In den kommenden drei Wochen ist ganz Frankreich wieder im Ausnahmezustand. Die besten Radsportler der Welt messen sich bei ihrem Saisonhöhepunkt - der Tour de France. 198 Fahrer in 22 Teams nehmen die 97. Auflage der Grand Boucle in Angriff. Über 3641,4 Kilometer jagen sie von Rotterdam bis Paris nach Etappensiegen, Trikotehren und weltweitem Ruhm. Dabei sind auch 15 Deutsche. Vom Kopfsteinflüsterer über das Cipollini-Double bis zum Man in White. SPOX stellt sie gemeinsam mit Ex-Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer vor.
Der Kopfsteinflüsterer
Marcus Burghardt (27)
Geburtsdatum: 30. Juni 1983 in Zschopau
Fahrertyp: Etappenjäger
Aktuelles Team: BMC Racing Team (seit 2010)
Frühere Teams: 2004 - 2007 T-Mobile, 2008 Team Columbia
Größte Erfolge: Sieg bei Gent-Wevelgem 2007, ein Etappensieg bei der Tour de France, zwei Etappensiege bei der Tour de Suisse
Bisherige Tour-Teilnahmen (2): 2007 (Platz 127), 2008 (Platz 117)
Burghardt kann so schnell nichts umhauen. Bei seiner Tour-Premiere 2007 lief ihm ein Hund ins Rad. Der Sturz blieb ohne Folgen: Burghardt rappelte sich wieder auf und erreichte Paris. Der persönliche Höhepunkt des sprintstarken Exil-Schweizers fand in diesem Jahr schon statt: Burghardt träumt von einem Sieg beim Kopfsteinpflaster-Klassiker Paris-Roubaix. Nach seinem Tour-Etappensieg vor zwei Jahren wurde er mit der Ehrennadel des Sächsischen Radfahrer-Bundes ausgezeichnet. Im vergangenen Monat ließ er mit zwei Tageserfolgen in der Schweiz aufhorchen.
Das sagt Holczer: "Er wird wohl für Evans arbeiten müssen. Aber er ist auch einer, der sich mal in einer Fluchtgruppe wiederfinden wird. Die Chance wird er bekommen. Keiner für das Klassement, keiner für die Sprints, aber einer für die Gruppen und einer zum Arbeiten."
Der Zabel-Schüler
Gerald Ciolek (23)
Geburtsdatum: 19. September 1986 in Köln
Fahrertyp: Sprinter
Aktuelles Team: Team Milram (seit 2009)
Frühere Teams: 2005 Akud Arnolds, 2006 Team Wiesenhof, 2007 T-Mobile, 2008 Team Columbia
Größte Erfolge: Deutscher Straßen-Meister 2005, U-23-Straßen-Weltmeister 2006, ein Etappensieg bei der Vuelta a Espana, fünf Etappensiege bei der Deutschland Tour
Bisherige Tour-Teilnahmen (2): 2008 (Platz 103), 2009 (Platz 126)
Ciolek gilt als Jahrhundert-Talent, seit er 2006 mit 19 Jahren bei der Deutschland Tour die Sprintelite schockte. Fortan nahm sich Erik Zabel dem gelernten Energieelektroniker an. Der große Durchbruch ist dem Handy-Freak, der Orangensaft als Lieblingsgetränk angibt, noch nicht gelungen. Aber wie sagt der Kölner Ciolek: "Es kütt wie et kütt und nix bliev wie et wor." In diesem Jahr musste er sich von einer Schultereckgelenkssprengung und einem Kahnbeinbruch erholen.
Das sagt Holczer: "Sprinter - mehr muss man nicht sagen. Ob es jetzt das Grüne Trikot sein muss, sei dahingestellt. Das stellt sich erst nach den ersten Tagen heraus. Aber ein Etappensieg ist Pflicht."
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Der Original-Gerolsteiner
Johannes Fröhlinger (25)
Geburtsdatum: 9. Juni 1985 in Gerolstein
Fahrertyp: Etappenjäger
Aktuelles Team: Team Milram (seit 2009)
Früheres Team: 2006 - 2008 Team Gerolsteiner
Größte Erfolge: bei Giro d'Italia und Vuelta a Espana bester Deutscher
Bisherige Tour-Teilnahmen (1): 2009 (Platz 78)
Fröhlinger wollte eigentlich den Weg tausender Gleichaltriger gehen. Doch als er ein Angebot des Gerolsteiner-Teams bekam, verwarf der gebürtige Gerolsteiner seine Studienpläne. Zuvor war der Rotwein-Liebhaber in der Stadtverwaltung Kaiserslautern im Referat Umweltschutz tätig. Erste Erfahrungen als Rennfahrer sammelte er bei seinem Heimatverein RSC Prüm sowie in Frankreich bei SC Sarreguemines. Nun will der passable Kletterer seinen Kapitän Linus Gerdemann am Berg unterstützen.
