4. James Wade
Das Talent von James Wade ist unumstritten. Doch trotz seiner spielerischen Fähigkeiten fiel der 31-Jährige in der Vergangenheit regelmäßig durch nicht unbedingt vorbildhaftes Verhalten auf. Als er sich beispielsweise letztes Jahr gegen Simon Whitlock mehrmals in die Wurfzone stellte, wenn der Australier am Oche stand, war der Geduldsfaden der PDC gerissen. Der Verband sperrte Wade für vier Turniere.
Die Zwangspause scheint Wade allerdings die Augen geöffnet zu haben, denn statt weiterhin für negatives Aufsehen zu sorgen, fand The Machine wieder zu seiner Form. Ob die besseren Manieren auf den Lerneffekt durch die Strafe oder auf die Erziehung durch Ex-Walk-on-Girl Samanta Marsh, die er dieses Jahr heiratete, zurückzuführen ist, bleibt mal dahin gestellt.
Anfang Oktober ließ Wade jedenfalls seine gesamte Klasse aufblitzen, als er beim World Grand Prix gegen Robert Thornton einen Neun-Darter vor laufenden Kameras warf. Da Thornton ihm in dieser Sache nicht nachstehen wollte, war es die erste TV-Partie, in der beide Spieler beim Format Double In/Double Out das perfekte Spiel hinlegten. Eine Gefahr dürfte Wade für die beiden Topfavoriten Taylor und van Gerwen wohl trotzdem nicht darstellen.
3. Gary Anderson
Die 64.000-Euro-Frage: Wer war der erfolgreichste Spieler auf der Pro-Tour? Nein, nicht van Gerwen. Auch nicht Taylor, und schon gar nicht Lewis. Sondern Gary Anderson, und zwar mit stolzen sieben Turniersiegen. In den Medien wurde er lange als One-Hit-Wunder belächelt, doch dank seiner Leistungen katapultierte sich Anderson auf Platz vier der Order of Merit und hat sich mittlerweile in der Weltspitze etabliert.
Angesichts seines sportlichen Höhenflug ist Anderson natürlich besonders heiß auf die bevorstehende WM, seine Gewohnheiten stellt er deshalb aber nicht auf den Kopf: "Die Weltmeisterschaft ist das größte Turnier der Saison, aber trotzdem werde ich meine Routinen nicht ändern. Ich werde jetzt nicht 23 Stunden am Tag am Practice Board verbringen."
Hat er auch gar nicht nötig: Immerhin zeigte sich Anderson kurz vor der WM in beeindruckender Verfassung und gewann die letzten beiden Turniere Ende November. Sowohl Taylor als auch Lewis mussten beim Players Championship gegen ihn die Segel streichen. Da der 44-Jährige beim Scoring traditionell ganz oben mit dabei ist, steht und fällt das Spiel vom Flying Scotsman mit der Check-Out-Quote. In diesem Jahr ist er darin deutlich flexibler geworden und checkt nicht mehr nur über die Tops. Ergebnis: Seine Quote ging nach oben - und endet mit dem großen Coup? Dagegen sprechen allerdings die Herren Klaasen, Painter und Wright, die früh im Turnier warten könnten.
2. Michael van Gerwen
Michael van Gerwen oder Phil Taylor? Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Mal ist der eine besser, mal der andere. Ein elektrisierender Zweikampf. Für van Gerwen gibt es aber keine Frage, wer derzeit der beste Dartsspieler der Welt ist. "Ich glaube, dass ich in der momentanen Form der Beste bin", beweist der Titelverteidiger gesundes Selbstvertrauen - und das hat seine Gründe.
Vor einem Jahr gewann van Gerwen das Finale gegen Peter Wright und krönte sich zum jüngsten Weltmeister in der Geschichte. Mit dem Triumph löste er zu Beginn des Jahres auch gleichzeitig Phil Taylor als Führenden der Weltrangliste ab und gab diese Position bis heute nicht mehr ab.
