Flops
Erst hatte ich Pech, und dann kam noch mehr Pech dazu - Tony Martin
Für den Deutschen Zeitfahr-Spezialisten ging bisher aber auch wirklich alles schief. Der Weltmeister war mit großen Ambitionen gestartet: Prolog, Zeitfahrsiege, Gelbes Trikot, vielleicht sogar Ambitionen in der Gesamtwertung? Pustekuchen. Nach fünf Kilometern war der erste Traum im wahrsten Sinne des Wortes geplatzt, auf der ersten Etappe dann auch die restlichen. Sturz, Kahnbeinbruch, Ende Gelände.
Seitdem quälte er sich mehr schlecht als recht durch die Etappen, das erste Zeitfahren im Blick - und dann der nächste Plattfuß. "Ich bin super enttäuscht. Ich frage mich, warum ich so viel Pech habe, immer wieder und wieder", gab ein entnervter Martin zu Protokoll. Am Dienstag fiel dann die endgültige Entscheidung: Für Tony Martin ist Schluss. "Ich habe noch drei Wochen bis zu den Olympischen Spielen. Ich weiß, dass es nicht einfach wird, aber ich werde alles geben, um dann gut in Form zu sein." Wenn nicht, dann wird aus dem Tour-Desaster eine richtige Tragödie...
Aus dem Rahmen gefallen: (Favoriten-)Stürze
Die Tour fordert jedes Jahr ihre Opfer, aber 2012 ist bisher extrem. Nach neun Etappen haben schon 20 Fahrer die Segel streichen müssen - so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und: Tendenz steigend. Am Freitag mussten nach einer Massenkarambolage zwölf Fahrer aufgeben, Wout Peols kam mit Milz-, Nierenriss, drei gebrochenen Rippen und einer Lungenquetschung ins Krankenhaus. "Das war einer der schlimmsten Stürze, die ich je erlebt habe. Ich konnte nur noch bremsen und beten", sagte David Millar.
Unter anderem sind Giro-Sieger Ryder Hesjedal, der frühere Weltmeister Oscar Freire, Samuel Sanchez und Tom Danielson abgereist. Kaum ein Fahrer kam ohne Sturz durch, viele Anwärter auf eine vordere Platzierung verloren viel Zeit. Woran es liegt? "Ich denke, wir brauchen ein Rennen mit nur 18 Teams. Auf der Straße ist einfach zu viel los", sagte Mark Renshaw der dapd, Thomas Voeckler machte bei "cyclingnews.com" die Funkverbindungen der Fahrer zu ihren Autos verantwortlich. Man kann nur hoffen, dass die rasanten Abfahrten in den Bergen nicht noch mehr Opfer fordern.
So nah und doch so fern - Ausreißergruppen
In Zeiten von GPS, durchorganisierten Sprinterteams und dem allgegenwärtigen Knopf im Ohr war es noch nie so schwer für Flüchtlinge, das Label Tête de la Course bis ins Ziel zu retten, da kann der Belgische Kreisel noch so flutschen. Trotzdem findet sich täglich eine neue Ausreißergruppe, die die Trikots der Teamsponsoren in die Kameras hält und darauf hofft, dass sie einmal das große Los zieht.
Es liegt in der Natur der Sache, dass es selten funktioniert. Aber so knapp, teilweise nur hunderte Meter vor dem Ziel gestellt zu werden, ist einfach nur brutal. Es ist nur vor diesem Hintergrund zu verstehen, dass sich FDJ-Teamchef Marc Madiot beim Tagessieg von Thibaut Pinot im Auto gebärdete wie ein wild gewordenes Rumpelstilzchen: Pinot hatte sie, die sechs Richtigen. In den Alpen und Pyrenäen steigen die Chancen der Abgeschlagenen, wenn die Favoriten sich belauern und die Sprinter sich bedauern. Aber die Flachetappen erwiesen sich bisher als Grab für Ausreißer.
Bullshit! - Andreas Klöden
Vor der Tour war Andreas Klöden der ganz geheime SPOX-Geheimtipp auf das Podium in Paris. Ähem. Hüllen wir lieber den Mantel des Schweigens darüber. Nach 10 Etappen steht ein Rückstand von 6:33 zu Buche. Über zwei Minuten im Zeitfahren bekam er aufgebrummt, dazu muss er am Berg gegenüber den Favoriten regelmäßig abreißen lassen. Das wird also nix. Top Ten könnte noch gehen, realistischer sind Top Zwanzig. Schlimmer als das sportliche Mittelmaß ist aber seine Außendarstellung.
Mit Journalisten kann Klöden ja schon seit vielen Jahren nicht mehr. Jetzt nimmt er das Ganze per Twitter selbst in die Hand - mit desaströsen Folgen. Als er am Samstag am letzten Berg nicht mithalten konnte, bescheinigte sein Team ihm "schlechte Beine". Das ging natürlich gar nicht! "Ich weiß nicht, was die da für einen Bullshit in die Pressemeldung schreiben, aber ich hatte heute gute Beine, nur auf letzten vier Kilometern war ich irgendwie blockiert." Aha. Kurz danach dann ein weiterer Tweet: "Heute hatte ich nicht die Beine, um mit den Besten mithalten zu können." Ja was denn jetzt? Seitdem kam übrigens kein weiterer Tweet mehr, da gab es wohl den Knebel vom Team. Ist wahrscheinlich besser so...