Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft hat mit einer 68:70-Niederlage gegen Kroatien denkbar knapp das EM-Viertelfinale verpasst.
Mit einem Sieg wäre das stark verjüngte DBB-Team und nicht Kroatien weitergekommen. Bester Werfer für Deutschland war Heiko Schaffartzik mit 18 Punkten bei einer hundertprozentigen (!) Wurfquote, die Osteuropäer hatten in Roko-Leni Ukic (ebenfalls 18) den Topscorer. Deutschland unterliefen 20 Turnover (11 mehr als Kroatien), zudem gestattete das Team den Kroaten 13 Offensiv-Rebounds.
"Der Schmerz über die Niederlage überwiegt. Mit jeder Stunde sollte aber der Stolz über das Erreichte zurückkommen. Wir waren ganz knapp dran. Wir haben Europa mit dem erstaunt, was wir geleistet haben", sagte Bundestrainer Dirk Bauermann.
Durch das Ausscheiden hat Deutschland auch die Qualifikation für die WM 2010 in der Türkei verpasst. Dafür wäre mindestens Rang sechs oder (wenn Türkei unter den ersten sechs Teams landet) Rang sieben nötig gewesen.
Einzige Hoffnung: Der Weltverband FIBA vergibt vier Wild Cards. Sollten sich Dirk Nowitzki und womöglich Chris Kaman zu einer Rückkehr entschließen, hat das DBB-Team gute Aussichten.
1. Viertel | 2. Viertel | 3. Viertel | 4. Viertel | Endstand | |
Deutschland | 19 | 13 | 18 | 18 | 68 |
Kroatien | 20 | 17 | 12 | 21 | 70 |
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Tip-off: Zwei Überraschungen beim DBB-Team. Ohlbrecht statt Jagla und Wysocki für Benzing in der Starting Five.
3.: Greene mit zwei Fehlwürfen und einem Turnover zu Beginn, Ukic und Planinic bestrafen es von Downtown. 8:2 Kroatien.
7.: Wichtig! Schaffartzik for three. 16:10 Kroatien.
9.: Schaffartzik und Jagla wechseln sich beim Dreier-Werfen ab. Diesmal ist es Jagla! 19:18 Deutschland.
11.: Deutschland mit dem vierten vergebenen Dreier innerhalb von 1:14 Minuten. 22:19 Kroatien.
15.: Jagla und Hamann viel zu zögerlich, beide werden weggeblockt. Kus mit dem tollen Durchstecker zu Loncar. 27:21 Kroatien.
20.: Deutschland bleibt dran! Jagla erst von Downtown, dann mit etwas Glück per Drive mit dem Buzzer. 37:32 Kroatien zur Halbzeit.
24.: Wieder Ukic! Hamann kriegt ihn nicht in den Griff. 43:36 Kroatien.
30.: Ganz wichtig! Hamann quasi mit dem Ende des dritten Viertels per Drive zum 50:49 Deutschland.
33.: Staiger mit dem, was er am besten macht: Den Dreier reinnageln! 57:54 Deutschland.
35.: Die Schiris pfeifen drei Sekunden gegen Greene. Viel zu kleinlich - und richtig bitter. 57:54 Deutschland.
37.: Wilder Wurf von Ukic, fällt mit viel Glück rein. 59:57 Kroatien.
38.: Hamann mit dem sechsten (!) deutschen Turnover in Serie! Popovic bestraft es mit dem siebten Kroaten-Punkt in Serie. 61:57 Kroatien.
39.: Femerling trifft, aber Loncar mit dem Konter von Downtown. Der tat weh. 64:59 Kroatien.
40.: Schaffartzik mit zwei schnellen Dreiern hintereinander zum 67:65 Kroatien, aber Kus behält an der Linie die Nerven. Noch 12 Sekunden, 69:65 Kroatien.
40.: Greenes Verzweiflungsdreier wird fast zum Airball, Rozic trifft 1 von 2 Freiwürfen. 70:65 Kroatien. Hamanns Dreier mit dem Buzzer ist nur Kosmetik, am Ende gewinnt Kroatien mit 70:68.