Das sagt Holczer: "Johannes ist ein Riesentalent und entwickelt sich kontinuierlich weiter. Er kann definitiv auch in schweren Etappen eine Rolle spielen, wenn er in einer Ausreißergruppe ist. Für eine gute Gesamtplatzierung ist er noch nicht stabil genug."
Enfant Terrible, Uhrwerk & Cipollini-Double
Kunstradler, Ullrich-Kumpel & Madison-Champion
Offensivmann, "Berg-König" & Mann in Weiß
Treue Seele, Perpetuum Mobile & Motorrad-Freak
Das Enfant Terrible
Linus Gerdemann (27)
Geburtsdatum: 16. September 1982 in Münster
Fahrertyp: Rundfahrer
Aktuelles Team: Team Milram (seit 2009)
Frühere Teams: 2003/2004 Winfix, 2005 Team CSC, 2006/2007 T-Mobile, 2008 Team Columbia
Größte Erfolge: ein Etappensieg bei der Tour de France, ein Etappensieg bei der Tour de Suisse, Gesamtsieg bei der Deutschland Tour 2008
Bisherige Tour-Teilnahmen (2): 2007 (Platz 36), 2009 (Platz 24)
Gerdemann galt vor einigen Jahren als größtes deutsches Talent seit Jan Ullrich. Dabei kam er nur zum Straßenradsport, weil ein im Alter von 17 Jahren erlittener Schienbeinbruch sein Hobby Mountainbiking nicht mehr zuließ. Weitere Rückschläge folgten: 2004 nominierte der BDR ihn wegen mangelnden Teamgeistes nicht für die WM. Nur unter Vorbehalt erhielt Gerdemann beim Team CSC, für das auch sein Vorbild Laurent Jalabert aktiv war, einen Vertrag. Bei seiner ersten Tour sorgte er für Aufsehen, als er sich mit einem Etappensieg für einen Tag ins Gelbe Trikot fuhr.
Das sagt Holczer: "Für Linus wird es die Tour der Entscheidung werden. Ob er der Mann für die Gesamtwertung ist, weiß ich nicht. Aber er ist immer für einen Tagessieg gut und vielleicht auch für einen Platz unter den ersten 15 im Klassement."
Das Uhrwerk
Bert Grabsch (35)
Geburtsdatum: 19. Juni 1975 in Wittenberg
Fahrertyp: Zeitfahrer
Aktuelles Team: Team HTC-Columbia (seit 2008)
Frühere Teams: 1998 Agro Adler Brandenburg, 1999/2000 Team Cologne, 2001 - 2006 Phonak, 2007 T-Mobile
Größte Erfolge: Zeitfahr-Weltmeister 2008, Deutscher Zeitfahr-Meister 2007 bis 2009, ein Etappensieg bei der Vuelta a Espana
Bisherige Tour-Teilnahmen (5): 2004 (Platz 81), 2005 (Platz 103), 2006 (Platz 106), 2007 (Platz 105), 2009 (Platz 134)
Grabsch jagte in seiner Jugendzeit wie Millionen andere Kinder dem runden Leder hinterher. Fußball war seine Leidenschaft. Erst sein ebenfalls als Profi aktiv gewesener Bruder Ralf brachte ihn zum Radsport. Grabschs Stunde schlägt beim Kampf gegen die Uhr. Bei den Deutschen Meisterschaften holt er einen Titel nach dem anderen. Mit seinem Sieg bei der WM 2008 durchbrach Grabsch die beeindruckende Serie von Fabian Cancellara. Weil der Familienvater beim Einfahren zum Prolog der Dauphine stürzte und sich eine Rippenprellung zuzog, verlief die Tour-Vorbereitung nicht optimal.
Das sagt Holczer: "In der Mannschaft ein ganz wichtiger Helfer. Die werden auf Sprintankünfte gehen. Bert wird seinen Job tun. Vielleicht kann er beim Zeitfahren seine Klasse aufblitzen lassen."
