Wird ein Spieler am dritten Tag des NFL Drafts gezogen, dann ist der grundsätzliche Gedanke, dass er zunächst nur ein Ersatzspieler sein wird; wenn er es denn überhaupt in den 53-Mann-Kader schafft. Allerdings gibt es jedes Jahr Überraschungen - Spieler, die aus verschiedenen Gründen weiter gefallen sind, als es bei ihrem Talent verdient gewesen wäre. Da fallen einem Namen wie Alfred Morris, Richard Sherman oder Geno Atkins ein.
Auch in der diesjährigen Draftklasse wird es solche Talente geben. Im Folgenden wollen wir euch zehn Spieler vorstellen, die am dritten Tag des 2015 NFL Drafts gezogen wurden, allerdings bereits in ihrem ersten Jahr für Aufsehen sorgen können.
Justin Hardy, WR, Atlanta Falcons - Runde 4, Pick 107
"Justin ist ein Typ, den wir uns ganz genau angesehen haben. Wir dachten, dass er ein sehr, sehr guter, energischer, wetteifernder Footballspieler ist. Wir waren begeistert von vielen Dingen, die wir in ihm gesehen haben. Ein Typ, der viele Bälle gefangen hat. Ein Typ, der fähig ist, viele Bälle zu fangen. Ein Typ, der sich reinhängt und sich ackert, um zu gewinnen. Als wir ihn uns angesehen haben, kamen wir zu dem Entschluss: Dieser Typ sollte ein Falcon sein. Wenn wir eine Chance bekommen, ist das ein Typ, den wir gerne in einem Falcons-Trikot sehen würden."
Das waren die Aussagen von Terry Robiskie, Wide-Receiver-Coach bei den Falcons, nachdem das Team aus Atlanta Justin Hardy in der vierten Runde des Drafts zog. Hardy ist ein ehemaliger Walk-On von East Carolina, der in seinen vier Jahren dort mit 387 Catches einen neuen Rekord in der NCAA aufstellte. Seine 4541 Receiving Yards sind die drittbeste Marke aller Zeiten. Er ist zwar nicht besonders groß (5'10'') oder ein überragender Athlet (4,56 s im 40-Yard Dash), spielt aber tough, technisch sauber und immer mit hohem Einsatz.
Berichten zufolge hat sich Hardy in den bisherigen OTAs bereits als dritter Receiver hinter Roddy White und Julio Jones etabliert. Als dieser sollte er bereits einiges an Spielzeit sehen. Dazu hatten Jones und White in den letzten Jahren immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen, was Hardy noch mehr Gelegenheiten bieten könnte. Die Falcons benötigten einen Ersatz für den entlassenen Harry Douglas. In Hardy scheinen sie ihren Mann gefunden zu haben. Es wäre wenig überraschend, wenn er ähnliche Leistungen zeigt wie Jarvis Landry letztes Jahr als Rookie bei den Dolphins.
Clayton Geathers, SS, Indianapolis Colts - Runde 4, Pick 109
Im letzten Jahr spielte Mike Adams eine gute Saison als Free Safety. Neben ihm auf der Strong-Safety-Position durften sich Sergio Brown und LaRon Landry regelmäßig abwechseln. Brown und Landry sind mittlerweile nicht mehr Teil des Teams. In der Free Agency kam der erfahrene Dwight Lowery, der zuletzt eine recht durchschnittliche Saison in Atlanta spielte.
In den letzten Trainingseinheiten der Colts wusste Rookie Clayton Geathers aber immer mehr zu überzeugen. Die Coaches sind begeistert, wie schnell er die mentalen Aspekte des Spiels verinnerlicht. Sicherlich hat Lowery mit seiner Erfahrung noch immer einen Vorsprung, im Verlauf der Saison kann sich das allerdings noch ändern und Geathers dann als Starter auflaufen.
"Wir spielen ihn vorne in der Box in Sub Packages als Dime Linebacker", sagte kürzlich Head Coach Chuck Pagano. "Entsprechend lernt er tief zu spielen als auch in den Sub-Packages. Er war bisher echt beeindruckend, wie schnell er Sachen versteht. Er wird einer dieser Typen sein, den man im heutigen Football als Dime Backer einsetzen kann, um schneller zu werden, mehr Schnelligkeit auf dem Feld zu haben und mit den Tight Ends zu können, die wir jetzt decken müssen."
