"Mit 128 km/h ins Fahrzeug"

Stephan Schott startet mit seinem Beifahrer Holm Schmitt am 4. Januar in die Dakar 2015
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SPOX: Ohne Probleme läuft allerdings keine Rallye ab. Es gab bei Ihnen unter anderem einen doppelten Überschlag im Mitsubishi, einen zerstörten BMW nach einem Überholmanöver gegen einen "parkenden" Holländer und einen Salto vorwärts im Mini bei der letzten Ausgabe. Was war für Sie der schlimmste Unfall?

Schott: Vor zwei Jahren stand der TV-Hubschrauber nach einer Kurve über uns und wirbelte Staub auf. Ich habe überhaupt nichts gesehen und bin mit 128 km/h in ein anderes Fahrzeug eingeschlagen, das eine 90-Grad-Linkskurve nicht geschafft hatte. Passiert ist aber nichts. Die Autos sind mittlerweile so sicher gebaut und wir durch verschiedene Systeme geschützt.

SPOX: Der Kontrollverlust ist aber sicher nicht gerade angenehm - gerade bei einem Überschlag.

Schott: Das geht so schnell, dass man die Situation erst erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Dach oder bei wieder auf den Rädern steht. Einen Überschlag realisiert man nicht. Man bekommt es zwar mit, ist aber nur Beifahrer. Man kann nur das Steuer loslassen, im Gurt sitzen und warten, dass die Sache glimpflich ausgeht. Eine Chance zu reagieren oder zu denken gibt es nicht. Dafür läuft das zu schnell ab.

SPOX: Sie sind aber nicht nur Rennfahrer, sondern gleichzeitig Ersthelfer und Lastenesel.

Schott: Ich habe 100 Kilogramm der wichtigsten Ersatzteile zusätzlich an Bord. Damit kann ich aushelfen, wenn einer der Topfahrer ein technisches Problem oder einen Unfall hat. Mein Co-Pilot, Holm Schmidt, ist ausgebildeter KFZ-Meister. Außerdem hatten wir im Werk ein mehrtägiges Training, damit wir die häufigsten Schäden selbst reparieren können. Da ich morgens nicht unter den zehn Besten starte, bin ich hinter den Topfahrern meines Teams. Wenn ich die dann sehe, halte ich kurz an, analysiere die Situation und gebe die Ersatzteile ab. Wenn es ganz schwierig ist, helfen wir auch. Mein Team hat mir zwar freies Fahren zugesagt, aber es ist nicht nur im Auto ein Teamsport. Man hilft den besseren Fahrern, gerade wenn man ein super Klima im Team hat.

SPOX: Sie sind bei ihrem Team als Frohnatur für die gute Stimmung mitverantwortlich. Sind Sie am 17. Januar bei der Abschlussparty in Buenos Aires deshalb besonders gefordert?

Schott: Das kann man schon sagen. Ich bin nicht ganz so schlimm wie Podolski, sorge aber immer für gute Stimmung. Als Stephane Peterhansel 2012 das erste Mal gewann, wurde riesig gefeiert - aber nicht nur er. Ich kam mit einem Fünfzylinder an, weil der sechste schon am zweiten Tag defekt war. Ich wurde aber mindestens genauso gefeiert wie er. Erst gibt es ein Essen mit dem Teamchef und allen Mechanikern, dann wird ein bisschen getrunken. Das ist schon intensiv. Man geht aber früh ins Bett, weil man nach 14 Tagen am Stück einfach müde ist.

SPOX: Könnten Sie eigentlich auch auf Ihren Co-Piloten verzichten und das Rennen alleine fahren?