Das Cipollini-Double
Danilo Hondo (36)
Geburtsdatum: 4. Januar 1974 in Guben
Fahrertyp: Sprinter
Aktuelles Team: Lampre-Farnese Vini (seit 2010)
Frühere Teams: 1997/1998 Agro Adler Brandenburg, 1999 - 2003 Team Telekom, 2004/2005 Team Gerolsteiner, 2006 Team Lamonta, 2007 Tinkoff, 2008 Diquigiovanni-Androni Giocattoli, 2009 PSK Whirlpool
Größte Erfolge: Deutscher Straßen-Meister 2002, zwei Etappensiege beim Giro d'Italia, zehn Etappensiege bei der Friedensfahrt
Bisherige Tour-Teilnahmen (2): 2002 (Platz 104), 2004 (Platz 106)
Hondo wechselte nach der verpassten Quali für Olympia 1996 von der Bahn auf die Straße. Dort erhielt er schnell den Beinamen Lausitz-Cipollini - der Ähnlichkeit zur italienischen Sprint-Ikone wegen. Neben Flachetappen bei Rundfahrten sind auch Klassiker sein Metier. Einen herben Einschnitt erhielt seine Karriere im März 2005, als Hondo positiv auf Caphedron getestet wurde. Obwohl Zweifel blieben, wurde er für zwei Jahre gesperrt. Seit seiner Rückkehr hat Hondo jährlich seinen Arbeitgeber gewechselt. Vor der Tour verlängerte er nun für zwei Jahre bei Lampre.
Das sagt Holczer: "Er wird in erster Linie arbeiten müssen, aber er ist immer gut für einen Rang unter den ersten Fünf. Auch in einer Gruppe kann er, wenn das Profil wellig und etwas schwerer ist, im Finale eine gute Rolle spielen."
Kopfsteinflüsterer, Zabel-Schüler & Original-Gerolsteiner
Kunstradler, Ullrich-Kumpel & Madison-Champion
Offensivmann, "Berg-König" & Mann in Weiß
Treue Seele, Perpetuum Mobile & Motorrad-Freak
Der Kunstradler
Andreas Klier (34)
Geburtsdatum: 15. Januar 1976 in München
Fahrertyp: Etappenjäger
Aktuelles Team: Cervelo Test Team (seit 2009)
Frühere Teams: 1996/1998 Team Nürnberger, 1999/2000 Farm Frites, 2001 - 2007 Team Telekom bzw. T-Mobile, 2008 Team Columbia
Größte Erfolge: Sieg bei Gent-Wevelgem 2003, ein Etappensieg bei der Vuelta a Espana
Bisherige Tour-Teilnahmen (2): 2000 (Platz 105), 2009 (Platz 155)
Klier hatte zu Beginn anderes auf dem Rad vor als Bergpässe zu befahren. Elfmal wurde er bayrischer Schülermeister im Kunstradfahren. Erst mit 14 Jahren folgte der Wechsel auf die Straße. Vier Jahre später erkrankte Klier am Pfeifferschen Drüsenfieber und musste ein Jahr pausieren. Doch schon 2000 war er erstmals bei der Tour am Start. Dort wurde ihm zum Verhängnis, dass er neben deutsch zwar englisch, schwedisch und niederländisch spricht, aber eben nicht französisch. Als Klier wegen Schmerzen einen Zahnarzt aufsuchte, bohrte dieser ihm den falschen Zahn an.
Das sagt Holczer: "Alter Haudegen, gar keine Frage. Wird Mannschaftsarbeit leisten und leisten müssen. Er wird sicher auch mal in der einen oder anderen Gruppe zu finden sein, aber in erster Linie besteht seine Aufgabe darin, die Sprints vorzubereiten."
Der Ullrich-Kumpel
Andreas Klöden (35)
Geburtsdatum: 22. Juni 1975 in Mittweida
Fahrertyp: Rundfahrer
Aktuelles Team: Team RadioShack (seit 2010)
Frühere Teams: 1999 - 2006 Team Telekom bzw. T-Mobile, 2007 - 2009 Team Astana
Größte Erfolge: Olympia-Bronze im Straßenrennen 2004, Deutscher Straßen-Meister 2004, Zweiter bei der Tour de France 2004 und 2006, Gesamtsieg bei Tirreno-Adriatico 2007, Gesamtsieg bei der Tour de Romandie 2007
Bisherige Tour-Teilnahmen (7): 2001 (Platz 26), 2003 (nicht beendet), 2004 (Platz 2), 2005 (nicht beendet), 2006 (Platz 2), 2007 (nicht beendet), 2009 (Platz 6)
Klöden hat alle Anlagen für einen Tour-Sieg. Doch er sieht sich lieber in der Rolle des selbstlosen Helfers. Waren früher Jan Ullrich und Alberto Contador seine Kapitäne, beschützt Hilde nun Lance Armstrong. Er gilt als bester Freund von Ullrich, den er trotz Dopingbeschuldigungen öffentlich verteidigt. Nach dem Rausschmiss seines Kumpels verließ er das Team T-Mobile im Streit. Auch auf den BDR ist Klöden nicht gut zu sprechen - der Verband teilte ihm seine Nichtberücksichtigung für Olympia 2008 per SMS mit.
