Angelique Kerber sprang mitten in der australischen Nacht durch die Box wie ein Flummi, sie klatschte, sie rief den Kollegen immer wieder Worte der Aufmunterung zu. Und am Ende, um 2.20 Uhr in der Ken Rosewall Arena von Sydney, da durfte die frühere Nummer eins der Tennis-Weltrangliste gemeinsam mit Olympiasieger Alexander Zverev und Laura Siegemund auch endlich ausgelassen jubeln.
Das deutsche Mixed hatte den 2:1-Halbfinalerfolg gegen das Gastgeber-Team tatsächlich unter Dach und Fach gebracht: Zverev/Siegemund kämpften das zähe Duo Matthew Ebden/Storm Hunter in der Verlängerung des Match-Tiebreaks mit 7:6 (7:2), 6:7 (2:7), 15:13 nieder. "Erst war Angelique der MVP, sie hat mir den Hintern gerettet. Dann war Laura der MVP", sagte Zverev, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Nach einer großen Mütze Schlaf und ein wenig Regeneration wird das Finale des Nationenturniers für gemischte Mannschaften keinesfalls einfacher werden - am Sonntag wartet auf Deutschland Polen mit der Weltranglistenersten Iga Swiatek. Die Polen hatten Frankreich locker mit 3:0 ausgeschaltet.
Australien aus dem Weg zu räumen, war ein eisenharter Kraftakt. Kerber hatte sich bei ihrem Comeback nach eineinhalb Jahren Babypause dank einer großen Energieleistung mit ihrem ersten Sieg im vierten Match erlöst - sie bezwang Ajla Tomljanovic 4:6, 6:2 und 7:6 (9:7) und trug fortan ein Dauergrinsen im Gesicht. "Es ist toll, vor den Australian Open ein solches Match zu haben", sagte die 35-Jährige. Es war ihr erster Einzel-Sieg seit Wimbledon 2022.
Dann begann das lange Warten. Kerber setzte sich nach getaner Arbeit in die deutsche Box und drückte Zverev die Daumen. Der allerdings verlor überraschend das zweite Einzel: Er gab nach einem guten ersten Satz gegen Alex de Minaur die Kontrolle aus der Hand und musste sich 7:5, 3:6, 4:6 geschlagen geben. Das Mixed zu nächtlicher Stunde musste die Entscheidung bringen.
Kerbers Laune drückte das allerdings nicht. "Es macht mir wirklich Spaß, hier zu spielen. Für mich ist es der erste Einzelsieg nach meiner Rückkehr. Und das ist wirklich ein tolles Gefühl", sagte die 35-Jährige. Sie habe versucht, "aus den letzten drei Matches zu lernen. Und jetzt einen so harten Kampf zu gewinnen, das bedeutet mir sehr viel."
Ihre ersten drei Einzel hatte Kerber zuvor teilweise deutlich verloren, auch gegen Tomljanovic legte sie einen durchwachsenen Start hin, danach kämpfte sie sich aber immer besser ins Match und zeigte ihre Gewinner-Mentalität. Der früheren Wimbledon-Siegerin unterliefen weniger Fehler, ihre Vorhand wurde druckvoller - und im entscheidenden Tiebreak im letzten Satz wollte sie ihren ersten Comeback-Sieg unbedingt. Er wurde die Vorlage für den Finaleinzug.