SPOX: Vor fast genau einem halben Jahr sind Sie Trainer des FC Bayern geworden. Wie oft wurden Sie seitdem von gegnerischen Fans angefeindet?
Dirk Bauermann: Eigentlich nie, ganz im Gegenteil: Das erste Halbjahr verlief immer unter dem Vorzeichen des Respekts. Die gegnerischen Fans unterstützen ihren eigenen Verein, so wie es sein soll, doch im Grunde weiß jeder, dass der FC Bayern positive Folgen für jeden in der Liga hat. Die Attraktivität wurde enorm gesteigert, bei jedem unserer Auswärtsspiele ist die Halle voll, es zirkuliert generell mehr Geld im Basketball. Wenn ich es richtig verstanden habe, war unser Verfolger Würzburg in der Lage, mehr Sponsorengelder zu generieren, nachdem der FC Bayern das Projekt bekannt gab. Das ist doch großartig!
SPOX: Was jedoch zur Folge hat, dass sich der größte Konkurrent so verstärken konnte, dass er dem FC Bayern bereits am sechsten Spieltag die erste Niederlage beibrachte. Haben Sie oder Präsident Uli Hoeneß nach dem 55:63 in Würzburg am Projekt Bayern gezweifelt?
Bauermann: Niemals. Uli Hoeneß und ich sind erfahren genug, um zu wissen, dass der Ausgang eines einzigen Spiels keine Wirkung auf ein Projekt haben darf, das langfristig angelegt ist. Viel gefährlicher für das Projekt waren die vielen langen Verletzungen, vor allem die von Demond Greene und Steffen Hamann. Der Ausfall der beiden war ein schwer verdaulicher Schlag in die Magengrube. Dass wir dennoch schnell Lösungen gefunden haben und die Liga nach der ersten Saisonhälfte anführen, spricht für uns.
SPOX: Eine der Lösungen hieß Robert Garrett, der aus dem Vorruhestand zurückkehrte und ein wichtiger Faktor dafür war, dass der FC Bayern ansonsten unbesiegt blieb. Spricht das für Garrett - oder gegen die sportliche Klasse der ProA?
Bauermann: Eindeutig für Garrett. Er hat sich nach dem letzten schweren Jahr in Bamberg überlegt, ob er überhaupt noch Lust auf Basketball hat. Ein Wechsel zu einem möglichen Absteiger oder in die ProA erschien wenig reizvoll, deswegen hat er sich umorientiert und eine Ausbildung als Kite-Lehrer absolviert. Das war eigentlich seine berufliche Perspektive. Doch er hat parallel im Sommer weiter mit Holger Geschwindner trainiert, so dass er ohne zu zögern zusagte, als wir seine Hilfe benötigten.
SPOX: Lief die Hinrunde unter den gegebenen Vorzeichen optimal?
Bauermann: Ja, weil das Projekt so vorzüglich angenommen wird. Die Stadt München hat uns so angenommen, dass jedes Heimspiel, egal wie unbekannt der Gegner gewesen sein mag, ausverkauft war. Das ist ein Zuschauerschnitt auf Erstliga-Niveau. Entscheidend war auch die Resonanz innerhalb des gesamten Vereins FC Bayern. Wir wurden wohl wollend begrüßt, mittlerweile sind aber fast alle begeistert vom Basketball.
SPOX: Ist Präsident Hoeneß ebenfalls begeistert? Er ist einer der größten Unterstützer der Basketball-Abteilung, er gilt aber auch als höchst anspruchsvoll.
Bauermann: Trotz anfänglicher Skepsis ist er sehr zufrieden. Wir treffen uns regelmäßig alle vier Wochen, um über die wichtigsten Themen zu sprechen, zwischendurch telefonieren wir auch mal. Ich spüre seine volle emotionale Unterstützung für den Basketball, was für die Zukunft der Sportart von immenser Bedeutung sein wird. Franz Beckenbauer verabschiedet sich langsam aus der öffentlichen Wahrnehmung, deswegen ist Uli Hoeneß wohl der berühmteste Sportsmann Deutschlands. Es ist unbezahlbar, wenn sich so jemand für den Basketball begeistert und unser Projekt langfristig unterstützt.
SPOX: Würde Hoeneß dennoch das Projekt beeenden, wenn BBL-Geschäftsführer Jan Pommer weiter darauf beharrt, dass Sie im Falle eines Aufstiegs Ihren Posten als Bayern-Trainer aufgeben müssen, sollten Sie weiter als Nationalcoach arbeiten wollen?
Bauermann: In diesem Fall steigt Uli Hoeneß aus dem Projekt aus, das ist mein Eindruck. Die Position von ihm und Bayern-Vizepräsident Bernd Rauch ist klar: Ohne Bauermann hätten wir das Projekt nicht angefangen, ohne ihn machen wir auch nicht weiter. Ich weiß nicht, wie es übernächstes Jahr aussieht, wenn wir uns in der BBL etabliert haben, aber für die kommende Saison funktioniert es ohne mich wohl nicht.
SPOX: Pommers Aussagen zum Verbot der Doppelfunktion sind jedoch eindeutig und lassen kaum Interpretationsspielraum.
Bauermann: Die Aussagen im SPOX-Interview sind in der Tat eine sehr klare Stellungnahme, die deutlichen Worte haben mich zugegeben überrascht. Doch ich gehe gelassen mit der Thematik um. Sie ist beim Präsidium des BBL und beim Präsidium der Bayern gut aufgehoben. Wenn der Verein entscheidet, die zweite Stufe der Rakete zu zünden, werden die Gespräche geführt.
Weiter mit Teil II: Bauermann über den BBL-Boom und den nächsten Nationalspieler