Das sagt Holczer: "Superstark, eigentlich kann er auf dem Podium stehen. Er wird natürlich seinem großen Herrn und Meister dienen müssen. Aber ich würde ihn nicht unterschätzen. Wenn es früh in die falsche Richtung läuft für Armstrong, dann ist Klödi immer einer, der es drauf hat, auf das Podium zu fahren."
Der Madison-Champion
Roger Kluge (24)
Geburtsdatum: 5. Februar 1986 in Eisenhüttenstadt
Fahrertyp: Sprinter
Aktuelles Team: Team Milram (seit 2010)
Früheres Team: 2008/2009 Team Brandenburg
Größte Erfolge (auf der Bahn): Olympia-Silber im Punktefahren 2008, Europameister im Madison 2009
Bisherige Tour-Teilnahmen: erstmals am Start
Kluge hat sich bislang eher als Bahnfahrer denn auf der Straße einen Namen gemacht. In Peking war 2008 beim Punktefahren nur der Spanier Juan Llaneras besser. Zu der Zeit hatte sich Kluge längst ein zweites Standbein aufgebaut, doch bei den wirklich wichtigen Rennen im Freien konnte er sich noch nicht ganz vorne platzieren. Als Bahnspezialist hat er seine Qualitäten im Sprint sowie im Kampf gegen die Uhr. Somit wird er Gerald Ciolek auf den letzten Metern der Flachetappen in eine günstige Position fahren dürfen.
Das sagt Holczer: "Er wird sich umschauen. Schneller Mann, der für Ciolek arbeiten wird. Kluge hat ein gutes Auge. Wenn er eine geschickte Gruppe erwischt, kann er auch mal ganz weit vorne landen. Ich traue ihm einiges zu, aber er wird eine ganz neue Welt kennenlernen."
Kopfsteinflüsterer, Zabel-Schüler & Original-Gerolsteiner
Enfant Terrible, Uhrwerk & Cipollini-Double
Offensivmann, "Berg-König" & Mann in Weiß
Treue Seele, Perpetuum Mobile & Motorrad-Freak
Der Offensivmann
Christian Knees (29)
Geburtsdatum: 5. März 1981 in Bonn
Fahrertyp: Rundfahrer
Aktuelles Team: Team Milram (seit 2006)
Früheres Team: 2004/2005 Team Wiesenhof
Größte Erfolge: ein Etappensieg bei der Tour de Gironde, Sieg bei Rund um Köln 2006, Gesamtsieg bei der Bayern-Rundfahrt 2008, Deutscher Straßen-Meister 2010
Bisherige Tour-Teilnahmen (4): 2006 (Platz 103), 2007 (Platz 47), 2008 (Platz 27), 2009 (Platz 21)
Knees kennt nur eine Richtung. Sein Motto: "Angriff ist die beste Verteidigung." So hat sich der gelernte Metallbauer bei der Tour 2009 zum zweitbesten Deutschen nach Andreas Klöden gemausert. Der Familienvater hat eine bemerkenswerte Wandlung hinter sich: War Knees früher ein Profi für Klassiker, gehört er mittlerweile zu den besten deutschen Rundfahrern. Vor dem Beginn seiner Profi-Karriere war er in der Sportfördergruppe der Bundeswehr.
Das sagt Holczer: "Knees hat schon gezeigt, dass er bei der Tour durchfahren kann - und das auf gutem Posten. Ich denke, er wird das Klassement im Auge behalten. Ansonsten ist er für Ausreißergruppen immer gut."
