"Damit konnte keiner was anfangen"

Von Max Marbeiter
Anton Gavel (r.) zählt zu den besten Spielern der BBL
© getty

Anton Gavel zählt zu den besten Spielern der BBL und wurde als erster Nicht-Amerikaner zum Finals-MVP gekürt. Im SPOX-Interview spricht der Slowake über eigene Fehler, den Stellenwert der Euroleague, ungerechtfertigte Auszeichnungen und kritisiert den DBB.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Gavel, die ersten Spiele sind gespielt. Wie groß war die Vorfreude auf die neuen Saison und vor allem die Euroleague?

Anton Gavel: Groß. Das war der erste Sommer, in dem ich nicht für die Nationalmannschaft gespielt habe. Deshalb war die Vorfreude schon auf die Vorbereitung sehr groß. Jetzt bin ich froh, dass es in der BBL losgegangen ist und kann es kaum erwarten, bis die Euroleague endlich startet.

SPOX: Wie haben Sie die Pause genutzt? Haben Sie an Ihrem Spiel gearbeitet?

Gavel: Die Saison war sehr lang, deshalb habe ich erst einmal mit der Familie Urlaub gemacht. Aber es geht natürlich nicht, dass wir den ganzen Sommer nichts machen und dann in der Vorbereitung einfach den Schalter umlegen. Darum habe ich individuell gearbeitet.

SPOX: Als erster Nicht-Amerikaner wurden Sie vergangene Saison zum Finals-MVP ernannt. Eine besondere Auszeichnung?

Gavel: Ich habe bereits direkt nach der Saison gesagt, dass das für mich nicht so wichtig ist. Was zählt, war der Titel. In meinen Augen hätte sogar jemand anderes den MVP-Award verdient gehabt. Natürlich freue ich mich dennoch darüber. Grundsätzlich sind mir persönliche Auszeichnungen aber nicht so wichtig.

SPOX: Wer hätte es denn verdient gehabt?

Gavel: In den Finals war Boki Nachbar beispielsweise sehr stark. Auch Philipp Neumann und Casey Jacobsen waren sehr wichtig. Vielleicht bin ich es am Ende auch auf Grund der gesamten Playoffs geworden. Nur mit Blick auf die Finals waren die anderen aber nicht schlechter.

SPOX: Sie haben zu Beginn von Ihren Zielen gesprochen. Wie lauten sie?

Gavel: Wir haben uns intern relativ hohe Ziele gesteckt. Nach den Top 16 vergangene Saison wollen wir diesmal versuchen, die Top 8 zu erreichen. Das wird allerdings sehr schwer, weshalb ich auch lieber Stück für Stück denken würde. Erst die Gruppe überstehen. Das allein wird bei unseren Gegnern schon nicht einfach.

SPOX: Sie haben inzwischen vier Meisterschaften in Folge geholt. Gewichtet man die Euroleague nun etwas stärker?

Gavel: Bei vielen ist die Erwartung vielleicht tatsächlich höher als im vergangenen Jahr. Denn: Was kann man mehr erreichen, als Titel zu gewinnen? Das haben wir nun vier Mal in Folge geschafft. In der Euroleague war unser Abschneiden in den Top 16 ein wenig enttäuschend. Deshalb wollen wir das in diesem Jahr besser machen.

SPOX: So weit weg, wie es die Tabelle vermuten lässt, waren Sie in den Top 16 aber nicht. Die Spiele waren relativ knapp.

Gavel: Schön und gut. Letztlich steht am Ende jedoch das 0:14. Wie wir die Spiele verloren haben, ob mit einem oder mit zwanzig Punkten, kann den Leuten und uns egal sein. Wir haben die Spiele nicht gewonnen. Klar waren viele knappe Niederlagen dabei, am Ende waren wir aber selbst schuld. Wenn man weiterkommen will, muss man auch knappe Spiele gewinnen.

SPOX: Also lassen sich auch Lehren aus solchen Spielen ziehen?

