Gegen Legenden, Jungstars und Zocker

Max Marbeiter
17. Oktober 201318:44
Die Bayern gehen mit Schaffartzik (M.) in ihre erste Euroleague-Saison, Bamberg ist erfahrenerimago
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Am Mittwoch startet die Euroleague in die neue Saison. In der Vorrunde haben Bamberg und Bayern mit einem Topfavoriten und dem amtierenden Champion keine einfachen Gegner erwischt. Dennoch sind die Gruppen machbar. SPOX stellt die Euroleague-Gegner der beiden deutschen Vertreter vor.

Bambergs Gruppe B

Anadolu Efes: Ein einziger Sieg fehlte den Türken vergangene Saison zum ersten Final-Four-Einzug seit 2001. Spiel fünf des Viertelfinals verlor Anadolu dann allerdings gegen den späteren Champion Olympiakos. Entsprechend groß ist die Motivation für kommende Saison - trotz einiger elementarer Roster-Veränderungen. Mit Sasa Vujacic und Jordan Farmar haben zwei Leistungsträger und ehemalige NBA-Profis den 13-maligen türkischen Meister verlassen. Farmar zog es zurück zu den Lakers, Vujacic hofft ebenfalls auf eine NBA-Rückkehr. Wie so häufig hat der Klub, der bereits Hedo Turkoglu, Mehmet Okur und Predrag Drobnjak in seinen Reihen hatte, diese Abgänge jedoch prominent kompensiert. Zoran Planinic soll das Spiel organisieren, Scotty Hopson für Scoring sorgen. Kostas Vasileidas eröffnet den Türken als starker Schütze dazu neue Spacing-Möglichkeiten. Alles in allem hat der amtierende Euroleague Executive of the Year, Tuncay Özilhan, also erneut einen potenten Kader zusammengestellt. Nimmt man nun die Erfahrung der letzten Jahre, mischt sie mit der Wut der knapp verpassten Final-Four-Teilnahme aus der vergangenen Saison und dem Streben nach dem ersten Titel seit 2009, so dürfte Anadolu Efes auch 2014 abermals in den Top16 zu finden sein.

Player to Watch: Mit Zoran Planinic wechselte einer der besten Point Guards Europas an den Bosporus. In 22 Euroleague-Spielen für Khimki legte der Kroate vergangene Saison 12,4 Punkte, 3,9 Rebounds sowie 6,3 Assists auf, mit 13 Assists stellte er einen neuen Top16-Rekord auf.

EA7 Emporio Armani Milan: Milan zählt zum absoluten Euroleague-Inventar, hat aber eine Saison zum Vergessen hinter sich. Vorrundenaus in der Euroleague. Viertelfinalaus in Italiens Meisterschaft und Pokal. In keinem Wettbewerb wurden die Mailänder ihren hohen Ansprüchen gerecht, wenngleich der letzte Titel - ob national oder international - bereits 17 Jahre zurückliegt. Luca Banchi, der zur neuen Saison Sergio Scariolo als Headcoach ablöst, soll nun die ruhmreiche Geschichte, die Legenden wie Bob McAdoo oder Dejan Bodiroga im Trikot der Mailänder sah, wiederbeleben. Dafür gelang es, neben Coach Banchi auch Scharfschütze Kristjan Kangur von Italien-Dominator Montepaschi Siena abzuwerben. Mit 44,5 Prozent verwandelten Dreiern zählt der Este zu den zehn gefährlichsten Shootern der Euroleague-Geschichte. Seine Big-Man-Rotation hat Milan um CJ Wallace (kam aus Barcelona) und Angelo Giglio (Virtus Bologna) erweitert. Zudem erwartet die Brose Baskets mit Ex-Artland-Dragon Marquez Haynes ein alter Bekannter. Motivation dürfte bei den Mailändern kommende Saison ohnehin kein Problem sein, findet das Final Four 2014 doch in der norditalienischen Metropole statt.

Player to Watch: Die wohl essentiellste Rolle bei den Italienern wird Alessandro Gentile zukommen. Der 20-Jährige ließ während der EuroBasket sein immenses Potential aufblitzen, beeindruckte speziell beim Sieg über Spanien (25 Punkte, 50 Prozent FG) durch seine Ruhe. Schreitet seine Entwicklung voran, ist Gentile auf dem besten Weg Richtung Elite.

