"Ohne mich steigt Uli Hoeneß aus"

Von Interview: Haruka Gruber / Philipp Dornhegge
Aufstiegskurs: Bayern-Coach Dirk Bauermann (r.) mit Präsident Uli Hoeneß
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SPOX: Welche Folgen hätte ein Ausstieg der Bayern aus dem Spitzenbasketball?

Bauermann: Der FC Bayern hat dem deutschen Basketball die Chance eröffnet, einen Quantensprung hinzulegen und zehn, vielleicht sogar 20 Jahre zu überspringen. Man muss sich nur vorstellen, was schon in der kommenden Saison alles in der Wirtschaft und bei der TV-Präsenz möglich ist. Ohne die Bayern wäre all das jedoch nur schwer oder unmöglich zu realisieren. Deswegen bin ich auch den ungewöhnlichen Schritt gegangen und habe mich bereit erklärt, in die ProA zu gehen. Jeder hat mir gesagt: 'Du bist wahnsinnig, du darfst das nicht machen!' Aber am Ende ist es auch meine Verantwortung als Bundestrainer, sicherzustellen, dass es weitergeht mit dem Sport. Auch wenn ich in der Doppelfunktion keinen Cent mehr verdiene, als wenn ich nur Bundestrainer geblieben wäre und acht Monate im Jahr wesentlich weniger Stress gehabt hätte.

SPOX: Kommt ein Rücktritt von der Nationalmannschaft in Frage, um im Zweifelsfall dem FC Bayern erhalten zu bleiben? Zumindest bringt Hoeneß diese Variante ins Spiel.

Bauermann: Ein Rücktritt ist kein Thema, mein Vertrag mit dem DBB läuft bis 2013. Das große Ziel von Dirk Nowitzki und uns allen sind die Olympischen Spiele 2012, dabei bleibt es und das wissen auch die Bayern. Weitergehende Gedanken mache ich mir derzeit nicht.

SPOX: Womöglich können Sie Nowitzki auch bei den Bayern trainieren, sollte es in der NBA zu einem Lockout kommen.

Bauermann: Es ist ein schönes Gedankenspielchen, das sich hervorragend für die Internet-Foren eignet, aber ich halte dieses Szenario für höchst unwahrscheinlich. Auch wenn Bayern-Vize Rauch schon verkündet hat, dass er auf Knien mit Uli Hoeneß auf den Schultern nach Dallas krabbeln würde, um Dirk von den Bayern zu überzeugen. (lacht)

SPOX: Wie sieht unabhängig vom Lockout Nowitzkis Perspektive im DBB-Team aus?

Bauermann: Sehr gut. Dirk ist ein Mann von großer Loyalität und Verlässlichkeit, deswegen können wir alle davon ausgehen, dass er seine Ankündigung wahr macht und an der EM 2011 teilnimmt.

SPOX: Chris Kaman hingegen haben Sie nach seinen Verletzungen in dieser Saison bereits abgeschrieben?

Bauermann: Überhaupt nicht. Sein Arbeitgeber, die Los Angeles Clippers, werden eine schwer überwindbare Hürde sein, weil sie Nationalmannschaftseinsätzen generell skeptisch gegenüberstehen, aber seine Bereitschaft ist absolut vorhanden. Wir haben regelmäßigen SMS-Kontakt und er meldet sich immer wieder, um auf dem Laufenden zu bleiben. Er spricht immer noch vom Sommer 2008, als er bei uns erstmals erfahren hat, wie es ist, in einer echten Mannschaft zu spielen und dass im Basketball nicht nur der kalte Professionalismus und Ich-AGs regieren.

SPOX: Mit Bastian Doreth und Bogdan Radosavljevic trainieren Sie beim FC Bayern zwei große Talente mit Nationalmannschaftsperspektive. Wie weit sind sie?

Bauermann: Bastian hat schon in diesem Sommer gute Chancen, zur EM-Vorbereitung eingeladen zu werden. Ich habe ihn vor zwei Jahren bereits berufen, aber da wirkte er noch überfordert. In dieser Saison gelang ihm jedoch ein großer Entwicklungsschritt. Er ist ein überragender Werfer und verbessert sich täglich in seinem strategischen Entscheidungsverhalten. Er erinnert mich an Pascal Roller.

SPOX: Und Radosavljevic?

Bauermann: Er ist unter den 20-Jährigen und abwärts das wahrscheinlich größte Center-Talent Deutschlands. Er wurde an Neujahr gerade mal 18 Jahre alt, aber was er im Training gegen die gestandenen Mitspieler abliefert, ist sehr interessant. Er bewegt sich gut, versteht das Spiel und bringt auch athletisch alles mit. Dennoch ist Geduld angebracht. Er hat zwei Jahre wegen Verletzungen keinerlei Wettkampf-Praxis gehabt, von daher bauen wir ihn in der Rückrunde weiter langsam auf. Ich gehe aber davon aus, dass er nächstes Jahr in der BBL häufiger zu sehen sein wird.

SPOX: Doreth und Radosavljevic haben sich auch für die Bayern entschieden, weil Sie gezielt deutsche Nachwuchsspieler fördern. BBL-Geschäftsführer Pommer befürchtet jedoch, dass Sie Ihre Position als Bundestrainer missbrauchen könnten, um weitere Top-Talente nach München zu locken, weswegen Ihre Doppelfunktion abzulehnen sei. Verstehen Sie ihn?

Bauermann: Ich bin überzeugt: Ein junger deutscher Spieler schaut auf die Struktur eines Vereins und darauf, ob der Trainer gerne mit Talenten arbeitet. Ich gehöre zu ihnen, doch es gibt mittlerweile eine ganze Reihe weiterer Trainer, die Wert auf Nachwuchsförderung legen. Zuletzt hat sich Oldenburg sensationell in diese Richtung entwickelt, auch Ludwigsburg. Zumal es doch nicht stimmt, dass es die Chancen auf die Nationalmannschaft erhöhen würde, wenn man jeden Tag vom Bundestrainer genauestens beobachtet wird. Nähe ist nicht immer gut. Von daher: Ich kenne das Argument von Herrn Pommer - aber es ist in keinster Weise gerechtfertigt.

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