Gavel: Ich denke schon. Vor allem in der Euroleague sind wir alle noch in einem Lernprozess. Darüber gibt es ja nur noch die NBA. Und je mehr wir auf diesem Level spielen können, desto mehr Erfahrung sammeln wir. In den Jahren zuvor sind wir zum Beispiel nicht über die Gruppenphase hinausgekommen, letzte Saison ist uns das gelungen - wenn auch knapp. Deshalb denke ich, können wir es diesmal vielleicht noch etwas weiter schaffen.

Bayerns und Bambergs Euroleague-Gruppen: Gegen Legenden und Jungstars

SPOX: Die BBL haben Sie mit vier Titeln in Folge quasi dominiert. Wie motiviert man sich da immer wieder aufs Neue?

Gavel: Titel zu gewinnen wird einfach nicht langweilig. Jedes Jahr kommen neue Leute dazu und man gewinnt mit ihnen gemeinsam. Das bringt frischen Wind und neue Motivation. Dieses Jahr sind wieder vier Neue dazugekommen, die erreichen wollen, was wir bereits erreicht haben. Das bringt gute, gesunde Konkurrenz. Für mich persönlich ist es einfach ein perfektes Gefühl, wenn man als letzte Mannschaft hier steht und den Titel geholt hat. Wenn man das dann vier Mal geschafft hat, wird man gierig und will immer mehr.

SPOX: Wie Sie haben auch die Bayern aufgerüstet - sogar in noch größerem Stil. Blickt man da ein wenig wehmütig Richtung München oder überwiegt die Freude, dass ein Konkurrent heranwächst, mit dem man sich in den kommenden Jahren messen kann und muss?

Gavel: Ich will natürlich nicht provozieren, aber ich würde die Formulierung ein wenig umstellen: Sie können sich jetzt mit uns messen. (lacht) Erst einmal schauen wir auf uns. Wir sind der amtierenden Meister und ich denke, der Weg zum Titel wird nur über uns gehen. Natürlich weiß man, wer wen geholt hat. Und natürlich sind die Bayern allein von den Neuzugängen her auf dem Papier die Nummer eins. Aber es gibt auch andere Mannschaften.

SPOX: Wie groß sehen Sie die Chancen auf die Titelverteidigung?

Euroleague: Bamberg beeindruckt zum Auftakt

Gavel: Es ist noch früh. Dennoch muss man uns erst einmal schlagen - auch wenn die meisten von Bayern reden. Dabei würde ich nicht einmal sagen, dass wir von den Namen her schlechter sind. Letztes Jahr hat auch niemand wirklich an uns geglaubt. Nach dem ersten Halbfinale gegen Bayern wurden wir schon abgeschrieben, es wurde von Wachablösung gesprochen und am Ende haben wir es trotzdem geschafft. Wir haben genug Leute, die wissen, wie man Titel gewinnt, und vor allem, wie man in kritischen Situationen reagieren muss.

SPOX: Ist es dennoch komisch, dass Sie nicht als Favorit in die Saison gehen und ständig von einem anderen Team gesprochen wird?

Gavel: Das kommt auch viel von Medienseite. Wir sehen das selbst ein bisschen anders. Wenn man vier Titel in Folge gewonnen hat, geht man mit breiter Brust in die Saison. Wir haben neue Leute, die frischen Wind bringen. Da mache ich mir keine Sorgen.

SPOX: Während der Playoffs sind Sie verletzungs- oder krankheitsbedingt teilweise von der Bank gekommen. Ist das auch eine Option für die kommende Saison?

Gavel: Wenn ich beim ersten Halbfinale nicht krank gewesen wäre, hätten wir die Rotation wahrscheinlich gar nicht erst verändert. Dann hat das aber gut funktioniert, wir haben alles beibehalten und das war auch vollkommen in Ordnung. Ich bin nicht sauer, wenn ich von der Bank komme.

SPOX: Ist das Spiel von der Bank aus anders? Sieht man vielleicht schon ein wenig, worauf man sich einstellen muss?

Gavel: Ich persönlich starte lieber, als mich nach dem Aufwärmen noch mal hinzusetzen und zu warten. Das ist natürlich schon ein Unterschied. Aber letztlich geht es darum, welche Aufgabe man in der Mannschaft hat. Da ist es egal, ob man von der Bank kommt oder startet.

Seite 2: Gavel über Defense, seinen Wurf und DBB-Fehler während der EuroBasket