"Dirk war immer ein kleiner Witzbold"

Sven Schultze absolvierte über 100 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft
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SPOX: Warum wollten Sie ins Ausland?

Schultze: Ich wollte etwas Neues kennen lernen. Damals war kaum einer von uns im Ausland, mir fallen nur Stephen Arigbabu, Patrick Femerling und Michael Koch ein. Ich wollte aber auf jeden Fall mal raus, um mich als Spieler, aber auch als Typ weiterzuentwickeln.

SPOX: Und das hat geklappt?

Schultze: Total. Die fünf Jahre im Ausland waren mit die schönsten meiner Karriere und meines kompletten Lebens, nicht nur durch Basketball. Meine beiden Kinder kamen auch in dieser Zeit auf die Welt. Ich habe unglaublich viel gelernt und vieles erlebt, was ich nie wieder vergessen werde.

SPOX: Gab es auch Negatives?

Schultze: In Griechenland lief nicht alles glatt...

SPOX: Erzählen Sie.

Schultze: Zum einen wurde dort regelmäßig in der Halle geraucht.

SPOX: Wie bitte?

Schultze: Es war verboten, aber das hat keinen abgehalten. Wenn man dagegen etwas gesagt hätte, wäre man vermutlich mit einem Stuhl beworfen worden. Daran gewöhnt man sich dann gezwungenermaßen. Die Zuschauer dort sind generell etwas anderes, speziell bei Olympiakos, Panathinaikos oder Aris Saloniki. Was da in den Zeitungen steht, ist nicht übertrieben.

SPOX: Was lief dort noch schief?

Schultze: Ich habe mein Geld nicht bekommen. Ich war mitten während der Finanzkrise 2008 dort und bekam einfach über drei Monate kein Gehalt. Darauf warte ich übrigens auch bis heute. Wenn ich zurückblicke, war das vielleicht die einzige Entscheidung, die ich heute anders treffen würde.

SPOX: Nach all diesen Stationen sind Sie jetzt in Bremerhaven gelandet. Wie genau kam es eigentlich dazu?

Schultze: Ganz einfach: Ich wollte meine Karriere noch nicht beenden und weiterspielen! Berlin hat mir nicht wirklich ein Angebot gemacht und konnte mir auch keine Perspektive aufzeigen, die mich gereizt hätte.

SPOX: Und Bremerhaven schon?

Schultze: Bremerhaven hat sich schon letztes Jahr während der Playoffs um mich bemüht. Coach Calvin Oldham sagte mir: "Wir wollen dich unbedingt." Er hat mich immer wieder gefragt und letztendlich habe ich die Chance erkannt, hier noch mal richtig anzugreifen. Das schien mir auch richtig, weil ich meine Karriere nicht abrupt oder als Bankdrücker beenden wollte.

SPOX: Wurde Ihnen direkt gesagt, welche Rolle Sie einnehmen würden? Sie sind mittlerweile immerhin Kapitän.

Schultze: Calvin hatte schon seine Vorstellungen. Er wollte einen erfahrenen, charakterstarken Führungsspieler haben, der auf und neben dem Platz Verantwortung übernimmt. In dieses Profil passte ich wohl ganz gut rein. (lacht)

SPOX: Wie drückt sich das im Locker Room aus?

Schultze: Naja, ich bin fast sieben Jahre älter als unser zweitältester Spieler. Ich bin gewissermaßen Mentor und Mitspieler in einem. Ich habe aber während meiner Karriere nie ein Blatt vor den Mund genommen, auch als jüngerer Spieler immer frei von der Schnauze gesprochen. Aber natürlich versuche ich auch, den jüngeren Spielern zu helfen.

SPOX: Hatten Sie selbst Vorbilder in der Hinsicht?

Schultze: Henrik Rödl und Patrick Femerling. Ich habe von beiden viel gelernt und versuche seitdem, selbst mein Wissen weiterzugeben. Egal, ob es um Dinge on the court oder abseits davon geht. Das war zuletzt bei Alba auch schon Teil meiner Rolle, und in der Nationalmannschaft sowieso. Ich habe es immer als Teil meiner Aufgabe betrachtet, für gute Stimmung zu sorgen, da man sonst ohnehin keinen Erfolg haben kann.

SPOX: Und wie gefällt Ihnen Bremerhaven? Der Unterschied zu Berlin ist ja schon nicht ganz unerheblich...

Schultze: Klar, der ist riesig. Aber ganz ehrlich: Es gefällt mir gut, am Wasser zu sein, hier kann man wunderbar entspannen, das hat schon was von Urlaub. Und zu klein ist die Stadt auch nicht. Das passt mir sehr gut, es ist ja nicht das erste Mal, dass ich in einer kleineren Stadt spiele.

SPOX: Und das Team? Was trauen Sie den Eisbären in dieser Saison zu?

Schultze: Letztes Jahr ist Bremerhaven mit 0-7 gestartet, das konnten wir jetzt zum Glück verhindern. So schlecht sind wir nicht, und wir wollen ganz klar in die Playoffs. Hier herrscht Aufbruchstimmung, weil viele neue Charaktere da sind. Wir haben deswegen aber auch noch viel Luft nach oben, da einige die Liga noch nicht so richtig kennen. Ich würde sagen, dass Teams wie Alba, Oldenburg, Bayern oder Bamberg zwar über uns stehen, aber wir können mithalten.

SPOX: Ihr Mitspieler Moses Ehambe hat neulich bereits die Meisterschaft als Ziel ausgerufen.

Schultze: Da musste ich auch schmunzeln, als ich das gesehen habe. Er ist zwar der einzige, der das so sagt, aber warum nicht. Ziele zu haben ist etwas Gutes, auch wenn ich uns jetzt nicht als den großen Meisterschaftsfavoriten bezeichnen würde. (lacht)

SPOX: Wo wir schon bei Einordnungen sind. Sie haben für ein Jahr in Bremerhaven unterschrieben. Was kommt danach?

Schultze: Das entscheidet mein Körper. Momentan fühle ich mich sehr gut, ich muss aber natürlich schauen, wie ich mit der gesteigerten Spielzeit klarkomme. Ich lasse das auf mich zukommen. Nach der Saison entscheide ich dann zusammen mit meiner Familie. Ich bilde mich momentan aber auch schon nebenher fort, um nach der Karriere vielleicht irgendwo als Athletik- oder Personal Trainer einzusteigen.

SPOX: Dann sieht man Sie in der Zukunft nicht als Coach an der Seitenlinie?

Schultze: Das hat mich nie so gereizt. Ich habe genug graue Haare! (lacht) Da muss man einfach zu viele Egos zufriedenstellen. Individuelles Training oder was im Jugendbereich könnte ich mir vorstellen, aber Head Coach werde ich in diesem Leben nicht mehr.

Seite 1: Schultze über Alba, die Nationalmannschaft und Dirk Nowitzki

Seite 2: Schultze über das Ausland, Bremerhaven und die Karriere danach

Sven Schultze im Steckbrief

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