Real Madrid: Ein besseres Real als vergangene Saison hat man lange nicht gesehen. Neben der ersten nationalen Meisterschaft seit sechs Jahren hätte am Ende beinahe der Euroleague-Titel gestanden, doch Olympiakos und Vassilis Spanoulis spielten mit dem zweiten Final-Comeback binnen eines Jahres den Spielverderber. Schwächer sollte man die Königlichen in dieser Saison keinesfalls einschätzen. Im Gegenteil. Der Kern aus herausragenden Spielern wie Nikola Mirotic, Sergio Rodriguez, Rudy Fernandez oder Felipe Reyes blieb zusammen. Auch der ehemalige Bamberger Marcus Slaughter hat seinen Vertrag bis 2014 verlängert. Dazu hat Real seine Big-Man-Rotation durch Ioannis Bourousis noch einmal um das Stilmittel Vielseitigkeit erweitert. "Sie haben sich im Sommer noch einmal verstärkt, was an sich kaum möglich ist", sagt deshalb auch Bambergs Coach Chris Fleming gegenüber SPOX. Reals Botschaft ist klar: Nach 19 Jahren soll für den achtfachen Euroleague-Champ endlich wieder der größte Titel im europäischen Basketball her.

Player to Watch: Rudy Fernandez. Der spanische Nationalspieler kann eigentlich alles, ist einer der letzten "Zocker" auf den Parketts der Euroleague. Auch bei der EuroBasket ließ Fernandez sein schier endloses Potential aufblitzen - Highlight-Alley-Oops mit Real-Kollege Sergio Rodriguez inklusive. Allerdings macht der Ex-Denver-Nugget durch seine übertriebene Theatralik auf dem Court immer wieder negativ auf sich aufmerksam.

SIG Basketball Strasbourg: Für Strasbourg geht mit dem Auftakt gegen Bamberg eine siebenjährige Warteperiode zu Ende. Letztmals spielten die Elsässer nämlich während der Saison 2005/06 in der Euroleague. Nach einer starken Spielzeit, an deren Ende Vize-Ehren in Frankreichs Pokal und Meisterschaft standen, sind sie nun zurück auf Europas größter Basketballbühne. Dazu wurden die wichtigsten Spieler, darunter Top-Talent Axel Toupane und Allrounder Ricardo Greer, gehalten und mit Antoine Diot ein französischer Europameister verpflichtet. Speziell Letzterer dürfte nach seinen teils starken Leistungen bei der EuroBasket mit ordentlich Selbstbewusstsein in die Saison gehen. Trotz allem startet Strasbourg als Außenseiter in die Gruppenphase. Ein Weiterkommen wäre eine Überraschung.

Player to Watch: Alexis Ajinca. Mit 2,15 Metern bringt der Center für einen Big Man absolutes Gardemaß mit. Dazu gewann auch Ajinca mit der Equipe Tricolore den Europameistertitel. Allerdings zeigte die EuroBasket auch immer wieder auf, dass sich der 25-Jährige im Duell mit Top-Centern noch reichlich schwer tut. SPOX

Zalgiris Kaunas: Als wäre die vergangene Saison, in der Zalgiris in die Top16 einzog, dabei Siege gegen Olympiakos, ZSKA Moskau sowie Anadolu Efes einfuhr und zudem die 26. nationale Meisterschaft feierte, nicht genug, erreichte die Euphorie rund um Kaunas Ende September ihren Höhepunkt: Sarunas Jasikevicius unterschrieb bei Zalgiris. Damit wird der erfolgreichste aktive Euroleague-Akteur (4 Titel) erstmals während seiner Profikarriere in seiner Heimatstadt spielen. Den ersten Euroleague-Titel seit 1999 sollte deshalb zwar noch niemand erwarten, dennoch verschiebt Jasikevicius die Stimmung rund um die Zalgirio Arena weiter ins Positive - obwohl sich Big Man Darjus Lavrinovic für einen Wechsel zu Budivelnik Kiew entschied. Zumal Litauens Serienmeister mit Mindaugas Kusminskas, Ksistof Lavrinovic sowie Robertas Javtokas weiterhin drei Spieler im Roster hat, die mit der Nationalmannschaft das Finale der EuroBasket erreichten. Entsprechend gefährlich ist Zalgiris, wenngleich es nicht zu den absoluten Gruppenfavoriten zählt.

Player to Watch: Sarunas Jasikevicius. Litauens Basketball-Koryphäe zählt wohl zu den größten europäischen Basketballern aller Zeiten. Jasikevicius ist der vierbeste Assistgeber, siebtbeste Dreierschütze und neuntbeste Punktesammler der Euroleague-Historie. Nach 14 Jahren kehrt er nun heim. Die Produktivität des Guards hat angesichts seiner 37 Jahre jedoch nachgelassen. Für Barcelona kam er vergangene Saison in 14 Minuten auf 4,9 Punkte und 2 Assists.

