Mit ausgestreckten Beinen und einem wohligen Lächeln auf den Wangen saß Andy Schleck im Zielbereich der Skistation Luz-Ardiden im Teamwagen von Leopard-Trek.
Der Luxemburger holte zwar nicht den Tagessieg bei der ersten Bergankunft der diesjährigen Tour. Dennoch hatte er bei der Analyse der fast perfekten Etappe allen Grund zur Freude."Es lief für uns heute fast optimal. Unsere Taktik sah vor, dass Fränk und ich abwechselnd attackieren würden. Bei Fränk hat es dann geklappt. Er konnte sich absetzen und wurde Dritter", sagte der jüngere der Brüder.
Contador fehlt die Power
Auf Alberto Contador angesprochen, blieb Schleck wortkarg: "Vielleicht hat er heute nur einen schlechten Tag gehabt."
Schlechter Tag oder fehlende Power? Contador strahlte auf dem Schlussanstieg nicht die Dominanz der letzten Jahre aus. Seine Pedalumdrehungen: schwerfällig. Der Hochfrequenz-Tritt des Giro d'Italia: nicht erkennbar.
"Alberto fühlte sich nicht gut"
Vielleicht steckt dem dreifachen Toursieger noch der kraftraubende Giro in den Knochen, vielleicht machen ihm seine Stürze aus der ersten Woche noch zu schaffen. Jedenfalls litt Contador in den steilen Rampen der Pyrenäen und zeigte ungewohnte Schwächen.
Das sah auch Levi Leipheimer so: "Alberto fühlte sich nicht gut, das konnte man deutlich sehen."
Der RadioShack-Profi hielt dem Tempo der Favoriten lange Zeit stand. Am Ende kam Leipheimer mit 1:25 Minuten Rückstand auf Tagessieger Samuel Sanchez ins Ziel.
Sanchez setzte sich auf der Abfahrt vom Col du Tourmalet ab und rettete am Ende noch sieben Sekunden seines Vorsprung ins Ziel. Damit kann das Team Euskaltel bereits jetzt einen Haken hinter eines ihrer Tour-Ziele machen: Ein Etappensieg eines Basken in den Pyrenäen.
Voigt "einfach unfassbar stark"
Über drei Bergriesen führte der erste von drei Tagesabschnitten im Grenzgebirge zwischen Frankreich und Spanien. Während noch relativ viele Fahrer gemeinsam mit den Favoriten über den Hourquette d'Ancizan kamen, trennte sich am Tourmalet die Spreu vom Weizen.
Es war Jens Voigt, der das Tempo hoch hielt und den kompletten Anstieg zum Tourmalet von vorne fuhr. "Jens war einfach unfassbar stark", bestätigte Schleck.
Evans und Basso stark
Der Schlussanstieg selektierte weiter, so dass rund vier Kilometer vor der Ziellinie nur noch eine rund 15-köpfige Gruppe beisammen war. Neben den Schlecks, Contador und Leipheimer hinterließen vor allem Cadel Evans als Tages-Fünfter und Ivan Basso (4.) einen starken Eindruck am Berg.
Nur sieben Sekunden hinter Contador kam Thomas Voeckler als Neunter ins Ziel. Der Franzose verteidigte sein Gelbes Trikot mit einem wahren Husarenritt, denn das Klettern im Hochgebirge gehört nicht zu seinen Spezialitäten.
Gesamtwertung: Fränk schon Zweiter, Andy Vierter
Klöden weiter vom Pech verfolgt
Deutlich unerfreulicher verlief der Tag für Andreas Klöden. Wenige Meter nach der Bergwertung am Hourquette kam der RadioShack-Kapitän in einer der ersten scharfen Kurven mit mehreren anderen Fahrern zu Fall.
Zwar konnte Klöden wieder auf sein Rad steigen und in der Abfahrt an das Hauptfeld heranfahren, doch am Schlussanstieg waren die Schmerzen zu stark, um mit den Besten mitzuhalten.Martin bricht am Tourmalet ein
Im Ziel hatte Klöden 8:26 Minuten Rückstand auf Sanchez, im Gesamtklassement fiel er auf Rang 24 zurück. Der Traum von einer Top-Platzierung ist für den Deutschen bereits jetzt geplatzt.
Gleiches gilt für Tony Martin. Der Zeitfahrspezialist, der in den letzten Tagen immer wieder in der Sprint-Vorbereitung für Teamkollege Mark Cavendish arbeitete, musste dem hohen Tempo am Tourmalet Tribut zollen und abreißen lassen.
9:03 Minuten Rückstand auf Sanchez im Ziel von Luz-Ardiden bedeutet Gesamtrang 26 für den HTC-Profi, der sich vor der Tour noch einen Platz in den Top Ten zugetraut hatte.
Die Trikotträger nach der heutigen Etappe:
Gesamtwertung: Thomas Voeckler (EUC)
Sprinter: Mark Cavendish (THR)
Bergtrikot: Samuel Sanchez (EUS)
Bester Jungprofi: Arnold Jeannesson (FDJ)