"Unnötig, jetzt aufzuhören"

Wolfgang Maier (l.) begleitete Maria Höfl-Riesch zeit ihrer Karriere
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SPOX: Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Es geht beim DSV schließlich auch ohne Höfl-Riesch weiter. Bekommen Sie beim Gedanken daran Angst?

Maier: Das nicht, aber Respekt. Gerade in meiner Position kann ich ja etwas mitgestalten. Derzeit sagen viele Medienvertreter, dass nichts nachkommen würde. Ich sehe das anders. Wir haben so eine ähnliche Situation wie 2006, als wir mit einem sehr jungen Team wieder angefangen haben und erst 2009 so richtig in Fahrt gekommen sind. Und Viktoria Rebensburg ist ja immer noch da. Sie ist eine Weltklasseläuferin.

SPOX: Aber es fällt derzeit schwer, an eine rosige Zukunft zu glauben.

Maier: Die ist nicht unbedingt zum jubeln - das ist schon richtig. Maria kann man nicht ersetzen. Aber es ist nicht so, dass wir im Frauenskisport jetzt keine Perspektive mehr hätten. Das werden wir, Sie werden es sehen, in spätestens zwei Jahren eindrucksvoll belegen.

SPOX: An welche Namen denken Sie dabei konkret?

Maier: Da lassen Sie sich mal überraschen. Ich will niemand mit Vorschusslorbeeren überschütten und unter Druck setzen. Aber es gibt die eine oder andere Kandidatin.

SPOX: Von heute auf morgen geht das aber eher nicht. In der kommenden Saison werden die Männer deshalb seit langer Zeit wahrscheinlich mal wieder besser sein als die Frauen. Daran muss man sich auch erstmal gewöhnen, oder?

Maier: Ich sehe das nicht negativ. Letztlich ist es die gleiche Sportart. Zu meiner Zeit als Frauen-Trainer gab es ja überhaupt keine Männer. Die Last ist jetzt ein wenig weg von den Frauen, jetzt ist mal die andere Seite dran. Ich habe da kein Problem, sondern bin froh, dass wir es überhaupt geschafft haben, den Herren-Rennsport wieder salonfähig zu machen.

SPOX: Das große Aushängeschild dabei ist Felix Neureuther. Wie bewerten Sie seine Saison?

Maier: Vor allem wenn man bedenkt, dass er sich hier und da selbst ein Bein gestellt hat, war es für ihn eine absolute Hammersaison. Er ist unser Zugpferd im gesamten Wintersport. Er kann mit den Medien umgehen und hat bewiesen, dass er nicht nur sporadisch im Kreis der Großen mitmischen kann. Vier Rennen hat er immerhin gewonnen, das ist eindrucksvoll. Dabei darf man die unglückliche Operation am Sprunggelenk nicht vergessen und seinen Unfall vor Olympia. Der Junge ist einfach klasse.

SPOX: Und wie fällt ihr Gesamtfazit beim Rückblick auf die vergangene Saison aus?

Maier: Das kann nur sehr positiv ausfallen. Wir haben drei Medaillen bei Olympia gewonnen, wir haben vier Medaillen bei den Juniorenweltmeisterschaften gewonnen. Wir waren 21 Mal auf dem Podium. Wir haben eine Abfahrtskugel gewonnen, mussten uns im Gesamtweltcup nur wegen einer Verletzung geschlagen geben. Wir haben bei den Herren den einen oder anderen historischen Sieg erreicht. Wir haben Kitzbühel gewonnen. Das kann nur gut aussehen. Allerdings muss man bei jeder Bilanz auch die Schwachstellen sehen.

SPOX: Die da wären?

Maier: Die guten Ergebnisse wurden überwiegend von nur fünf Leuten eingefahren. Und wir haben - was außer Diskussion steht - große Probleme in der Herrenabfahrt. Was die Speeddisziplinen bei den Frauen betrifft, haben wir in Zukunft das gleiche Problem. Wir dürfen nicht meinen, dass wir uns auch nur eine Zehntelsekunde ausruhen dürfen. Die Ausrichtung muss sein, die Schwachstellen zu bearbeiten.

SPOX: Die Lage aus deutscher Sicht in den Speeddisziplinen haben Sie sogar deutlich als Trümmerhaufen bezeichnet. Wie geht man so ein Problem an?

Maier: Das ist eine gute Frage. Im Endeffekt kann man nur versuchen, das Thema noch früher bei der Wurzel zu packen als es jetzt der Fall ist. Wir dürfen nicht warten, bis die jungen Leute in den DSV kommen - dann sind sie meistens schon 16 oder 17 Jahre alt. Wir müssen intensiver mit den Landesverbänden zusammenarbeiten, und gezielte Maßnahmen im Speedbereich ergreifen. Man muss außerdem den Eltern und den Athleten die Angst vor dem Abfahrtsrennsport nehmen. Dass er nicht nur gefährlich ist und nicht nur zu schlimmen Verletzungen führt. Es ist also klar: Da haben wir ein paar Aufgaben, die wir in Zukunft in Angriff nehmen müssen.

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