Fazit: Nach dem durchwachsenen Saisonstart in der BBL trifft Bamberg zum Auftakt auf den vermeintlich leichtesten Gegner Strasbourg. Soll das Ziel Top8 nicht früh aus den Augen verloren werden, ist ein Sieg Pflicht. An Real wird in der Gruppe wohl kein Vorbeikommen sein, mit den übrigen Teams können sich die Franken aber definitiv messen, wenngleich Spiele gegen Anadolu Efes, Milan oder Kaunas unglaublich gefährlich sind. Bambergs Minimalziel Top16 ist dennoch absolut möglich.

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Bayerns Gruppe C

Galatasaray Liv Hospital Istanbul: 23 Jahre vergingen, ehe der einstige türkische Serienmeister vergangene Saison endlich wieder die nationale Meisterschaft feiern durfte. Überhaupt geht es für Galatasaray in den vergangenen Jahren stetig nach oben - mit der vorläufigen Endstation Euroleague. Nach einem Zwischenstopp im Eurocup vergangene Saison kehrt Gala nun auf die ganz große Bühne zurück. Für Playmaker Carlos Arroyo wohl mit ein Grund, seinen Vertrag in Istanbul zu verlängern. Angesichts der tragenden Rolle des Puerto Ricaners beim Titelgewinn die vielleicht wichtigste Personalie Galas. Ähnliche Bedeutung könnte der Verpflichtung Nathan Jawais zukommen. Trotz seiner Reservistenrolle bei Barcelona Regal war der Australier auch vergangene Saison der beste Per-Minute-Rebounder der Euroleague (12,04 in 40 Minuten) und zog mit den Katalanen zudem ins Final Four ein. Allein Jawais Präsenz wird gegnerischen Guards und Big Men Respekt einflößen, seine Erfahrung aus Barcelona dem Team guttun. Ansonsten setzt Galatasaray mit Vorliebe auf türkische Spieler, was speziell der Ausländerregelung in der heimischen Liga geschuldet ist.

Player to Watch: Carlos Arroyo. In zehn Jahren NBA hat der Puerto Ricaner mit Stationen in Toronto, Denver, Utah, Detroit, Orlando, Miami und Boston einiges gesehen. Vergangene Saison führte er Gala mit 13,4 Punkten und 4,4 Assists pro Spiel zur türkischen Meisterschaft. Zudem kennt er die Euroleague aus seiner Zeit bei Maccabi Tel Aviv.

Montepaschi Siena: Veränderungen waren angesagt bei Italiens Serienmeister. Head Coach Luca Banchi wechselte zum nationalen Konkurrenten nach Mailand, Euroleague-Topscorer Bobby Brown nach China. Nach unten korrigiert werden die Ziele in Siena dennoch nicht. Schließlich erreichte der Klub zuletzt sechs Mal in Serie die Top16, in vier Anläufen sogar die Playoffs. Auch vergangene Saison deutete nach einem 5:0-Start in die Top16 einiges auf den nächsten Run auf das Final Four hin. Sieben Niederlagen aus den nächsten neun Partien beendeten jedoch jegliche Träumereien. Umso fokussierter wird Siena mit seinem neuen Coach Marco Crespi die Gruppenphase angehen. Zumal der Kader trotz Browns Abgang weiterhin einige Qualität besitzt und punktuell ergänzt wurde.

Player to Watch: Daniel Hackett. Der Guard geht ausgeruht in die Saison, nachdem er die EuroBasket aufgrund von Achillesproblemen abgesagt hat. Wozu er, sofern fit, zu leisten im Stande ist, hat Hackett spätestens mit seinem Finals-MVP-Titel in Italien unter Beweis gestellt. Doch auch auf internationalem Parkett weiß der 25-Jährige mit seinem vielseitigen Spiel regelmäßig zu überzeugen.

