These 5: Das deutsche Team ist wieder auf dem Weg nach oben.
Dirk Bauermann: Die These impliziert ja, dass die deutsche Mannschaft unten liegt. Das stimmt nicht: Wir waren immer an der Weltspitze dran und fuhren in den letzten Jahren gute Ergebnisse ein. Der aktuellen Generation kommt es zugute, dass viele schon bei der EM 2009 dabei waren und jetzt bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig ist der europäische Basketball, wie in These 1 schon diskutiert, nicht mehr so stark wie noch vor fünf, sechs Jahren. Daher erwarte ich einiges für die nahe Zukunft, wenn sich die Deutschen in diesem Sommer mit einer guten Qualifikation das Ticket für die EM 2013 sichern und Selbstvertrauen tanken. Was mir besonders gefällt: Die U 20 ist ein starker Jahrgang und so tief besetzt, dass bei der Junioren-EM ein Bogdan Radosavljevic oder ein Maxi Kleber fehlen. Und was noch viel wichtiger ist: Die U 20 ist kein alleinstehender Leuchtturm und in den folgenden Jahrgängen wird es dunkel. Die U 18 besiegte in der EM-Vorbereitung unter anderem die Serben sowie die Russen und ist absolut wettbewerbsfähig, die U 16 steht vorzeitig im EM-Viertelfinale. Es ist nicht so wie nach der Nowitzki-Generation, als zehn Jahre nur wenig nachkam. Stattdessen haben sich die Strukturen so verbessert, dass Jahr für Jahr stabil für Nachwuchs gesorgt ist. Das ist eine tolle Basis für die nächsten zehn Jahre.
Philipp Dornhegge: Es wäre schön, daran glauben zu können. Nur sehe ich derzeit wenig Grund für diesen Optimismus. Schön ist natürlich, dass wir im europäischen Vergleich mit die besten Arenen haben, dass die Zuschauer kommen und die Liga auch dank der Bayern in einer ganz guten Verfassung ist. Das schlägt sich jedoch leider nicht in der Qualität der Nationalmannschaft wieder - zumindest noch nicht. Und der entscheidende Grund ist immer noch der, den nicht zuletzt Coach Bauermann regelmäßig anführt: Wir lassen in Deutschland weiterhin zu viele Ausländer spielen. Ohne Frage beleben einige Amerikaner und Osteuropäer unsere Liga, allerdings stehen in letzter Konsequenz die ganzen Mittelklasse-Ausländer der Entwicklung unserer Talente im Weg. So wie bei Daniel Theis in Braunschweig. Man kann nur hoffen, dass Lucca Staiger in Ludwigsburg endlich mal Minuten bekommt und noch ein oder zwei Schritte nach vorne macht. Oder dass Philipp Schwethelm in Ulm fit ist und einschlägt. Mit Tibor Pleiß' Entwicklung kann man glaube ich zufrieden sein. Ein großes Problem darf man dennoch nicht übersehen: Im internationalen Spitzenbasketball braucht man mehr als alles andere Playmaker. Steffen Hamann und Heiko Schaffartzik sind solide, aber sicher keine Teodosic', Jasikevicius' oder Calderons. Per Günther und Bastian Doreth sind talentiert, aber ob sie jemals echte Spitzenklasse verkörpern werden? Ich sehe im Moment keinen Point Guard, der unser Spiel für ein Jahrzehnt bei einer EM und WM wird prägen können.
Bauermann: Bei der U 18 haben wir Ismet Akpinar, bei dem wir hoffen müssen, dass er sich nicht für den türkischen Verband entscheidet. Es gibt noch Mauricio Marin, den ich zukünftig bei den Bayern trainiere, und natürlich Dennis Schröder von der U 20. Aber es stimmt, bei den Point Guards fehlt uns die Tiefe. Das hängt damit zusammen, dass wir in Deutschland schon bei den Zwölf-, 13-Jährigen den falschen Ansatz wählen. Statt aufs Talent zu schauen, lassen wir den Kleinsten in der Mannschaft Aufbau spielen. Die Jugoslawen machen uns seit gefühlten 100 Jahren vor, wie es geht: Wer das Gefühl als Point Guard mitbringt, bekommt den Ball. Wenn wir diese Einstellung in Deutschland haben würden, hätte Heidelbergs Paul Zipser zu einem 2 Meter großen Spielmacher europäischer Qualität werden können. Keine Frage, er kann mit dem Ball umgehen und wird zu den dominierenden Außenspielern Europas gehören. Allerdings ist es jetzt zu spät, um aus ihm einen reinen Point Guard zu machen.
