SPOX: Herr Maier, es heißt, Sie hätten versucht, Maria Höfl-Riesch am Tag vor ihrem Rücktritt noch einmal umzustimmen. Wie muss man sich das vorstellen und warum hat es nicht geklappt?
Wolfgang Maier: Das heißt es, aber es stimmt nicht. Ich habe überhaupt nicht versucht, Maria umzustimmen. Da wäre ich Ihr ein schlechter Berater gewesen.
SPOX: Wie ist es dann abgelaufen?
Maier: Maria und ich haben ein Gespräch geführt, in dem wir in aller Neutralität abgewogen haben, was denn nun die bessere Entscheidung wäre. Da ging es um ihre Position und darum, was ich ihr als Sportdirektor geben kann, wenn sie weiterfährt. Aber es war nicht so, dass ich sie zu etwas überreden hätte wollen.
SPOX: Aber Sie hätten es schon gerne gesehen, wenn Höfl-Riesch weitergemacht hätte, oder?
Maier: Ja, natürlich. Diese Wertung habe ich am Ende des Gesprächs schon vorgenommen.
SPOX: Es wirkte bei der Verkündung des Karriereendes fast so, als habe Höfl-Riesch ein schlechtes Gewissen Ihnen gegenüber. Täuscht der Eindruck?
Maier: Sie hatte mir gegenüber kein schlechtes Gewissen. Maria war einfach hin- und hergerissen. Aber es ist so, dass es meiner Meinung nach überhaupt nicht notwendig war, jetzt aufzuhören. Wenn man einen Status wie Maria erreicht hat, muss man sich nicht nach jedem Ergebnis grämen. Egal wie es von außen bewertet wird. Maria ist in einer Position, in der sie es sich leisten kann, zu tun, was sie will. Aber sie hat sich entschieden, den Weg der Außendarstellung zu gehen.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Maier: Es wurde ja von allen Seiten kommentiert, ob es eine kluge Entscheidung ist und so weiter. Man sagt den Leuten ja dann später gerne nach, dass sie den Absprung verpasst hätten. Bei Maria ist es aber anders. Sie hatte bereits eine so wertvolle Position für den deutschen Sport eingenommen, dass man gar nicht mehr von einem verpassten Absprung hätte sprechen müssen. Mit 29 Jahren gehört Sie noch lange nicht zum alten Eisen. Aber so ist es nun halt.
SPOX: Also Sie respektieren ihre Entscheidung, können sie aber nicht nachvollziehen. Richtig?
Maier: Doch, ich kann die Entscheidung schon nachvollziehen und habe auch Verständnis dafür. Aus den eben genannten Gründen.
SPOX: Ist es überhaupt zu ermessen, was Höfl-Riesch für den deutschen Skisport geleistet hat?
Maier: Man muss das aus mehreren Blickwinkeln sehen. Maria ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit und Sportlerin. Sie hat Erfolge erzielt, die in der Form einmalig sind. In dieser Kategorie gab es zuvor nur Katja Seizinger und Rosi Mittermaier. Auf der anderen Seite hat ihr der Verband entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt und Möglichkeiten gegeben, um solch große Ziele zu erreichen. Es ist immer ein Geben und ein Nehmen. Eine Sportlerin wie Maria zahlt ihr vom DSV gegebene Strukturen mit dem x-fachen zurück durch ihre Erfolge. Trotzdem muss man sehen, dass der eine den anderen braucht.
SPOX: Höfl-Riesch ist also als Persönlichkeit wichtig. Muss es deshalb das Ziel sein, sie in Zukunft irgendwie im DSV zu integrieren?
Maier: Dass ihr bei uns Tür und Tor offen stehen, ist doch klar. Wir wären schlecht beraten, wenn wir jemanden wie Maria ausgrenzen würden. Das ist auch überhaupt nicht der Fall. Egal in welcher Position - bei uns wäre sie herzlich willkommen.
SPOX: Gab es deswegen schon konkrete Gespräche?
Maier: Nein. Dafür ist es viel zu früh. Maria fliegt jetzt erst einmal in den Urlaub. Wer weiß: Vielleicht wird es ihr ja langweilig, sie kommt zurück und fährt wieder Ski (lacht).
SPOX: Höfl-Rieschs Karriere war an Highlights nicht gerade arm. Was waren aus ihrer Sicht die Höhepunkte?
Maier: Sehr beeindruckend war ihr Slalom-WM-Titel in Val D'Isere. Genauso die Goldmedaille im Slalom in Vancouver. Ich nenne jetzt mal nur zwei Highlights, wobei es natürlich noch wesentlich mehr gab.
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