Olympiakos Piräus: Was gibt es über den Champion noch zu sagen? Zwei Mal in Folge ging Olympiakos als krasser Außenseiter ins Final Four, zwei Mal lagen sie im Finale fast aussichtslos zurück, nur um sich am Ende doch die Krone zu schnappen. Piräus besitzt das oft besungene Herz eines Champions und mit Vassilis Spanoulis einen der besten Basketballer des Kontinents. Spanoulis war mit seinen herausragenden Leistungen dann auch maßgeblich an den beiden Comebacks gegen Moskau und Real verantwortlich. Ob es in dieser Saison zum Hattrick reicht, ist indes unklarer denn je: Mit Kostas Papanikolaou wechselte der beste Nachwuchsspieler der vergangenen Saison nach Barcelona. Auch Energizer Pero Antic verließ den Klub und schloss sich Dennis Schröders Atlanta Hawks an. Auf der anderen Seite ging Olympiakos auch in den vergangenen Jahren nie als Favorit in die Saison, nannte nie das talentierteste Roster sein Eigen. Das Ende ist bekannt.

Player to Watch: Vassilis Spanoulis. Was für die griechische Nationalmannschaft gilt, trifft auch auf Piräus zu. Ist Spanoulis in Form, ist alles möglich. Erwischt der Guard aber einen schwachen Abend, beginnen die Probleme. Nur wenige können ein Spiel gerade in der Offense derart intensiv beeinflussen, wie der Euroleague-Final-MVP von 2012 und 2013. Einmal heiß gelaufen, ist Spanoulis nicht zu stoppen.

Stelmet Zielona Gora: Mit dem polnischen Meister haben die Bayern beim Vorbereitungsturnier in Mulhouse bereits erste Erfahrungen gemacht. Und die waren durchaus positiv. Das 92:77 war deutlich, sollte vor dem Auftakt am Freitag aber nicht als Ruhekissen dienen. Denn im Vorbeigehen wird auch der vermeintlich leichteste Gruppengegner nicht zu besiegen sein. Die fehlende internationale Erfahrung der Polen dürfte nicht gerade von Vorteil sein. Schließlich feiert auch Gora in diesem Jahr sein Euroleague-Debüt. Anders als die übrigen Gruppengegner verfügt man nicht über die großen Namen. Der erste nationale Titel der Vereinsgeschichte gibt zwar Auftrieb, dürfte die fehlende Qualität am Ende aber nicht kompensieren können.

Player to Watch: Lukasz Koszarek. Der Point Guard stieß erst im März zum Team, hatte dann aber großen Anteil an Goras Titel. Koszarek gilt als Floor General, der aus dem Pick-and-Roll heraus sowohl auf den abrollenden Big Man ablegen, als auch selbst abschließen kann. Zudem debütierte er mit Gdynia bereits vergangene Saison in der Euroleague.

Unicaja Malaga: Die Voraussetzungen sind herausragend. Struktur, Organisation, Fans, Halle. Malaga bringt alles für ein absolutes Topteam mit. Einzig der große Erfolg blieb zuletzt aus. In der heimischen Liga verpasste man zum zweiten Mal in Folge die Playoffs, in der Euroleague war nach den Top16 Schluss. Um die eigenen Ressourcen besser zu nutzen, wurde Joan Plaza zum neuen Head Coach ernannt. Und der bekommt direkt einiges an Power unter den Körben zur Verfügung gestellt. Mit Vladimir Stimac wechselt einer der besten Eurocup-Center der vergangenen Saison von Banvit nach Malaga. Hinzu kommen Nik Caner-Medley sowie der von Real verpflichtete Rafael Heitsheimeir - nicht zu vergessen, Spaniens Big-Man-Legende Fran Vazquez. Carlos Suarez (Real) und Jayson Granger (Estudiantes Madrid) verleihen dem Team zusätzliche Tiefe. Ob das genügt, um an die glorreichen Zeiten, als Malaga mit Jorge Garbajosa den spanischen Pokal (2005) und die spanische Meisterschaft (2006) gewann, anzuknüpfen, muss sich zeigen. Dennoch ist das mit Veteranen gespickte Team nicht zu unterschätzen.

Player to Watch: Fran Vazquez. Der Center ist seit seinem Wechsel aus Barcelona der wohl größte Name im Kader der Andalusier. Mit den Katalanen gewann er alles, was es im europäischen Basketball zu gewinnen gibt und war 2009 zudem bester Shotblocker der Euroleague.

Fazit: Die Bayern haben eine interessante, weder einfache noch unlösbare Gruppe erwischt. Mit Olympiakos und Siena stehen die Favoriten fest, dahinter wird es jedoch interessant. In Sachen Erfahrung und Qualität haben Malaga und Galatasaray sicherlich Vorteile gegenüber den beiden Neulingen, mit einem Svetislav Pesic an der Seitenlinie und dem runderneuerten Kader sind die Bayern aber durchaus für die eine oder andere Überraschung gut. Ein Platz unter den ersten Vier und damit der Einzug in die Top16 ist keinesfalls utopisch.

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