Fast 1,5 Millionen Euro Preisgeld werden bei der Weltmeisterschaft verteilt - Rekord. Der Sieger streicht allein über 360.000 Euro ein. Dafür muss er in fünf Runden allerdings 71 Frames für sich entschieden.
Wenn er denn aus den Top 16 der Weltrangliste kommt. Schließlich wird in Sheffield knallhart selektiert: Nur die besten 16 hatten ihren Platz im Hauptfeld sicher, weitere 16 kämpften sich eine Woche lang durch die Qualifikation. Dabei blieben große Namen wie Steve Davis, Mark Williams, Graeme Dott oder Peter Ebdon bereits auf der Strecke.
Das Feld der letzten 32 bietet wie immer einen spannenden Mix aus den bekannten Altmeistern, der neuen Generation um Judd Trump oder Vorjahresfinalist Barry Hawkins, und natürlich dem immer größeren Kontingent aus Fernost. Wer hat die besten Karten auf einen Platz am Finaltisch?
Der Titelverteidiger
In der Weltrangliste steht er derzeit nur auf Rang 33, aber was heißt das schon! Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, dann führt der Titel in diesem Jahr wieder über ihn: Ronnie O'Sullivan ist der Superstar des Snookersports - und als zweifacher Titelverteidiger der große Favorit. Wer erinnert sich nicht an 2013, als "The Rocket" fast die komplette Saison aussetzte und dann fast mühelos zum Titel spazierte? Fünf WM-Titel hat er bereits gesammelt, zum Rekord von Stephen Hendry fehlen also derer noch zwei.
Im letzten Jahr sei seine Trainingsform etwas besser gewesen, gab der 38-Jährige bei "Eurosport UK" zu. Allerdings sind die Erfolge auf der Main Tour in dieser Saison vorhanden: Im Januar gewann er das Masters, am 2. März fertigte er Ding Junhui im Finale der Welsh Open mit 9:3 ab. Zudem arbeitet er bereits seit einiger Zeit mit dem Sportpsychologen Steve Peters zusammen, der auch beim FC Liverpool auf der Bank sitzt. Zufall? Wohl kaum!
Der in der Vergangenheit so oft von Dämonen geplagte Ronnie scheint derzeit eine gute Balance gefunden zu haben: In seinem Blog gibt er sich ungewohnt offen und kritisierte den aufgeblähten Snooker-Kalender, mit der "Ronnie O'Sullivan Show" auf "Eurosport" schaffte er eine dauerhafte Präsenz am Bildschirm. Für die Zeit nach der WM kündigte er da eine lange Pause an: Er werde im nächsten Jahr vielleicht nur fünf Turniere spielen - umso mehr sollte man seine Zeit im Crucible auskosten. Der vielleicht talentierteste Spieler aller Zeiten eröffnet das Turnier am Samstag gegen den Finnen Robin Hull, der sich in der letzten Quali-Runde immerhin mit 10:8 gegen Peter Ebdon durchsetzte.
Der Überflieger
23 Jahre lang hielt der Rekord von "Golden Boy" Stephen Hendry, der 1991 fünf Ranglistenturniere in einer Saison gewinnen konnte. Gefallen ist er noch nicht - aber immerhin schon eingestellt: Ding Junhui ist das Snooker-Gesicht im asiatischen Raum, hat dort einen wahren Boom ausgelöst und mit seinen 27 Jahren schon mehrere Jahre in der absoluten Weltspitze auf dem Buckel. Am 6. April gewann er das Finale der China Open gegen Neil Robertson und feierte seinen fünften Saisonsieg. Shanghai, Indien, das German Masters - Junhui fühlt sich einfach überall zuhause.
Im letzten Jahr war für den Chinesen mit dem Pokerface schon im Viertelfinale gegen Barry Hawkins Schluss, auf seinen ersten Finaleinzug im Snooker-Mekka wartet er noch. Ist der Druck einfach zu groß? Fest steht: Die Form des Weltranglistenzweiten stimmt! Zu Beginn trifft er auf Debütant Michael Wasley. Sollte zum Einspielen reichen.
Die Century-Maschine
Kaum zu glauben, dass Neil Robertson schon 32 ist. Der "Thunder from Down Under" wird wohl auch mit 55 noch aussehen wie 17 - aber das täuscht. Der Weltmeister von 2010 hat sich in dieser Saison als unangefochtener Meister des Breakbuildings erwiesen, der kaum Fehler macht. Resultat: Robertson stellte mit bisher 93 Century Breaks in dieser Spielzeit einen neuen Rekord auf. Und der alte lag nicht etwa bei 80 oder 70, sondern bei 61 (Judd Trump)! Mit einem guten Run in Sheffield könnte der Aussie die 100 Centuries knacken. Wohl ein Rekord für die Ewigkeit. "Mein Vater schreibt immer mit und sagt mir dann, bei wie vielen Centuries ich stehe", verdreht der glühende Chelsea-Fan die Augen. Gegen seine Bestmarke hat er aber trotzdem sicherlich nichts einzuwenden.