Schott: Nein. Das ist wirklich ein Teamsport. Ich konzentriere mich aufs Fahren und der Co-Pilot hat neben der Navigation die Aufgabe, mich zu verköstigen. Er animiert mich zum Trinken und gibt mir im Rhythmus von 30 bis 60 Minuten kleine Müsliriegel oder Powergels, sodass ich nicht auf einen Hungerast bekomme oder körperlich abbaue. Wir sind zwei Leute, die sich verstehen - auch in ganz harten Situationen. Das funktioniert hervorragend, auch wenn es manchmal im Cockpit in kniffligen Situationen zu Diskussionen kommt. Das bleibt aber im Fahrzeug, das trägt man nicht nach außen.

SPOX: 2015 ist die Rallye 9111 Kilometer lang, auf 4533 wird die Zeit gemessen - ein echtes Marathonrennen, das Mensch und Maschine aufs härteste fordert und zum Mythos geworden ist. Was macht es aus für Sie so besonders, dass sie schon zum siebten Mal an den Start gehen?

Schott: Auf der langen Strecke gibt es durch die unterschiedlichen Terrains sehr viele Schwierigkeiten. Wir haben von Fahrten zwischen Bäumen wie in Skandinavien, über Schotter-Strecken der WRC in Argentinien, bis hin zu Dünen oder weiten Ebenen alles dabei. In diesem Jahr kommt auch noch ein Salzsee in Bolivien hinzu. Das wird interessant.

SPOX: Zudem könnte es zum offenen Schlagabtausch zwischen Stephane Peterhansel und Nani Roma kommen, die im Vorjahr beide bei X-Raid im Mini fuhren. Ihr ehemaliger Teamkollege aus Frankreich ist wie auch Carlos Sainz beim Comeback von Peugeot dabei. Verändert das etwas?

Schott: Garnichts, nicht mal an der persönlichen Situation zu Stephane. Er ist ein feiner Kerl. Die Rallye wird dieses Jahr sicher härter, die Wettbewerbssituation höher. Zusätzlich haben die Buggys vom Reglement her Vorteile. Auch wenn es für unser Team schwieriger wird, sage ich: Es kommt hauptsächlich auf die Zuverlässigkeit an. Da hat unser Mini in den letzten Jahren bewiesen, dass er fast ohne Probleme durchkommt. Das kann man bei Peugeot nicht sagen. Wir wissen nicht, wie deren Auto auf der Gesamtstrecke durchhält. Einzelne Etappensiege können sie holen, aber um etwas über die Zuverlässigkeit zu sagen, bräuchten wir eine große Kristallkugel.

SPOX: Sind Sie als Fahrer sogar froh, dass die Franzosen derart professionell gegen die Mini-Dominanz antreten?

Schott: Sicher. Einerseits wird es vielleicht schwieriger für uns, den Sieg zu erringen. Andererseits macht jeder Wettbewerber mit einem guten Fahrzeug die Rallye interessanter - besonders für die Zuschauer. Dass Peugeot jetzt wieder eingestiegen ist, empfinde ich als Bereicherung für die Dakar. Ich hoffe auf einen intensiven Kampf und dass am Ende doch wieder X-Raid gewinnt.

SPOX: Wie ist eigentlich die Stimmung unter den Fahrern - auch zu denen der anderen Teams. Bilden sich Freundschaften?

Schott: Es gibt immer wieder die Möglichkeit zu kommunizieren, abends kurz einen Smalltalk im Biwak zu halten. Die in den Medien manchmal dargestellte große Rivalität gibt es nicht. Jeder kennt jeden. Der Co-Pilot von Adam Malysz war etwa mal bei mir im Team. Malysz ist zum Beispiel ein ganz ruhiger Typ, sitzt in seinem Auto und will die Sache abspulen. Er kann mal zu einem Scherz bereit sein und man kann mit ihm rumblödeln. Aber im Auto ist er hochkonzentriert, dafür dass er erst seit drei Jahren fährt, geht er ordentlich ran. Der kennt keine Angst. Wenn man ihn mit seiner Fahrweise in den Dünen sieht, merkt man schon, dass da ein Skisprung-Weltmeister am Steuer sitzt. Er kann gut fliegen... (lacht)

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