SPOX: Wie ging es bei Ihnen los?
Frey: Bei mir war es ein glücklicher Zufall. In unserem Dorf wurde ein Schach-Anfängerkurs ausgeschrieben, und weil unsere Eltern uns das Spiel selbst nicht beibringen konnten, haben sie meinen Bruder und mich für den Kurs angemeldet. Eigentlich dachten sie eher, es sei was für meinen Bruder, aber als kleine Schwester will man ja alles machen. Zuerst habe ich richtig "auf die Fresse gekriegt", aber nachdem ich meinen ersten kleinen Mädchenpokal gewonnen habe, war meine Leidenschaft geweckt. Wobei ich eigentlich zuerst Volleyball auf Leistungsniveau gespielt habe, Schach lief lange nebenher. Aber dann habe ich gemerkt: Größer als meine 1,70 Meter werde ich nicht mehr, und beim Schach lief es besser. Heute ist es neben dem Studium vor allem ein Hobby, auch wenn ich mich noch im Nachwuchsbereich engagiere, was viel Zeit in Anspruch nehmen kann.
SPOX: Aber Sie spielen ja auch noch Frauen-Bundesliga. Gegen Männer nicht?
Frey: Doch, auch. Beim Schach ist das Besondere, dass die Frauen auch bei den Männern mitspielen dürfen. Ich dürfte also auch in der Männer-Liga spielen, aber das ist von den Entfernungen her schwierig. Aber privat natürlich mit Freunden.
SPOX: Gibt es Unterschiede zwischen Frauen und Männern am Brett? Die Männer eher aggressiv und die Frauen auf Remis?
Frey: Ja, das ist natürlich das absolute Klischee. Ich glaube aber nicht, dass das stimmt. Frauen sind häufig sogar fast aggressiver oder zumindest nicht weniger aggressiv. Und Karjakin spielt ja auch eher ruhig und zurückhaltend.
SPOX: Haben Sie ein Vorbild, was das Schach angeht?
Frey: Es gibt niemanden, dem ich in Sachen Stil nacheifere. Aber ich gebe zu: Magnus Carlsen ist 'ne coole Socke. Er spielt auf diesem überragenden Niveau und gleichzeitig so anders als viele seiner Konkurrenten. Die sind immer auf tiefe Analysen bedacht, und bei ihm sieht das ganz anders aus: Er konzentriert sich einfach auf das Spiel, statt stundenlange Wissenschaften daraus zu machen. Was aber nicht heißt, dass er weniger akribisch zu Werke geht.
SPOX: Während ich hier nach einem Ausweg für meine Dame suche: Was ist denn das lustigste Erlebnis, dass Sie in einem Turnier erlebt haben? Ich ziehe übrigens Dame f7, Schach.
Frey: Dame f7? Ich habe aber noch den Turm auf f8.
SPOX: Jaaaaa ... dann ist das vielleicht doch nicht so klug.
Frey: Ich würde das auch nochmal überdenken. (lacht) Lustige Geschichten gibt es immer wieder. Zum Beispiel, dass ein Spieler einschläft. Es kann ja auch mal langweilig sein. Und wenn der Gegner mal länger nachdenkt oder man eine kurze Nacht hatte und die Partie nicht viel Adrenalin hervorbringt ... Einem Freund ist das mal passiert, er ist tatsächlich eingenickt.
SPOX: Was war denn die längste Partie, die Sie bisher gespielt haben?
Frey: Ich habe bestimmt auch schon 100 bis 110 Züge hingekriegt. Das kann dann auch mal sieben Stunden dauern.
SPOX: Gibt es einen Film oder eine Doku, die Sie den Leuten empfehlen würden, deren Interesse durch die Schach-WM geweckt wurde?
Frey: Da würde ich auf jeden Fall den Film "Magnus - Der Mozart des Schachs" empfehlen. Das passt wunderbar und ist gerade erst ins Kino gekommen. Eine Dokumentation über Magnus Carlsen auf dem Weg zum ersten Weltmeistertitel, man lernt dabei seine Persönlichkeit kennen.
SPOX: Ist notiert. Was unser Spiel angeht: Ein Profi hätte an meiner Stelle schon aufgegeben, oder?
Frey: Mit einem Turm weniger könnte man sich das schon überlegen, ja. (lacht) Wobei der Profi vielleicht auch noch nach Chancen suchen würde.
SPOX: Tja. In der Theorie würde ich jetzt gern Druck am Königsflügel erzeugen. Aber praktisch ... Ist es eigentlich Remis, wenn dreimal in Folge von beiden Spielern der gleiche Zug kommt? So haben wir es früher gespielt.
Frey: So ähnlich. Wenn es dreimal hintereinander zur gleichen Stellung kommt, kann man Remis reklamieren. Eine andere Möglichkeit wäre Dauerschach. Wenn dem nicht mehr ausgewichen werden kann, führt das meistens dreimal zur gleichen Stellung.
SPOX: Ich ziehe meinen Bauern auf h3.
Frey: Nanu? Das ist meistens ein Verlegenheitszug, wenn man nicht weiß, was man machen soll. (lacht)
SPOX: Äh ... jein.
(Wir tauschen noch ein paar Figuren. Mittlerweile bin ich einen Turm und einen Läufer im Rückstand - selbst mir ist klar, dass diese Partie nach 29 Zügen nicht mehr zu gewinnen ist.)
SPOX: Gut, wir müssen das auch nicht mehr zu Ende spielen. Ich gebe auf. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Frey: Das war gar nicht so verkehrt. Einige gute Ansätze, eröffnungstechnisch noch ganz gut. Die Chancen, etwas unangenehmer zu spielen, haben Sie aber nicht genutzt.
SPOX: Tja, hätte ich die mal entdeckt. Wenn Sie einem absoluten Amateur - also mir - drei Tipps geben würden: Welche wären das?
Frey: (überlegt) Vor jedem Bauernzug genau überlegen, ob man den Zug wirklich machen möchte. Immer ums Zentrum spielen: Die Kontrolle im Zentrum ist extrem wichtig, weil man dort auf beide Flügel kommen kann. Und nach jedem Zug des Gegners überlegen, was der eigentlich erreichen möchte. Als Amateur konzentriert man sich oft zu sehr auf das eigene Spiel und vergisst, dass der Gegner auch Ideen hat.
SPOX: Alles klar, so bin ich spätestens bei der nächsten WM bereit für ein Rematch. Vielen Dank für die kostenlose Trainingsstunde und weiter viel Spaß mit dem Ticker.
1. e4 e5 2. Nc3 Nf6 3. Nf3 Nc6 4. Bb5 Bb4 5. O-O O-O 6. d3 d6 7. Bg5 Bxc3 8. Bxc6 Bxb2 9. Rb1 Ba3 10. Bxb7 Bxb7 11. Rxb7 Bc5 12. Bxf6 gxf6 13. d4 Bb6 14. dxe5 fxe5 15. c4 Qc8 16. Qd5 c6 17. Qxd6 Qxb7 18. Qxe5 Bd8 19. Rd1 Qb8 20. Qc5 Qc7 21. Ne5 Rc8 22. Nd7 Re8 23. h3 Qf4 24. f3 Bc7 25. Qf2 Rcd8 26. Kf1 Re7 27. Qd4 Rexd7 28. Qxd7 Rxd7 29. Rxd7 Bb6 *