Seine Stellung untermauerte Mighty Mike mit seiner Performance im Oktober, als er drei Turniere für sich entscheiden konnte und dem Monat mit einem Neun-Darter bei den European Championship das Sahnehäubchen aufsetzte. Warum der Niederländer trotzdem nur auf Platz zwei rangiert? Bei den folgenden drei Events erreichte er nur einmal das Halbfinale.
Trotzdem sprechen seine Erfolge für sich: jüngster Weltmeister, Nummer eins der Welt - wenn MvG die Bühne betritt, sorgt er bei seinen Gegnern für weiche Knie. Das war aber nicht immer so. "Es gab Zeiten, da ging ich auf die Bühne und hatte Angst. Angst zu verlieren", erzählt der Niederländer von seiner Anfangszeit und spricht von einer Kehrtwende im Vergleich zu heute: "Jetzt gehe ich auf die Bühne und denke mir: 'Ich werde ihn einfach besiegen'. Ehrlich. Ich denke, ich werde ihn in Stücke zerreißen."
Van Gerwen, dessen Weg ins Viertelfinale bis auf Chisnall relativ einfach wirkt, lebt wie kein Zweiter von seiner Explosivität, die er in jedem wichtigen Spiel zeigt. Genau die darf man auch bei der WM erwarten. Für den 25-Jährigen kann es nur die Titelverteidigung als Ziel geben.
1. Phil Taylor
16 Mal. Das ist die Anzahl der Weltmeistertitel, die Taylor gesammelt hat. Dass The Power damit Rekordhalter ist, erklärt sich von selbst. Kein Wunder also, dass sein Zweitrunden-Aus im letzten Jahr ein echter Schocker war. Das soll ihm, das wird ihm kaum zweimal hintereinander passieren.
Die Konzentration auf diese Aufgabe dürfte angesichts der familiären Probleme allerdings nicht leicht fallen, denn Taylors Mutter ist schwer krank. Trotzdem gibt sich der 54-Jährige zuversichtlich, dass er während seiner Auftritte den Fokus auf das Spiel legen kann: "Wenn man bei Wettbewerben ist, denkt man nicht an die Situation daheim."
Dass der Rekordchampion als Favorit in das Turnier startet, ist ebenfalls keineswegs selbstverständlich: Anfang des Jahres wechselte Taylor vom Ausrüster "Unicorn Darts" zu "Target Darts" und fand dabei lange nicht das richtige Equipment. Erst beim World Matchplay im Juli flogen die Darts nach seinem Geschmack, Taylor gewann das zweitwichtigste Turnier gegen den chancenlosen van Gerwen mit einem 107er Average.
Auch jüngst zeigte sich The Power beim Grand Slam of Darts in überragender Form und schmetterte in jeder Partie einen Average im dreistelligen Bereich auf die Scheibe. Das i-Tüpfelchen: Taylor lieferte den zehnten Neun-Darter seiner Karriere vor laufenden Kameras ab. Der Routinier ist bei der WM der Spieler, den es zu schlagen gilt, denn pünktlich zum größten Turnier des Jahres ist Taylor on fire.
Das große Los, in der ersten Runde gegen den Meister der fliegenden Pfeile ran zu dürfen, zog der anfangs erwähnte Artut. "Ich hatte gegen Gary Anderson vor zwei Jahren auch keine Chance und dann vier Matchdarts. Warum sollte ich nicht diesmal die Chance nutzen?", sagte die Nummer 57 der Welt nach der Auslosung schmunzelnd.
Der Favorit selbst, der in Runde zwei schon auf Grand-Slam-Halbfinalist Kim Huybrechts treffen könnte, spricht natürlich nur vom großen Pott: "Ich würde gerne einen weiteren Titel gewinnen. Ich denke, dass einer mehr perfekt wäre und wenn ich diesen gewinne, versuche ich wahrscheinlich, noch einen mehr zu gewinnen." Ganz getreu dem Motto: Immer weiter...