Der Star des Spiels: Heiko Schaffartzik. Wer weiß, bei welchem europäischen Topklub Mister 100 Prozent gelandet wäre, wenn er nicht schon vor dem Turnier für Braunschweig unterschrieben hätte. Das Griechenland-Spiel war schon herausragend, noch eine Spur höher ist es jedoch einzustufen, wenn jemand in einem solch wichtigen Spiel wie gegen Kroatien alle Würfe (!) versenkt. 6 von 6 aus dem Feld und alle 5 Dreier verwandelt für 18 Punkte.
Als in der Endphase die Knie und Wurfhände der sogenannten Haudegen zitterten, behielt Debütant Schaffartzik die Nerven und hielt Deutschland mit zwei wahnsinnigen Distanzwürfen im Spiel. Im Vergleich zu Hamann auch mit ordentlicher Defense gegen Kroatiens Besten, NBA-Point-Guard Ukic. Einziges Manko: Mit zunehmendem Turnierverlauf traute sich Schaffartzik immer seltener, seine spektakulären und effektiven No-Look-Pässe zu spielen. Von den Point-Guard-Skills her kann er wesentlich mehr als 3 Assists liefern.
Die Gurke des Spiels: Demond Greene. Ausgerechnet der beständigste Routinier des Turniers erlebte im wichtigsten Spiel einen Albtraum. 0 von 7 aus dem Feld, zwei Pünktchen von der Freiwurf-Linie, 4 Turnover, 0 Assists. Unerklärlich, warum ausgerechnet Greene den wichtigen Dreier nehmen dufte, der Deutschland auf 68:69 herangebracht hätte.
Ebenfalls erwähnenswert: Kroatiens Center-Superstar Vujcic (Olympiakos). Überraschend aus der Starting Five bugsiert, wirkte er in seinen 5 Einsatz-Minuten völlig verunsichert. Seine Bilanz: 0 von 3 aus dem Feld und 1 Turnover. Dank Vujcic kam Deutschland zurück ins Spiel.
Die Lehren des Spiels: Die Zahl klingt ernüchternd: 5 Niederlagen in 6 Spielen - und doch hinterließ das DBB-Team einen überraschend guten Eindruck. Sinnbildlich das Kroatien-Spiel. Kroatien bot Stars wie Ukic, Planinic und Popovic (beide 11 Punkte) auf, Deutschland Zweitliga- (Benzing) und sogar Drittliga-Spieler (Harris), dennoch sah das DBB-Team nicht schlechter aus als die Mannschaft, die letztes Jahr gegen die Osteuropäer in der Olympia-Quali unterlag. Damals waren aber Nowitzki und Kaman dabei. Erstaunlich, wie sich der reaktivierte Femerling (6 von 7 für 15 Punkte) über das Turnier hinweg verbesserte.
Nichtsdestotrotz bleiben genügend Baustellen, auch das zeigte das Kroatien-Spiel. Playmaker Hamann machte einen oder zwei Schritte in seiner Entwicklung zurück, vor allem sein Wurf wurde noch schlechter, so erstaunlich das klingt. Weil sein Dreier derart ungefährlich ist, kann der Gegenspieler tief absinken und den Raum für den deutschen Shooting Guard und Small Forward eng machen.
Zudem blieb das Turnier über das Problem, wenn der Gegner die Spielzüge über schnelle Guards (Ukic) oder wurfstarke Forwards (Nicevic: 5 von 6 für 10 Punkte) laufen ließ. Es fehlt ein Defensiv-Stopper, einer, wie es Hamann früher einmal war. Und: Gegen Kroatien fehlte von Schaffartzik abgesehen schlicht die Nervenstärke, auch bei den vermeintlich Erfahrenen im Kader.
In der ersten Halbzeit wurden innerhalb von 1:14 Minuten 4 Dreier in Folge verworfen, zudem unterliefen der Mannschaft in der Endphase 6 Turnover hintereinander (insgesamt 20). In Kombination mit den 13 Offensiv-Rebounds der Kroaten die entscheidenden Faktoren für die bittere Niederlage.