Der Hauptrundensieger aus München hat mit den MHP Riesen Ludwigsburg ein vermeintlich günstiges Matchup erwischt. Auch Meister Bamberg und Alba Berlin dürften ihre Erstrundenduelle gegen die Artland Dragons beziehungsweise Ulm klar für sich entscheiden. Zwischen Bonn und Oldenburg wird es eng.
Bayern München (1) - MHP Riesen Ludwigsburg (8)
Saisonbilanz: 2-0
Ausgangslage: Vor ziemlich genau einem Jahr war das Duell Bayern gegen Ludwigsburg unmöglich. Nicht unwahrscheinlich. Unmöglich! Die Schwaben waren vergangene Saison eigentlich aus der BBL abgestiegen. Am Ende bewarben sie sich um eine Wildcard und erhielten den Zuschlag. Um nicht wieder gegen den Gang in die Pro A ankämpfen zu müssen, verpflichtete Ludwigsburg die wohl besten Basketball-Gene, die die BBL seit langem gesehen hat.
Stockton und Karl. Klingt nach NBA. Ist auch NBA. Irgendwie jedenfalls. Michael Stockton, Sohn von Dream Teamer John Stockton, wechselte vor Saisonbeginn zu den Riesen, Coby Karl, Sprössling des Coach of the Year 2013 George Karl, kam im Dezember. Dank des namhaften Nachwuchs-Duos sowie Keaton Grant, dem direkt in seiner ersten Spielzeit Ludwigsburger Topscorer-Ehren zuteil wurden, spielten die Riesen ein überraschend starke Saison, die nun in den Playoffs ihren Höhepunkt findet.
Dort ereilt die Riesen allerdings das klassische Nummer-8-Schicksal. Es geht gegen die Nummer eins. Die Bayern. Das denkbar ungünstigste Matchup. Die Münchner haben nach der knapp verpassten Finals-Teilnahme im vergangenen Jahr ordentlich nachgerüstet und damit deutlich gemacht, wohin die Riese diesmal gehen soll. Und zwar direkt Richtung Meisterschaft. Nichts anderes zählt in München.
Und die Spieler haben verstanden. Lange marschierte der FCB ungeschlagen durch die Liga, verlor erst im November sein erstes Spiel. Ganz nebenbei verlief die Premierensaison in der Euroleague mehr als zufriedenstellend. Sogar das Viertelfinale war drin. Coach Svetislav Pesic installierte ein auf aggressiver Defense basierendes Uptempo-Spiel, dem im Grunde lediglich Bamberg und Alba gewachsen waren.
In den letzten Saisonwochen mussten die Bayern dem hohen Pensum allerdings ein wenig Tribut zollen. Die Euroleague hat definitiv Kraft gekostet. Beim Pokal-Final-Four verlor man im Halbfinale deutlich gegen Gastgeber Ulm. Auch Bamberg war im Spiel um Platz drei zu stark. Als Indikator für einen möglichen Playoff-Durchhänger dürfte all das aber nicht dienen.
Schlüsselduell: Bryce Taylor vs. Keaton Grant. Svetislav Pesic' Rotation auf den kleinen Positionen ist fließend. Heißt: Speziell die Grenzen zwischen Shooting Guard und Small Forward verschwimmen mitunter bis zur Unkenntlichkeit. Taylor könnte es aufgrund seiner herausragenden Defensivfähigkeiten also durchaus mit Ludwigsburgs Topscorer zu tun bekommen.
Überhaupt ist der Swingman so etwas wie der heimliche MVP der Bayern. Taylor macht all die kleinen Dinge, verteidigt, scort, reboundet und nutzt seine Athletik für das eine oder andere Highlight-Play. Dazu trifft er äußerst sicher von draußen. Gelingt es dem Amerikaner dazu, Grant, sollte es zum direkten Duell kommen, halbwegs aus dem Spiel zu nehmen, ist Ludwigsburgs Offense einer essentiellen Offensivoption beraubt, was für die Riesen wohl kaum zu kompensieren wäre.
Prognose: 49 Punkte. So groß war der Unterschied zwischen den Bayern und Ludwigsburg rein statistisch während der beiden Duelle in der Regulären Saison. Und es deutet wenig darauf hin, dass die Riesen in den Playoffs wesentlich näher an den Titelfavoriten heranrücken. Die Riesen sind glücklich, die Postseason überhaupt erreicht zu haben, die Münchner auf einer Mission. Deshalb: Bayern in 3.
Brose Baskets Bamberg (2) - Artland Dragons (7)
Saisonbilanz: 1-1
Ausgangslage: Vier Titel in Folge genügen eigentlich problemlos, um auch im Folgejahr freundlich vom Favoritenthron zu grüßen. Einerseits ließen die Münchner Neuverpflichtungen Bamberg jedoch ein wenig in den Schatten rücken, andererseits verläuft die Saison des vierfachen Champions bislang nicht optimal. Eigentlich kämpfen die Baskets seit Oktober mit Problemen. Einige Neuzugänge waren nicht die erhoffte Verstärkung. Zack Wright und Novica Velickovic mussten den Verein mittlerweile sogar verlassen.