Der "Berg-König"
Sebastian Lang (30)
Geburtsdatum: 15. September 1979 in Sonneberg
Fahrertyp: Zeitfahrer
Aktuelles Team: Omega Pharma-Lotto (seit 2009, vorher Silence-Lotto)
Früheres Team: 2002 - 2008 Team Gerolsteiner
Größte Erfolge: Deutscher Zeitfahr-Meister 2006, Gesamtsieg bei der Drei-Länder-Tour 2006, Gewinn des Bergtrikots bei der Deutschland Tour 2006
Bisherige Tour-Teilnahmen (5): 2004 (Platz 78), 2005 (Platz 65), 2006 (Platz 65), 2008 (Platz 72), 2009 (Platz 76)
Lang stand vor zwei Jahren schon vor dem Karriereende. Nach den Dopingverstrickungen seiner Teamkollegen Stefan Schumacher und Bernhard Kohl wollte Seppel das Rad an den Nagel hängen. Doch er entschied sich anders. Wie schon in seiner Jugend - damals war Handball für ihn die Nummer eins. Lang ist beim Kampf gegen die Uhr immer für einen Sieg gut. Sein Traum - ein Etappensieg bei einer der großen Rundfahrten - ist aber noch nicht in Erfüllung gegangen. Vor zwei Jahren trug er drei Tage das Bergtrikot bei der Tour.
Das sagt Holczer: "Er wird sich ganz in den Dienst der Mannschaft stellen müssen. Aber ich hoffe doch, dass seine Zeitfahrerqualitäten irgendwann mal wieder aufblitzen. Er ist in der Radsportsprache ein Leutnant - die rechte Hand, die sich jeder Kapitän wünscht. Genauso stark wie er ist, so loyal ist er auch."
Der Mann in Weiß
Tony Martin (25)
Geburtsdatum: 23. April 1985 in Cottbus
Fahrertyp: Rundfahrer
Aktuelles Team: Team HTC-Columbia (seit 2008)
Frühere Teams: 2005 Team Gerolsteiner (Stagiaire), 2006/2007 Thüringer Energie Team
Größte Erfolge: 3. Platz bei der Zeitfahr-WM 2009, zwei Etappensiege bei der Tour de Suisse, ein Etappensieg bei der Tour of California, Deutscher Zeitfahr-Meister 2010
Bisherige Tour-Teilnahmen (1): 2009 (Platz 36)
Martin war der Senkrechtstarter der Tour 2009. Zwölf Tage fuhr er im Weißen Trikot des besten Jugendfahrers durch Frankreich. In der DDR geboren, floh Regioni-Tony - so sein Spitzname - noch vor der Maueröffnung mit seinen Eltern in die Bundesrepublik. Als ausgebildeter Polizeimeister hat er eine klare Meinung zu den schwarzen Schafen unter den Berufskollegen: "Jeder Rennfahrer, der einmal des Dopings überführt wurde, ist bei mir unten durch." Zuletzt in Zeitfahren nahezu unschlagbar - auch bei der Tour?
Das sagt Holczer: "Seinen ersten Profisieg hat er bei Gerolsteiner gefeiert. Ein Riesentalent - gar keine Frage. Es ist interessant, wie er sich entwickelt hat seit dem Vorjahr. Auch wenn er es nicht zugibt, wird er das Weiße Trikot im Auge haben."
Kopfsteinflüsterer, Zabel-Schüler & Original-Gerolsteiner
Enfant Terrible, Uhrwerk & Cipollini-Double
Kunstradler, Ullrich-Kumpel & Madison-Champion
Treue Seele, Perpetuum Mobile & Motorrad-Freak
Die treue Seele
Grischa Niermann (34)
Geburtsdatum: 3. November 1975 in Hannover
Fahrertyp: Etappenjäger
Aktuelles Team: Team Rabobank (seit 1999)
Früheres Team: 1996/1998 Die Continentale
Größte Erfolge: Gesamtsieg bei der Hessen-Rundfahrt 1998, Gesamtsieg bei der Niedersachsen-Rundfahrt 2001
Bisherige Tour-Teilnahmen (7): 2000 (Platz 24), 2001 (nicht beendet), 2002 (Platz 51), 2003 (Platz 28), 2004 (Platz 65), 2007 (Platz 86), 2009 (Platz 54)
Niermann hat seinem Heimatland schon 1999 den Rücken gekehrt. Seither ist er für das niederländische Team Rabobank aktiv. Das kann sonst nur Pieter Weening von sich behaupten. Allerdings ist Niermann seiner Heimatstadt verbunden geblieben - ihm gehört ein Fahrradgeschäft in Hannover. Er zählt zu den uneigennützigen Helfern der Kapitäne, weshalb Niermann nach Unterbrechungen mittlerweile wieder zum Tour-Stamm zählt. Seinen Teamkollegen Robert Gesink hält er für "das größte Talent, das ich je gesehen habe".
