Glanzpunkte in der Euroleague
Es war sicherlich nicht Pesic' schlechteste Idee. Denn Zipser demonstrierte, dass er dazugehört. Sogar in der Euroleague, wo er vergangene Saison gegen Kuban Krasnodar starke 14 Punkte auflegte und auch gegen den späteren Champion Maccabi Tel Aviv mehr als überzeugte. Der nächste wichtige Schritt.
"Im Spiel zu zeigen, was man kann, ist als junger Spieler immens wichtig", sagt er. "Ist man jung, hat man immer das Problem, dass man erstmal ein paar Chancen benötigt. Nutzt man die dann nicht, kann es schnell passieren, dass du in der Rotation wieder nach hinten rutschst. Ich habe meine Chance glücklicherweise genutzt."
...und wieder von vorn
Zipser war angekommen - und musste wenig später doch wieder nahezu von vorn beginnen. Während der ersten Playoff-Runde 2014 gegen Ludwigsburg landete er unglücklich, riss sich das Innenband im Knie. "Das war das Schlimmste, das hätte passieren können", blickt er heute zurück. "Am Anfang wollte ich es überhaupt nicht wahrhaben. Natürlich kann das vielen passieren, wenn du dich aber gerade erst zurückgekämpft hast, ist das schon sehr bitter. In ein, zwei Jahren weiß ich vielleicht, wozu es gut war. Jetzt ist es ohnehin durchgestanden und der Blick geht nur nach vorn."
Nach vorn. Das hieß zu Saisonbeginn erst einmal zurück kämpfen. In die Rotation. In ein neu zusammengestelltes Team. Es gelang. Gut 13 Minuten steht Zipser in dieser Saison durchschnittlich auf dem Court, legt dabei 4,9 Punkte auf. Ausbaufähige Zahlen, sicher, doch der Flügel stellt immer wieder sein Potential unter Beweis.
In Spielen wie gegen Tübingen, als er 20 Zähler auflegte. In solchen Spielen kommt alles zusammen. Athletik. Wurfgefühl. Übersicht. Dann ist Zipser selbst mit 21 nur schwer zu stoppen. Dass er früher auf der Eins spielte, den Aufbau übernahm, hilft zudem ungemein. Zipser besitzt ein Gefühl für das Spiel.
Mentor Pesic
Mittlerweile ist er angesichts von in Europa stolzen 201 Zentimetern Körpergröße jedoch auf der Drei angekommen. Svetislav Pesic sieht seinen Schützling auf dem Flügel und unterstützt ihn nach Kräften - wenn auch mit seiner ihm eigenen Art.
"Ich habe mein Spiel nach seinen Wünschen verändert", beschreibt Zipser im Gespräch mit SPOX sein Verhältnis zum Coach. "Er hat mir gezeigt, wie ich effektiv sein kann, ohne den Ball zu haben. Gleichzeitig zeigt mir der Coach aber auch, was ich anders machen kann, wenn ich den Ball dann habe. Während des Trainings nimmt er mich immer wieder zur Seite und sagt mir, was ich verbessern soll. Auch mal etwas lauter. Und das brauche ich auch. Coach Pesic spielt sicher die wichtigste Rolle in meiner Entwicklung."
Dabei ist das Spiel in dieser Saison wesentlich weniger auf Zipser zugeschnitten als noch in Phasen der vergangenen Spielzeit. Ins kalte Wasser geschmissen wird er nicht mehr. "Wir spielen viel Pick-and-Roll, lassen die Offense über die großen Jungs laufen", sagt Zipser. Deshalb habe er sein Spiel ein wenig umstellen müssen. Verärgert klingt Zipser dabei nicht. Vielmehr sachlich. So stellt sich die Situation nun mal dar. Am Ende müsse man sich einfach beweisen, "um sich mehr Selbstbewusstsein und das Vertrauen des Trainers zu erarbeiten."
Zwischen NBA-Traum und BBL-Playoffs
Selbstvertrauen. Wann immer man Zipser auf seine Schwächen anspricht, erwähnt er das Vertrauen in die eigene Stärke. Offensiv müsse er da noch zulegen, sagt er. Und tatsächlich wirkt er manchmal ein wenig zögerlich, nicht endgültig entschlossen. Dabei gibt er abseits des Courts mittlerweile ein ganz anderes Bild ab. Zipser wirkt aufgeräumt. Geradeheraus, aber nicht arrogant. Bestimmt, aber nicht plump. Zielstrebig, aber nicht verbissen. "Ich bin mittlerweile viel selbstbewusster", sagt er selbst.
Dazu gehört auch, seine Schwächen einzuräumen. An seiner Defense müsse er noch arbeiten, gibt Zipser unumwunden zu, fügt jedoch an, "dass ich viele Gegenspieler vor mir halten kann - was mir andere vielleicht nicht unbedingt zutrauen."
Und es gehört ebenfalls dazu, sich große Ziele zu setzen. Denn Paul Zipser möchte in die NBA. Irgendwann. "Das ist eines meiner Ziele", sagt er. Deshalb hat er sich in diesem Jahr für den Draft angemeldet. Ob er noch zurückzieht, weiß er derzeit nicht. Doch er möchte seinen Wert testen. Endgültig bereit für den großen Schritt sieht er sich zwar nicht, hat dafür aber einen nicht unwesentlichen Vorteil erkannt.
Zipser meldet sich zum Draft an: "NBA eines meiner Ziele"
Immerhin sei er "etwas anders als der klassische europäische Spieler, da ich relativ viel Athletik, Sprungkraft und Schnelligkeit mitbringe." In der NBA kämen derlei Qualitäten sicherlich gut an, wenngleich die Referenz in Sachen Athletik eine völlig andere ist. Zeit für Gedanken über ein mögliches Engagement in der Association, hat Zipser derzeit ohnehin nicht. Die Playoffs stehen an. In Runde 1 treffen die Bayern auf Frankfurt und wollen Titel selbstverständlich verteidigen. Diesmal mit einem fitten Paul Zipser.
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