Hinzu kamen die enttäuschenden Auftritte in Euroleague und Eurocup, wo Bamberg bei erster Gelegenheit ausschied. Zwischenzeitlich soll sogar eine Ablösung von Meistercoach Chris Fleming diskutiert worden sein. Viele Unwägbarkeiten - und doch steht Bamberg wieder ganz oben. Auch dank der Neuzugänge: Mit D'Or Fisher wurde der mittlerweile wohl beste Center der Liga verpflichtet. Elias Harris durfte sich immerhin einige Monate als L.A. Laker bezeichnen und auf Jared Jordans Passfähigkeiten blickt wohl die gesamte BBL ein wenig neidisch.
Weniger beeindruckend als jene der Bayern sind Bambergs Neue also kaum. Und deshalb ist mit dem Champ auch erneut zu rechnen, wenngleich Artland ein unangenehmes Erstrundenmatchup darstellt. Die Dragons haben ihren Etat zwar ein wenig gekürzt und nach der Trennung von Headcoach Stefan Koch einen kleinen Umbruch hinter sich, spielten aber eine durchaus respektable Saison. Der ausgeglichene Kader bereitete bereits manchem Titelanwärter Probleme.
Die Baskets schlug man einmal, auch Alba unterlag gegen die Dragons. Mit ein wenig mehr Konstanz und Glück wäre sogar Rang fünf, und damit ein sicherlich angenehmeres Erstunden-Matchup, möglich gewesen. Positiv aus Dragons-Sicht: Brandon Thomas war im finalen Saisonspiel gegen den Mitteldeutschen BC nach überstandenen Knöchelproblemen wieder dabei.
Das Schlüsselduell: Jared Jordan vs. David Holston. Jordans Wechsel aus Bonn ließ aufhorchen. Zwar gingen die Stats des Playmakers in Bamberg etwas nach unten, dennoch schließt er eine nach Zack Wrights Abgang - und eigentlich auch zuvor - klaffende Lücke im Backcourt des Meisters. John Goldsberry bringt zwar Erfahrung, erreicht nach diversen Knieverletzungen aber kein allerhöchstes Niveau mehr. Ordnet Jordan die Offense der Baskets, findet er regelmäßig eine der vielen Offensivoptionen, ist Bamberg nur schwer zu stoppen.
Nur sollte er dabei die Defense nicht aus den Augen verlieren. Mit Holston haben die Dragons schließlich einen der schnellsten Point Guards der Liga im Kader. Der Amerikaner trifft zwar nicht einmal 40 Prozent aus dem Feld (39,9), dürfte Jordan ob seiner Athletik aber durchaus beschäftigen. Reibt sich Bambergs Playmaker in der Defense zu sehr auf, könnten die entscheidenden Prozente für die Offense fehlen.
Prognose: Die Dragons sind sicherlich kein angenehmer Gegner. Am Ende ist Bambergs Qualität aber so hoch, dass sich der Meister relativ souverän durchsetzen sollte. Bamberg in 4.
Alba Berlin (3) - ratiopharm Ulm (6)
Saisonbilanz: 2-0
Ausgangslage: Im vergangenen Jahr wurden die Berliner im Playoff-Viertelfinale von den Bayern mit 0:3 abgewatscht. Die Mannschaft war nicht immer als solche zu erkennen, weshalb auch Trainer Sasa Obradovic vermehrt in die Kritik geriet. Doch Alba setzte nicht etwa den Coach vor die Tür, sondern tauschte - zugegebenermaßen nicht ganz freiwillig - bis auf Sven Schultze das komplette Team aus.
Es ist deshalb schon erstaunlich, wie schnell sich die Hauptstädter gefunden haben. Mittlerweile agiert der achtmalige deutsche Meister derart stabil, dass sogar der Titelgewinn nicht wirklich unrealistisch erscheint. Besonders die Defense ist hervorragend. 2.375 Punkte ließ Alba in dieser BBL-Saison zu - weniger als jedes andere Team.
Auch Viertelfinal-Gegner Ulm hat mit dem Berliner Bollwerk in dieser Spielzeit schon schlechte Erfahrungen gemacht. Drei Mal trafen die Donaustädter und Berlin aufeinander, drei Mal hieß der Sieger Alba. Besonders bitter für Ulm: Das Pokalfinale in eigener Halle ging ebenfalls mit 80:86 gegen die Albatrosse verloren.
Alba-Coach Sasa Obradovic im Interview
Während Alba mit einem 80:72-Sieg in München und wettbewerbsübergreifend zwölf Siegen in Folge im Rücken in die Playoffs geht, ist in Ulm nur eines sicher: Nämlich dass nichts sicher ist. An einem guten Tag kann Ulm jeden schlagen, wie es die Süddeutschen beispielsweise im Pokal-Halbfinale gegen Bayern (90:72) gezeigt haben.