Florian Regelmann: Ich wäre ja gerne optimistisch, um allerdings ehrlich zu sein: Ich weiß gerade nicht so wirklich, warum man das sein sollte. Zumindest noch nicht. Potenzial ist sicher da, keine Frage, dennoch bin ich wirklich skeptisch. Robin Benzing hatte ich mal den Sprung in die NBA am ehesten zugetraut, diese Vorstellung kommt mir heute völlig abstrus vor. Nach einer hoffnungsvollen EM so in der BBL abzutauchen, und in den Playoffs zum Totalausfall zu werden - das ist mehr als enttäuschend. Mir ist auch vollkommen egal, wie viele Ausländer in der BBL spielen. Wenn Benzing so gut ist, dann muss er sich einfach durchsetzen und dann erwarte ich, dass er zu den Topscorern der BBL gehört. Das ist mehr eine Mentalitätsfrage als eine Frage des Talents. Elias Harris' Entwicklung ist mindestens ebenso enttäuschend, Schwethelm soll jetzt in Ulm wieder zu sich finden. Und Pleiß muss sich jetzt erst mal in Spanien durchsetzen. Ob er dafür tough genug ist? Die Generation mit Theis, Patrick Heckmann, Philipp Neumann und Co. gibt Anlass zur Hoffnung, so eine Demolition von Griechenland bei der U-20-EM ist durchaus cool. Es ist trotzdem viel zu früh, um davon sprechen zu können, dass man auf dem Weg nach oben ist. Es gibt zu viele Fragezeichen und vor allem zu viele Jungs wie Benzing, die noch nichts bewiesen haben.
Bauermann: Ich habe täglich mit Robin zu tun und ich bin sehr zufrieden mit ihm. Er hat wie jeder junge Spieler das Recht, Erfahrungen zu sammeln und klüger zu werden. Nach seinen gesundheitlichen Problemen in der Vorsaison hat er sehr hart gearbeitet. Er versteht jetzt absolut, was es heißt, ein Profi zu sein. Und wie hart man dafür arbeiten muss. Ich bin absolut sicher, dass er mit der Nationalmannschaft einen guten Sommer erlebt und in der nächsten Saison einer der besten BBL-Spieler sein wird - nicht nur unter den Deutschen, sondern in der gesamten Liga. Ich glaube zu hundert Prozent an ihn.
Haruka Gruber: Ich bin nicht ganz so optimistisch wie der Coach, gleichzeitig nicht so skeptisch wie Philipp und Florian. Es spricht einiges dafür, dass die Deutschen ganz oben angreifen können: Viele Konkurrenten werden alt und nach dem Ende ihrer goldene Generationen werden Argentinien, Griechenland und Spanien nicht mehr so überragend sein wie in den letzten zehn Jahren. Außerdem schadet die ab der nächsten BBL-Saison geltende 6+6-Regelung zunächst die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesligisten - aber mittelfristig dürfte die Nationalmannschaft von den steigenden Einsatzzeiten für deutsche Spieler profitieren. Das Problem: Es wird etwas dauern. Dem aktuellen DBB-Team fehlt der gesunde Mittelbau an Spielern zwischen 25 und 30 Jahren. Dass 18 von 24 Spielern aus dem erweiterten DBB-Kader 23 Jahre oder jünger sind - vielversprechend und schön. Was hilft es jedoch, wenn Pleiß der Einzige ist, der bei einem europäischen Topteam unter Vertrag steht? Die meisten schaffen es nicht einmal in der BBL oder am College in die Rotation. Von daher: Es geht in die richtige Richtung, aber es wird mindestens drei bis vier Jahre dauern, bis man wieder zu den Topteams zählt. Außer Pleiß und zwei, drei andere aus seinem 1989er-Jahrgang entwickeln sich deutlich schneller als erwartet, was nicht ganz ausgeschlossen ist. Mit einem dann 36-jährigen Dirk Nowitzki wäre bei einer möglichen WM 2014 vielleicht, vielleicht, vielleicht eine Medaille drin.
These 1: Die Konkurrenz für die USA ist so schwach wie lange nicht.
These 2: Team USA soll gleichzeitig mit LeBron/Durant/Melo starten.
These 3: Nigeria wird das Olympia-Überraschungsteam.
These 4: Russlands Andrei Kirilenko wird der Olympia-MVP.
These 5: Das deutsche Team ist wieder auf dem Weg nach oben.