Das Crucible Theatre huldigte seinem ewigen König mit tosendem Applaus und wildem Gejohle, doch Snooker-Ausnahmeerscheinung Ronnie O'Sullivan blendete das Tohuwabohu einfach aus. "The Rocket" umarmte den geschlagenen Judd Trump eine kleine Ewigkeit lang und raunte ihm Huldigungen ins Ohr, dann drückte er seine Kinder fest an sich und ließ den Tränen freien Lauf.
Sieben WM-Titel - der Rekord des legendären Schotten Stephen Hendry ist eingestellt. Nebenbei avancierte O'Sullivan mit 46 Jahren und 146 Tagen zum ältesten Snooker-Weltmeister. Doch der Großmeister des Queue konnte all das nicht glauben.
"An diesen 17 Tagen waren die Snooker-Götter an meiner Seite. Das ist vielleicht das großartigste Ergebnis, das ich jemals erzielt habe", sagte O'Sullivan nach dem 18:13 im Finale über den 14 Jahre jüngeren Trump, das phasenweise einer Demonstration glich.
"Niemand kann immer perfekt sein. Ich denke immer an das Schlimmste, kämpfe gegen Dämonen", ließ O'Sullivan die Welt am Montagabend in Sheffield wieder einmal in sein Innerstes blicken.
O'Sullivan: Genie mit Depressionen und Suchtproblemen
Depressionen und Suchtprobleme begleiteten das rüpelhafte Genie, dessen Vater wegen Mordes einsaß und dessen Mutter als Steuersünderin ins Gefängnis musste, viele Jahre. 2011 habe er geglaubt, sportlich "am Ende" zu sein, erklärte O'Sullivan in der Stunde seines Triumphs. Mit 35 könne man nicht mehr auf höchstem Level Snooker spielen, habe er damals gedacht.
Heute hat er die negativen Gedanken akzeptiert. Vor allem, weil er die Zusammenarbeit mit dem renommierten Psychiater Steve Peters gesucht hat. Und der Erfolg, an den er nicht glauben wollte, hielt an: Vier seiner sieben WM-Titel gewann O'Sullivan mit Peters an seiner Seite.
"Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, aber ich versuche es im nächsten Jahr wieder", scherzte der 46-Jährige nach seinem Triumph und drohte der teils halb so alten Konkurrenz. Der alleinige WM-Rekord in der Crucible-Ära winkt, auch würde die 31. Teilnahme O'Sullivan zum Rekordstarter machen. Fast alle weiteren wichtigen Bestmarken hält er ohnehin schon.
Hendry, der es als "große Ehre" bezeichnete, gemeinsam mit "The Rocket" bei sieben Titeln zu stehen, bleibt zumindest der Rekord des jüngsten Weltmeisters. 21 Jahre jung war der Schotte 1990 bei seinem ersten Titelgewinn. "Nicht mal Ronnie kann das noch schaffen", sagte Hendry - worauf der immerhin sechsmalige Weltmeister Steve Davis entgegnete: "Aber er ist Benjamin Button."