Doch auch mäßige Vorstellungen sind jederzeit drin, es fehlt einfach an der nötigen Konstanz. Schuld daran ist auch, dass man immer wieder mit Verletzungspech zu kämpfen hatte. Trotzdem: Gerade wenn es offensiv mal nicht so läuft, kann das mit der häufig durchschnittlichen Verteidigung nicht wettgemacht werden.
Das Schlüsselduell: Cliff Hammonds vs. Per Günther. Im Pokalfinale bewies Günther (durchschnittlich 11 Punkte pro Spiel, 40,6 Prozent von der Dreierlinie) mit seinen 25 Zählern (24 davon in der ersten Halbzeit), dass er Alba wehtun kann. Es ist an Berlins Sahne-Verteidiger Hammonds, den deutschen Nationalspieler zu stoppen, sonst macht der das Spiel schnell.
Gelingt Hammonds dies, ist das die halbe Miete. Für Ulm kann es nur schnell oder mit den Würfen von außen gehen. Unter den Körben ist Berlin klar überlegen - zumindest wenn Leon Radosevic fit ist.
Prognose: Berlin ist Favorit in der Serie. Die Albatrosse sind im Vergleich zu den Ulmern - obwohl komplett neu zusammengestellt - das reifere Team. Ulm hingegen hat im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren Qualität im Kader eingebüßt. Berlin in 4.
EWE Baskets Oldenburg (4) - Telekom Baskets Bonn (5)
Saisonbilanz: 0-2
Ausgangslage: Die Bonner legten einen unglaublichen Saisonstart hin. Nachdem die Baskets die klar favorisierten Bayern zum Auftakt am Rande einer Niederlage gehabt hatten, folgte eine unglaubliche Siegesserie. Sieben Spiele wurden in Folge gewonnen. Ulm? Berlin? Oldenburg? Alle chancenlos. Dass es so weiter gehen würde, erwartete wohl niemand. Und tatsächlich verlief die Saison der Bonner nicht vollends perfekt.
Speziell Jared Jordans Wechsel gen Bamberg brachte mächtig Unruhe ins Umfeld. Ganz zu schweigen von der großen Lücke, die der beste Assistgeber der BBL hinterließ. Dank Eugene Lawrence ist selbige aber deutlich kleiner als erwartet. Indiz: Zehn Spiele bestritt Bonn in den letzten beiden Saisonmonaten, sieben davon wurden gewonnen - unter anderem auch das zweite Duell gegen Erstrundengegner Oldenburg.
Mit dem pflegt man spätestens seit 2009 eine durchaus handfeste Rivalität. Damals traf man sich im Finale. Fünf Spiele lang war kein Team bereit, auch nur einen Zentimeter vom Meistertraum abzurücken, ehe Bonn Oldenburgs Heimvorteil schlussendlich zum Verhängnis wurde. Da die Bonner auch im vergangenen Jahr in Runde eins am Rivalen aus dem Norden scheitern, werden nicht wenige in Bonn mit dem Gefühl in die Serie gehen, endlich an der Reihe zu sein.
Und das, obwohl sich Oldenburg nach sensationellen Playoffs 2013 immerhin Vize-Meister nennen darf - und keinesfalls als One-Hit-Wonder abzutun ist. Um den herausragenden Backcourt um Chris Kramer, Ricky Paulding und Sixth Man Julius Jenkins hat Coach Sebastian Machowski erneut ein Team aufgebaut, das einem Großteil der Liga überlegen und auch den Big Three aus München, Bamberg und Berlin gewachsen ist. Erst recht, sollte Center Adam Chubb trotz langer Verletzungspause zum Playoff-Faktor werden.
Das Schlüsselduell: Julius Jenkins vs. Ryan Brooks. Als Energizer von der Bank ist Jenkins für Oldenburg unverzichtbar. Der Shooting Guard kann binnen Sekunden heißlaufen und ist mit 14,9 Punkten Topscorer beim Vizemeister. Gelingt es Bonn, beziehungsweise Brooks, Jenkins' Aktionradius irgendwie einzuengen, sind die Oldenburger ihrer vielleicht wichtigsten Offensivoption beraubt. Ähnliches gilt umgekehrt für Brooks. Bonn braucht seine Shooter, speziell den Amerikaner. Trifft der Zweier regelmäßig, ist nicht nur Scoring-Last vom Big-Man-Due Tony Gaffney/Jamel McLean genommen, die Baskets kommen einem Erfolg auch wesentlich näher. Wer auch immer seinem Team mehr Scoring-Geschenke macht, Jenkins oder Brooks, lässt den Einzug ins Halbfinale wahrscheinlicher werden.
Prognose: Dass Regular-Season-Sweeps häufig relativ wenig bedeuten, sobald es in die Playoffs geht, müssen gerade erst die Brooklyn Nets schmerzlich erfahren. Bonns 2-0 deutet ebenfalls nicht auf einen Spaziergang in Runde eins hin. Allerdings dient es durchaus als Indikator. Als Indikator für eine enge Playoff-Serie, wie sie zwischen Oldenburg und Bonn schon beinahe zum guten Ton gehört. Am Ende besitzt der Vize-Meister jedoch etwas mehr Firepower. Oldenburg in 5.