spieler sind, sondern aufgrund ihrer Einstellung zum Profisport und ihrem Verhalten gegenüber jungen Spielern und Mitspielern.
SPOX: Wie hilft er Ihnen genau weiter?
Wolff: Zum Beispiel im Bereich der Spielstrategie. In diesem Punkt kann er mir enorm weiterhelfen. Er kennt verschiedene Strategien, da er schon mit so vielen guten Handballern zusammengespielt hat.
SPOX: Stichwort Spielstrategie. Ihr Torwart- und Co-Trainer Jasmin Camdzic nannte dies als einen der Punkte, an denen Sie noch arbeiten müssten.
Wolff: Genau. Jota schafft es, mir diese Strategien in Verbindung mit Jasko (Jasmin Camdzic, Anm. d. Red.) auch näher zu bringen. Er verdeutlicht mir, wie gewisse Bewegungsabläufe auszusehen haben. Eine Stärke von ihm ist, typische Würfe von Spielern zu erkennen respektive Spielertypen einschätzen zu können. Die Spielstrategie ist etwas, das ein Torhüter individuell im Laufe der Jahre erlernt. Das lässt sich für einen selbst nicht so schnell bewerkstelligen. Da hilft die Erfahrung von Jose natürlich enorm.
SPOX: Spielstrategie ist das eine. Doch Ihr Torwarttrainer sprach auch noch von anderen Dingen, die Sie verbessern müssten. Stichwort mentale Stärke. Wie weit sind Sie in diesem Punkt?
Wolff: Im mentalen Bereich, das wurde mir auch schon attestiert, habe ich Fortschritte gemacht. Wenn es wie zuletzt Spiele gibt, in die ich nicht so gut rein komme und dann neu eingewechselt werde, schaffe ich es beim zweiten Mal, eine bessere Leistung abzurufen, ohne mich mit dem Vorangegangen zu beschäftigen.
SPOX: Sie sind seit 2013 bei der HSG Wetzlar - einem absoluten Traditionsverein in der HBL. Welche Bedeutung hat der Handball in Wetzlar?
Wolff: Handball ist die Sportart Nummer eins in unserer Region! Die HSG Wetzlar ist als Erstligist das Aushängeschild. Unsere Halle ist bei den Heimspielen immer voll. Es herrscht eine sensationelle Atmosphäre und wir sind sehr stolz auf unsere Fans. Wetzlar lebt den Handball und die HSG - das ist einfach toll!
SPOX: Werden Sie auch außerhalb der Halle angesprochen?
Wolff: Durchaus. Im Fitnessstudio, in der Stadt, beim Spazierengehen. Da wird man dann gefragt, wie das Spiel war und woran es bei Niederlagen gelegen hat. Der Klub hat ein enormes Fanpotenzial, das merkt man jeden Tag, und es ist an uns, mit Siegen dafür zu sorgen, dass das Interesse an der HSG noch weiter wächst.
SPOX: Und Sie tauschen sich gerne mit den Fans aus?
Wolff: Das hängt natürlich, wie bei jedem Menschen, auch mal von der Laune ab. Grundsätzlich weiß ich aber, wie wichtig die Fans für uns sind und dass viele wirklich viel Zeit, Geld und Enthusiasmus investieren, um uns immer zu unterstützen. Da nimmt man sich gerne Zeit!
SPOX: Sie haben im sportlichen Bereich in den kommenden Jahren viel vor. Ihren Zielen mussten Sie andere Dinge unterordnen - zum Beispiel Ihr Studium Internationales Management in Ansbach.
Wolff: Richtig. Das hat sich leider aufgrund von Zeitmangel zerschlagen. Die nötigen Anforderungen habe ich mit der Zeit einfach nicht mehr hinbekommen. Also musste ich sagen: Entweder mache ich das ganz oder gar nicht. Das war mir auf Dauer dann doch zu stressig.
SPOX: Sie setzen zumindest vorerst alles auf die Karte Handball?
Wolff: Ja, genau. Ich konzentriere mich voll auf die HSG Wetzlar und das zweite Standbein wird aufgebaut, wenn ich dafür Zeit habe.
SPOX: Die HSG steht derzeit im unteren Mittelfeld. Wie schätzen Sie dort die aktuelle sportliche Lage ein?
Wolff: Wir sind zufriedenstellend in die Saison gestartet, zuletzt lief es nicht ganz so toll. Die Tabelle ist dahingehend verzerrt, dass manche Mannschaften mehr Spiele haben als andere. Wir wollen uns in den nächsten Partien in der Tabelle nach oben schieben. Ich bin optimistisch, dass das klappt, aber wir müssen wissen, dass es nach den vielen Verletzungen und Ausfällen jetzt ausnahmslos um den Kampf um den Klassenerhalt geht.
SPOX: Läuft es nicht, dann kann Cheftrainer Kai Wandschneider ganz schön rustikal werden, heißt es. Stimmt das?
Wolff: Nein! Richtig rustikal wird er eigentlich nicht. Ich habe schon von Trainern gehört, die da rustikaler werden (lacht). Er legt im Training einen respektvollen Umgang mit seinen Spielern an den Tag. Er versucht, die Mannschaft zu führen und anzuleiten. Wenn Fehler passieren, spricht er die ruhig im Training an und versucht nicht jemanden anzupflaumen.
SPOX: Wie sieht Ihre Zukunft im Handball aus? Ihr Vertrag wurde diesen Sommer bei der HSG bis 2017 verlängert.
Wolff: Es ist auf jeden Fall ein weiterer Traum von mir, zu einem größeren Verein zu wechseln. Ich denke, ich bin hier in Wetzlar derzeit gut aufgehoben, bekomme hier Spielpraxis und optimale Trainingsmöglichkeiten garantiert. Und wenn sich meine Leistung so entwickelt, wie ich und meine Trainer das erhoffen, dann werde ich auch eines Tages für einen großen Klub spielen. Aber ich bin für einen Torhüter ja noch jung und habe hoffentlich noch viele Jahre Profisport vor mir.
SPOX: Aber einen Favoriten haben Sie nicht?
Wolff: Nein, die stärksten vier bis fünf Teams sind alle interessant. Da favorisiere ich jetzt keinen.
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Andreas Wolff im Steckbrief