Hoch leben die Zebras

Felix Götz
30. Mai 201512:59
Der THW Kiel träumt vom Gewinn der Champions Leaguegetty
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Die Konkurrenz beim womöglich besten Final Four aller Zeiten (ab 15.15 Uhr im LIVE-TICKER) ist heftig wie nie. Doch Abwehr und Rückraum sind die Trümpfe des THW Kiel. Zudem: Furchtlose Ungarn, ein Außenseiter und Spanier mit klaren Vorstellungen.

4. KS Vive Tauron Kielce

Der Weg zum Final Four: Zehn Spiele, zehn Siege - besser geht es nicht. Kielce sicherte sich als einziges Team in der Königsklasse ohne Punktverlust Platz eins in Gruppe D. Im Achtelfinale wurde Montpellier ausgeschaltet, obwohl es im Rückspiel in eigener Halle eine Pleite setzte. Mit zwei Siegen gegen HC Vardar PRO Skopje glückte schließlich der Einzug in die Runde der letzten Vier.

Erfolge: 12 Mal polnischer Meister, 12 Mal polnischer Pokalsieger, 3. Platz in der Champions League 2013.

Das ist Kielce: Eines vorneweg: Jede der vier teilnehmenden Mannschaften hat genügend Qualität, um das Ding zu gewinnen. Dennoch stehen die Chancen für Kielce sicher am schlechtesten. Die Polen sind in Köln so etwas wie der Außenseiter - wenn auch mit mehreren Stärken.

Da wäre beispielsweise der Trainer. Talant Dujshebaev ist ein Taktikfuchs, der seine Teams außerdem traditionell dazu antreibt, emotional zu agieren. Ein wichtiger Faktor bei einem Final Four, zumal für einen Außenseiter. "Klar sind Barcelona, Kiel und Veszprem favorisiert", sagte der zweimalige Welthandballer: "Aber wir haben alle Mann an Bord und glauben an unsere Chance."

In Kielce stehen viele der besten polnischen Spieler unter Vertrag. Karol Bielecki beispielsweise, der mit 76 Toren der beste Werfer des Teams in der aktuellen Champions-League-Saison ist. Hinzu kommen Krzysztof Lijewski oder Michal Jurecki, nicht zu vergessen im Tor Slawomir Szmal. Kielces wohl größte Waffe ist allerdings ein Spanier. Julen Aguinagalde ist zweifellos einer, wenn nicht der beste Kreisläufer der Welt.

Auffällig: Obwohl Kielce eine etwas in die Jahre gekommene Truppe hat, stehen im Kader der Polen mit Uros Zorman und Tobias Reichmann nur zwei Spieler - und damit weniger als in allen anderen Mannschaften beim Final Four - die schon einmal die Königsklasse gewannen.

Prognose: Kielce wird Barcelona im ersten Halbfinale das Leben schwer machen, letztlich aber verlieren. Die individuelle Klasse der Spanier ist ebenso höher wie die von Kiel und Veszprem.

3. MKB Veszprem KC

Der Weg zum Final Four: Mit neun Siegen und einer Niederlage beendete Veszprem die Gruppe C auf dem ersten Rang - vor Vardar Skopje und den Rhein-Neckar Löwen. Im Achtelfinale wurde La Rioja locker ausgeschaltet, anschließend war Paris mit einem Remis und einem Sieg fällig.

Erfolge: 23 Mal ungarischer Meister, 24 Mal ungarischer Pokalsieger, 2 Mal Sieger im Europapokal der Pokalsieger, 2. Platz in der Champions League 2002.

Das ist Veszprem: Wie schon in der vergangenen Saison wurden die Ungarn auch in dieser Spielzeit von Beginn an als Geheimfavoriten auf den Titel gehandelt. Im vergangenen Jahr setzte es im Halbfinale eine 26:29-Niederlage gegen Kiel. Gelingt nun die Revanche? SPOX

Kiels Gegner Veszprem: Das Monster vom Balaton

Fakt ist: Die Truppe von Coach Antonio Carlos Ortega hat es in sich. Die Abwehr ist schwer zu knacken, aus dem Rückraum ist Torgefahr und Power garantiert. Momir Ilic ist mit 101 Treffern der aktuell beste Werfer in der Champions League, auch die ungarische Legende Laszlo Nagy flößt jedem Gegner großen Respekt ein.

"Wir haben keine Angst, das Lehrgeld haben wir schon im letzten Jahr bezahlt", gibt sich Nagy selbstsicher, der für das mittlerweile sehr finanzstarke Veszprem in Abwehr und Angriff von enormer Bedeutung ist.