Das sagt Holczer: "Alter Recke, bewehrter Arbeiter. Sie werden für Gesink fahren und da ist er einer, der die Flaschen holt, der Tempo macht. Aber sicher träumt er auch davon, die Gruppe für einen Etappensieg zu erwischen."
Das Perpetuum Mobile
Jens Voigt (38)
Geburtsdatum: 17. September 1971 in Grevesmühlen
Fahrertyp: Etappenjäger
Aktuelles Team: Team Saxo Bank (seit 2004/ vorher Team CSC)
Frühere Teams: 1997 VZZV-Giant, 1998 GAN, 1998 - 2003 Credit Agricole
Größte Erfolge: Gewinn des Criterium International 1999, 2004, 2007 bis 2009, Gesamtsieg bei der Deutschland Tour 2006 und 2007, zwei Etappensiege bei der Tour de France, ein Etappensieg beim Giro d'Italia
Bisherige Tour-Teilnahmen (12): 1998 (Platz 83), 1999 (Platz 60), 2000 (Platz 60), 2001 (Platz 46), 2002 (Platz 110), 2003 (nicht beendet), 2004 (Platz 35), 2005 (nicht beendet), 2006 (Platz 52), 2007 (Platz 28), 2008 (Platz 34), 2009 (nicht beendet)
Voigt ist eine Institution im Radsport. Der fünffache Vater war Sprecher des Verbandes der Radprofis. Sein Wort gilt im Peloton. Die Fans lieben ihn wegen seiner offensiven Fahrweise - keine Tour vergeht ohne spektakulären Ausreißversuch von Vogte. 1998 trug er als erster Deutscher das Bergtrikot bei der Tour, zweimal schon durfte sich Voigt das Gelbe überziehen. Wie sehr er geschätzt wird, zeigte sich 2005. Von Fieber geschwächt, kämpfte er Minuten hinter dem Peloton gegen das Zeitlimit. Ein Kamera-Motorrad war stets an seiner Seite und übertrug die einsamen Minuten. Der Kampf um die Spitze wurde für's TV zur Nebensache.
Das sagt Holczer: "Der Kerl ist zäh wie Leder und hat einen Spaß am Quälen, dass es seinesgleichen sucht. Er ist ein alter Fuchs. Wird Dienste in der Mannschaft tun müssen, aber natürlich werden wir den Tag erleben, dass er in einer Spitzengruppe ist. Dann ist er immer gefährlich."
Der Motorrad-Freak
Fabian Wegmann (30)
Geburtsdatum: 20. Juni 1980 in Münster
Fahrertyp: Etappenjäger
Aktuelles Team: Team Milram (seit 2009)
Früheres Team: 2002 - 2008 Team Gerolsteiner
Größte Erfolge: Gewinn des Bergtrikots beim Giro d'Italia 2004, ein Etappensieg bei der Dauphine Libere, Deutscher Straßen-Meister 2007 und 2008
Bisherige Tour-Teilnahmen (6): 2004 (nicht beendet), 2005 (Platz 79), 2006 (Platz 67), 2007 (Platz 60), 2008 (nicht beendet), 2009 (Platz 137)
Wegmann entdeckte schon früh seine Kämpferqualitäten. In seinen ersten Jugendrennen verlor er zwar stets den Anschluss, hielt aber bis zum Ende tapfer durch. Der Lohn: Der schmächtige Blondschopf wurde mit Sonderprämien überhäuft. Auch in seiner Freizeit ist der jüngere Bruder von Ex-Profi Christian Wegmann auf zwei Rädern unterwegs - auf seiner Kawasaki. Als Ausgleich dazu geht Wegmann angeln. Und wenn mal kein Fisch auf den Teller kommt, dann am liebsten Italienisches. In diesem Jahr warf ihn ein Schlüsselbeinbruch zurück.
Das sagt Holczer: "Mein alter Fabian. So oft bei der Tour. Er ist der klassische Mann für die Gruppen, etwa im Finale einer Sechser- bis Achter-Spitzengruppe. Von der Konstitution her kein Mann für die Tour, aber er ist der richtige Mann, um in einer Gruppe zu fahren und am Ende erfolgreich zu sein."
Kopfsteinflüsterer, Zabel-Schüler & Original-Gerolsteiner
Enfant Terrible, Uhrwerk & Cipollini-Double