SPOX: Sie haben oft erklärt, dass es in Serbien - angefangen beim Training - deutlich härter und physischer zur Sache geht. Profitieren Sie jetzt von dieser Erfahrung?
Zirbes: Wenn man mal davon absieht, dass ich jetzt gefühlt zwei Offensivfouls pro Spiel mache. (lacht) Also ja, die Liga in Serbien ist sehr viel physischer. Von dieser Erfahrung habe ich schon profitiert, aber jetzt muss ich mich auch wieder dran gewöhnen, dass es hier anders ist.
SPOX: Die Schiedsrichter hier pfeifen also eine andere Linie?
Zirbes: In jedem Fall muss man sich darauf einstellen, auch ich.
SPOX: Kommt es eigentlich mal zur Sprache, dass Ihr Coach in seiner Spielerkarriere mal beim großen Roter-Stern-Konkurrenten Partizan gespielt hat?
Zirbes: Man neckt sich schon und drückt sich hin und wieder einen Spruch rein. Aber er ist ja nicht der einzige: Vladimir Lucic hat auch bei Partizan gespielt.
SPOX: Vermissen Sie diese Rivalität, die es in Serbien beispielsweise zwischen Roter Stern und Partizan gibt? Trotz der Duelle zwischen Bayern und Bamberg geht es hier ja doch meist etwas ruhiger zu.
Zirbes: Schon ein wenig, ja. Dieses positiv Fanatische, dieses geschlossene Auftreten für die Mannschaft, dieses gegenseitige Unterstützen - all das ist dort schon beeindruckend. Ich würde es mir schon wünschen, dass es auch hier ein bisschen emotionaler wird. Ganz so heftig muss es vielleicht nicht werden - aber ich glaube, dass die deutsche Mentalität da etwas anders ist. Das überträgt sich auch auf die Fanszene.
SPOX: Stimmt es, dass es im Bayern-Playbook ein Partizan-Play gibt?
Zirbes: Das gibt es tatsächlich! Erst habe ich mich spaßeshalber geweigert, das zu laufen. Aber inzwischen gibt es auch ein Roter-Stern-Play. Von daher passt das schon. Ob der Coach es aus Nachsicht für meinen Ex-Verein eingeführt hat, weiß ich allerdings nicht.
SPOX: Was könnte denn der deutsche Basketball vom serbischen lernen?
Zirbes: Es ist sehr schwer, das zu verallgemeinern. Es gibt ja auch viele deutsche Trainer, die jugoslawische Elemente in ihre Arbeitsweise einfließen lassen. Als bestes Beispiel dient vielleicht Henrik Rödl, mit dem ich ja auch schon arbeiten durfte in Trier. Rödl hat selber lange unter Svetislav Pesic gespielt und viele Drills und Herangehensweisen von ihm übernommen. Das zeigt, dass sich alles ein Stück weit vermischt.
SPOX: Gibt es also auch Dinge, die die Serben basketballerisch von den Deutschen übernehmen können?
Zirbes: Am liebsten würde ich da "nein" sagen. (lacht) Vielleicht Pünktlichkeit? Wobei: Wenn es um Basketball und Training geht, stehen die Serben uns da in nichts nach. Aber mal im Ernst: Mir selbst liegt die jugoslawische Spiel- und Herangehensweise einfach. Deshalb fällt es mit tatsächlich schwer, diesbezüglich Dinge zu benennen.
SPOX: Generell scheint es so, dass der physische Aspekt - beispielsweise auch in der NBA - etwas an Bedeutung verliert und der Trend immer mehr hin zu werfenden Big Men geht. Ist es für Sie ein Vorteil, dass dadurch viele Gegenspieler ihre Härte nicht mehr gewohnt sind?
Zirbes: Ich denke, schon. Darauf wurde ich tatsächlich schon öfter angesprochen - aber ich kann ja auch werfen, so ist das nicht. Ich mache es zwar selten, habe das aber in meinem Repertoire. Ich denke mir: Wenn wir vier Leute auf dem Feld haben, die werfen können- so, wie es bei uns derzeit oft der Fall ist - warum sollte ich auch noch damit anfangen? Dann könnten wir auch Handball spielen, wenn alle nur noch werfen. Einer muss halt die Blöcke stellen, Inside-Dominanz mitbringen und in der Zone etwas aufräumen. Und genau das macht mir eigentlich am meisten Spaß.
SPOX: Doch genau diese Aspekte, die Sie gerade genannt haben, werden öffentlich oft nicht so sehr wahr genommen und gewürdigt. Stört Sie das?
Zirbes: Mir ist egal, was andere Leute sagen. Ich glaube, das kann man aus meinem Karriereweg auch herauslesen. Ein Stück weit muss man das zwar lernen, aber das habe ich. Wenn solche Dinge nicht im Statistikbogen auftauchen, dann ist es halt so. Ich meine, Mannschaften wie Maccabi oder Bayern fällt ja offenbar auf, was ich mache. Von daher brauche ich mir keine Gedanken zu machen, ob andere das auch erkennen.
SPOX: Kommen wir nochmal zurück zur BBL, in die Sie nach zwei Jahren zurückgekehrt sind. Wie hat sich die Liga entwickelt?
Zirbes: Die Ambition, in ein paar Jahren die beste Liga Europas zu sein, war und ist natürlich sehr hoch angesetzt. Um das zu erreichen, muss noch einiges passieren. Wir hatten dieses Jahr eine Mannschaft in der Euroleague, Spanien drei, die Türkei sogar vier. Das ist natürlich ein Indiz dafür, dass noch viel passieren muss - aber es geht auf jeden Fall in die richtige Richtung.
SPOX: Wie wird die BBL denn im Ausland wahrgenommen?
Zirbes: In Serbien gibt es so viele Sportkanäle, dass man sich eigentlich alles angucken kann - ob es nun Basketball oder Hockey oder etwas ganz anderes ist. Auch die BBL läuft dort. Das schaut man sich auch schon mal an. Wenn aber natürlich NBA oder Euroleague läuft, sieht es eher schlecht aus . . .
Maik Zirbes im Steckbrief