Prognose: Veszprem wird Kiel im Halbfinale das Leben zur Hölle machen. Warum es letztlich trotzdem nicht reichen wird? Der THW genießt quasi Heimvorteil, was das Zünglein an der Waage sein könnte. Zumal die Ungarn ihre besten Leistungen meistens in eigener Halle zeigen und auswärts nicht immer sattelfest sind.

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2. FC Barcelona

Der Weg zum Final Four: Barca sicherte sich den Sieg in Gruppe B. Lediglich bei Wisla Plock setzte es eine Niederlage. In der Runde der letzten 16 schossen die Katalanen Aalborg aus der Halle (31:11 im Hinspiel!!!), im Viertelfinale gab es zwei Siege gegen Zagreb.

Erfolge: 25 Mal spanischer Meister, 9 Mal spanischer Meister, 8 Mal Champions-League-Sieger, 1 Mal EHF-Pokal-Sieger, 5 Triumphe im Europapokal der Pokalsieger.

Das ist Barcelona: Nikola Karabatic, Kiril Lazarov und Siarhei Rutenka. Muss man mehr über Barca sagen? Dieses Trio alleine garantiert einem Klub, in Europa ganz vorne mit dabei zu sein. Freilich ist das noch nicht alles. Mit dem "Katari" Danijel Saric und Gonzalo Perez de Vargas verfügen die Spanier über ein herausragendes Gespann zwischen den Pfosten.

"Wir fahren nach Köln, um am Sonntag die Trophäe zu holen", stellt der frühere Kieler Gudjon Valur Sigurdsson klar.

Das Problem der Spanier: In der heimischen Liga wird die Truppe von Coach Xavier Pascual Fuertes so gut wie nie ernsthaft gefördert. Deshalb wird Barca auf europäischer Ebene ab und zu kalt erwischt. So wie im vergangenen Jahr bei der Halbfinal-Pleite gegen Flensburg.

Übrigens: Sollte Barcelona den Titel holen, würde Rutenka Geschichte schreiben. Der gebürtige Weißrusse würde damit nicht nur in den elitären Kreis der Spieler vorstoßen, die sechs Mal die Champions League gewonnen haben. Er wäre der erste Akteur überhaupt, der mit drei verschiedenen Klubs triumphiert hat.

Prognose: Barcelona wird sich dank seiner Klasse gegen Kielce durchsetzen und am Sonntag im Traumfinale auf den THW Kiel treffen. Eng wird es allemal - doch der THW wird sich letztlich knapp durchsetzen.

1. THW Kiel

Der Weg zum Final Four: Neun Siege, eine Niederlage: Auch der THW setzte sich in seiner Gruppe locker als Erster durch. Anschließend wurde in der Neuauflage des Endspiels von 2014 Flensburg locker ausgeschaltet. Im Viertelfinale verloren die Zebras zwar das Hinspiel in Szeged, machten aber im Rückspiel alles klar.

Erfolge: 19 Mal deutscher Meister, 9 Mal deutscher Pokalsieger, 3 Mal Champions-League-Sieger, 3 Mal EHF-Pokalsieger

Das ist Kiel: Eine bockstarke Abwehr, im Rückraum ein ganzes Arsenal an Topleuten wie Domagoj Duvnjak, Steffen Weinhold, Joan Canellas oder Marko Vujin. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der THW hat nach wie vor den besten Kader und ist damit der Favorit auf den Champions-League-Sieg 2015.

"Wir sind schon einmal als Riesenfavorit nach Köln geflogen. Am Ende wurden wir Vierter", erinnert Filip Jicha an 2013. Klar: Ein Selbstläufer ist ein Final Four in der Königsklasse nie. "Beim Final Four entscheiden Tagesform und der größere Wille", so Jicha weiter.

Alfred-Gislason-Porträt: Mit Haut und Haaren

Wille? Das ist zweifelsohne eine der ganz großen Stärken der Mannschaft von der Förde. Zudem wird Trainer Alfred Gislason seine Jungs wie immer hervorragend auf die Gegner einstellen. Seit Wochen - so ist zu hören - tüftelt der Isländer an den richtigen Taktiken.

Ein kleineres Problem haben die Kieler in dieser Saison zwischen den Pfosten. Dort fehlt im Gegensatz zur Vergangenheit ein Mann wie Thierry Omeyer, der absolute Weltklasse verkörpert. Und dann fällt ja auch noch Johan Sjöstrand aus.

Prognose: Der THW wird zwei Mal alles abrufen müssen, wird sich letztlich aber die Krone aufsetzen. Nach zwei Jahren ohne CL-Titel sind die Zebras extra motiviert, der Heimvorteil wird das Gislason-Team zusätzlich beflügeln.

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