SPOX: Davon sind Sie allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Zunächst steht noch ein großes Abenteuer an. Nach einem Jahr in Cannes spielen Sie in der kommenden Saison bei Azeryol Baku. Warum Aserbaidschan?
Apitz: Baku hat sich zu einem Standort entwickelt, an dem viele sehr gute internationale Spielerinnen aufeinander treffen. Das Team ist international im CEV-Cup vertreten. Das war mein Anspruch im vorolympischen Jahr. Insgesamt passte das Gesamtpaket.
SPOX: Hätten Sie das in Cannes nicht auch alles gehabt?
Apitz: Schon, aber es ergab sich dort keine Möglichkeit mehr. Es gab eine Umstrukturierung im Verein, finanziell und sportlich. Die Mannschaft wurde verjüngt. Insofern gab es kein neues Angebot und ich musste mich neu orientieren. Von der Landschaft ist es definitiv nicht zu vergleichen, in Cannes herrscht ein ganz anderes Lebensbild als in Aserbaidschan. Für mich ist es ein Entwicklungsprozess und ich freue mich auf das Abenteuer.
SPOX: Trotzdem gilt Baku nicht unbedingt als Volleyball-Mekka, was die Atmosphäre angeht.
Apitz: Schon in Cannes kamen nicht so viele Zuschauer zu den Ligaspielen, weil der Sieg als Serienmeister einfach erwartet wurde. Die internationalen Spiele waren mit 2.000 bis 3.000 Zuschauern sehr gut besucht und man wurde auch gut gepusht. Dennoch sind die Begeisterung und die Zuschauerzahlen in Deutschland größer. In meiner letzten Saison in Dresden hatten wir einen Schnitt von 2.500 Besuchern. In Baku werden mich zugegebenermaßen wohl eher leere Hallen und wenig Unterstützung erwarten.
SPOX: Sie kennen die Stadt bereits von den European Games. Kam damals auch der Kontakt zustande?
Apitz: Gegen Ende der European Games ergab sich für mich das Angebot, davor war ich für alles offen. Für die Spiele haben sich das Land und die Leute wahnsinnig viel Mühe gegeben. Dafür, dass man nicht richtig wusste, was da auf einem zukommt, war alles top organisiert. Die Stadt hat superschöne, moderne Ecken, die man so gar nicht erwartet. Baku hat in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung genommen.
SPOX: Dennoch liefen die European Games unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung, die Stars fehlten. Wie erklären Sie sich das?
Apitz: Die Spiele wurden nicht früh genug angekündigt. Für viele deutsche Leichtathleten zum Beispiel war die Veranstaltung so kurzfristig geplant, dass sie ihren Sommerfahrplan hätten umgestalten müssen. Wenn jetzt schon ein fester Zeitpunkt für die nächsten Spiele feststehen würde, wäre es beim nächsten Mal besser besucht. Dieses Jahr war es ein erster Anlauf, und dafür waren die Spiele schon gut besucht.
SPOX: Vor Ihrer Zeit in Cannes spielten Sie 16 Jahre lang in der Heimat beim Dresdner SC. Täuscht der Eindruck, oder haben Sie das Gefühl, einiges nachholen zu müssen und es Sie deshalb in die Welt hinauszieht?
Apitz: Nachholen muss ich nichts, auf keinen Fall. Die Zeit in Dresden wollte ich genauso, wie sie letztendlich war. Aber ich nutze jetzt die Möglichkeiten, die sich öffnen. Ich tue alles für Olympia 2016. Nach der EM geht jeder in seinen Verein und zwischen Weihnachten und Neujahr haben wir nur wenig Zeit, um uns auf die Olympiaqualifikation Anfang Januar vorzubereiten. Es ist nicht leicht, dann sein bestes Spiel aufzuziehen. Deswegen benötigt man schon während der Saison gutes Training. Das erhoffe ich mir in Baku.
SPOX: Abschließende Frage:Wo hat es Ihnen bisher am besten gefallen und wo wurde Volleyball am intensivsten gelebt?
Apitz: Brasilien hat ein besonderes Flair durch das ständige Feiern. Wenn da mal etwas daneben geht, geht es trotzdem weiter. Das finde ich sehr sympathisch. In Japan und China herrscht eine wahnsinnige Begeisterung für den Sport. Die Japanerinnen werden in ihrem Land ganz schön gehyped. Ich spielte in Cannes mit einer Japanerin zusammen. Die war super herzlich und warm, aber dennoch anders als wir. Das ist das Schöne daran: Man ist so unterschiedlich, aber auf dem Feld muss man zusammenfinden, um erfolgreich spielen zu können.
Seite 1: Apitz über außergewöhnliches Training, Olympia und die viele Reiserei
Seite 2: Apitz über Aserbaidschan, japanische Mitspielerinnen und das Flair von Rio