Zwei Turniersiege (Wuxi Classic, UK Championship) stehen in dieser Saison auf der Habenseite. Bei den China Open erreichte er zuletzt das Finale, jagte er seinen Fans allerdings einen Schreck ein, als gegen Anthony Hamilton von einer schweren Erkältung gezeichnet fast aufgeben musste. Genügend Rückenwind ist beim Blondschopf dennoch vorhanden. Auch er trifft in Runde eins auf einen Neuling (Robbie Williams).
Der Entthronte
2013 war das Jahr des Mark Selby: Als Masters- und UK-Championship-Sieger marschierte der Weltranglistenerste als großer Favorit ins Crucible ein und verlor dann völlig überraschend in Runde zwei gegen Barry Hawkins. "Ich hatte zu viele Turniere gespielt und zu viel trainiert, ich war ausgebrannt", gibt der "Jester from Leicester" in seinem Blog zu. "Jetzt fühle ich mich hungrig, selbstbewusst und mental viel stärker." Zudem sei der Druck nicht mehr so groß: Vielleicht könne er ja "durchrutschen".
Die Saison lief für die Verhältnisse des Engländer, der seinen Platz an der Weltranglistensonne mittlerweile abgeben musste, nicht überragend: Lediglich ein Sieg in Antwerpen, dafür gab es Niederlagen in den Finals der UK Championship (Robertson), dem Masters (O'Sullivan) und den World Open (Shaun Murphy). Trotzdem: "Ich bin stärker als bei meinem Finaleinzug 2007", verspricht Selby, der die WM früher oder später in China sieht: "Es ist nur eine Frage der Zeit". In Runde eins wartet Michael White.
Der Abtretende?
Für Ronnie O'Sullivan ist er "vielleicht der beste, zumindest aber der zweitbeste Spieler aller Zeiten": Vier WM-Titel hat John Higgins in seiner Karriere gewonnen, in diesem Jahr tritt der 38-Jährige zum 20. Mal an. Aber der Weltranglistenneunte, der zu seinen Hochzeiten der vielleicht perfekteste Spieler am Snooker-Tisch war, hat mit Selbstzweifeln zu kämpfen: Nach seiner Erstrundenpleite im vergangenen Jahr sprach er ungewohnt offen über ein Karriereende: "Vielleicht hat mich die Zeit eingeholt. Das heißt nicht, dass ich keine Turniere mehr gewinnen kann, aber es ist ein komisches Gefühl, das ich da habe. Schön ist es nicht, aber vielleicht bin ich an diesem Punkt angelangt."
Der "Wizard of Wishaw" zeigte eine solide Saison, blieb aber ohne Turniersieg und tauschte gleich zweimal sein Queue aus. Beim Masters gab er das Viertelfinale gegen Selby kläglich aus der Hand und machte dann mit einer 20-Sekunden-Pressekonferenz Schlagzeilen: "Ich habe die Nerven verloren. Das passiert nun mal. Alles klar? Danke."
In der ersten Runde kommt es zum schottischen Duell gegen Alan McManus. Gegen seinen guten Kumpel wird Higgins noch einmal nach der Magie vergangener Jahre greifen. Die ist mittlerweile in den Händen von O'Sullivan - und warum? "Ich bin wahrscheinlich der Grund dafür, dass er so gut spielt", so Higgins über seinen langjährigen Rivalen. "Er wird es vielleicht nicht zugeben, aber ich glaube, es gefällt ihm nicht, wenn ich vor ihm stehe."
Die erste Runde im Überblick:
Obere Hälfte
Ronnie O'Sullivan (1) - Robin Hull
Joe Perry (16) - Jamie Burnett
Marco Fu (8) - Martin Gould
Shaun Murphy (9) - Jamie Cope
Barry Hawkins (5) - Dave Gilbert
Ricky Walden (12) - Kyren Wilson
Ding Junhui (4) - Michael Wasley
Mark Davis (13) - Dominic Dale
Untere Hälfte
Mark Selby (3) - Michael White
Ali Carter (14) - Xiao Guodong
Stuart Bingham (6) - Ken Doherty
John Higgins (11) - Alan McManus
Judd Trump (7) - Tom Ford
Stephen Maguire (10) - Ryan Day
Neil Robertson (2) - Robbie Williams
Mark Allen (15) - Michael Holt