Inmitten von Konfettiregen und Feuerwerkshow prallten im "Ally Pally" die Extreme der Emotionen in voller Wucht aufeinander.
Im Rampenlicht stand Luke Humphries, der mit weltmeisterlicher Leichtigkeit die 25 kg schwere Sid-Waddell-Trophy in die Höhe riss - daneben starrte Luke Littler traurig auf seine Miniaturausgabe des WM-Pokals.
Nichts vermochte das 16 Jahre alte "Wunderkind" nach dem verpassten Happy End seines Darts-Märchens zu trösten, weder die Fangesänge vom "Littler Wonderland", noch die Umarmungen und warmen Worte des neuen Weltmeisters.
"Ich musste das heute Abend gewinnen, denn Luke wird in Zukunft viele davon gewinnen, da bin ich mir sicher", sagte Humphries und sprach aus, was viele nach dem hochklassigen 7:4 im WM-Finale dachten: "Er wird bald die Darts-Welt dominieren. Es war mein Abend, aber er ist ein unglaubliches Talent."
TV-Quoten: Luke Littler stellt Phil Taylor in den Schatten
Zwar krönte sich "Cool Hand Luke" erstmals zum Champion und ist die neue Nummer eins der Welt, doch diese WM brachte zwei Gewinner hervor.
Denn Littlers furiose Auftritte beim WM-Debüt sorgten im Dartsport für einen noch nie dagewesenen Hype. Aus den knapp 4000 Instagram-Followern des englischen Teenagers sind im Laufe des Turniers über 700.000 geworden.
Zum Vergleich: Der langjährige Dominator und dreimalige Weltmeister Michael van Gerwen kommt mit der zweitgrößten Gefolgschaft gerade mal auf rund 419.000. Dazu sorgten Littlers Spiele in England für Rekorde bei den TV-Einschaltquoten und stellten selbst Matches von Darts-Ikone Phil Taylor in den Schatten.
Luke Littler kletter um 133 Positionen nach oben
Littler, in britischen Medien bereits mit Lionel Messi oder Boris Becker verglichen, gehört die Zukunft, da sind sich viele Beobachter einig.
"Er ist einer der besten Spieler der Welt, daran gibt es keinen Zweifel", schwärmte Humphries und forderte wie bereits Ex-Weltmeister Gerwyn Price für das Supertalent einen Startplatz in der prestigeträchtigen Premier League.
In der Weltrangliste kletterte der Youngster um 133 Positionen auf Platz 31 - dabei steht seine erste Saison auf der Tour der Professional Darts Corporation (PDC) erst an.
Rekordweltmeister Taylor hatte aber bereits vor der WM prognostiziert, dass "The Nuke" ("Die Atombombe") "einer der besten Spieler der Geschichte" werde.
Und Littler kündigte nach seiner bitteren Finalniederlage an: "Es war ein unglaubliches Turnier, und jetzt will ich einfach weitermachen und es gewinnen."
Luke Humphries dachte über Karriereende nach
Doch die Gegenwart gehört zunächst einmal Humphries, der bereits drei der vier Major-Turniere im Vorfeld der WM gewonnen hatte und seinem Status als Topfavorit gerecht wurde.
Dabei hatte der 28-Jährige, der im WM-Finale wie schon zuvor gegen den Nürnberger Ricardo Pietreczko und Joe Cullen einen Zweisatz-Rückstand drehte, in der Vergangenheit schon oft mit Rückschlägen zu kämpfen gehabt.
2019 sprach Humphries öffentlich über Angstzustände auf der Bühne und Panikattacken, er spielte sogar mit dem Gedanken, den Sport aufzugeben. Doch er suchte sich professionelle Hilfe, arbeitete auch an seiner körperlichen Fitness und verlor viel Gewicht.
"Ich konnte mein Spiel nicht auf die große Bühne bringen und hatte viele Probleme", erinnerte sich Humphries nach seinem Triumph: "Daher ist es etwas ganz Besonderes für mich, dass ich nun Weltmeister und die Nummer eins der Welt geworden bin."