Momentan scheint Geathers seinen festen Platz in der Dime Defense der Colts als Linebacker sicher zu haben. Eine Position, die ihm aufgrund seiner Fähigkeiten als Box-Safety liegen sollte. Doch früher oder später sollte er zum Starter aufsteigen und es ist nicht auszuschließen, dass es bereits in diesem Jahr passieren wird.
Vince Mayle, WR, Cleveland Browns - Runde 4, Pick 123
In Sachen Doppelgänger kann man es kaum besser treffen als Vince Mayle. Schon seit jungen Jahren wird er regelmäßig mit LeBron James verwechselt. Seit er von den Cleveland Browns gedraftet wurde, hat sich das nur verstärkt.
"Wenn ich irgendwo neu hingekommen bin, fragen mich die Leute: ‚Weißt du, dass du wie LeBron aussiehst?'", erzählte Mayle in einem Interview mit der Northeast Media Group. "Das passiert jetzt noch häufiger seit ich zusammen mit ihm in Cleveland bin. Seit der sechsten Klasse ist mein Spitzname Little LeBron"
Mayle hat aber das Zeug, sich seinen eigenen Namen zu machen. Aus der High School kommend wollte er sich zunächst auf Basketball konzentrieren, musste zunächst aber ein Community College besuchen, da seine Noten nicht gut genug waren. Nach zwei Jahren entscheid er sich dort, wieder das Footballspielen aufzunehmen. Ein weiteres Jahr später wechselte er auf die Washington State University, wo er nach einer Eingewöhnungsphase im ersten Jahr groß aufspielte. In seinem letzten Jahr am College konnte er 106 Pässe für 1483 Yards und 9 Touchdowns fangen.
Dabei kommt ihm insbesondere seine Kraft zugute. Mit seinen 6'2'' und 224 Pfund überpowert er seine Gegenspieler regelmäßig. Die Offense der Browns kann einen solchen Spieler gut gebrauchen. Nachdem Josh Gordon weiter suspendiert bleibt und wohl keine Zukunft mehr in Cleveland hat und Jordan Cameron nach Miami gewechselt ist, suchen die Browns weiter nach einem Playmaker. Dwayne Bowe und Brian Hartline, die beide in der Offseason kamen, haben zuletzt nicht wie solche ausgesehen.
Momentan kann Mayle wegen einer Verletzung am Daumen nicht trainieren, zum Trainingslager soll er aber wieder einsatzbereit sein und wenn er seine technischen Mängel und seine relative Unerfahrenheit schnell aufholen kann, sollte er im Verlauf der Saison zu einem größeren Faktor in der Offense werden.
Kwon Alexander, OLB, Tampa Bay Buccaneers - Runde 4, Pick 124
Es gibt Spieler, von denen man sich ein mentales Bild macht, bevor man sie sich richtig angesehen hat. Kwon Alexander war bei mir ein solcher Fall. Als Underclassman von LSU, der sich frühzeitig zum Draft anmeldete, hielt ich ihn für einen talentierten, aber technisch schlampigen und einsatzfaulen Spieler, wie man sie oft bei den Tigers findet.
In seinen Scouting-Videos sieht man aber einen zwar etwas kleinen, dafür aber sehr athletischen Linebacker, der ein Play nach dem nächsten macht und sich sein Hinterteil für das Team aufreißt. Sei es gegen den Lauf oder in Coverage, er ist in jedem Bereich der Defense zu gebrauchen. Dazu passt er vom Spielertyp her sehr gut in Lovie Smiths Variante der Tampa-2 Defense.
Die Buccaneers gaben sogar ihren ersten Siebtrundenpick ab, um ein paar Plätze nach oben zu traden, damit sie Alexander auch wirklich bekamen.
"Wir waren überrascht und erfreut, dass er noch zu haben war, also sind wir hochgegangen", sagte General Manager Jason Licht. "Ein explosiver, schneller Spieler, der seine Chance bekommen wird, für uns außen zu starten."
Defensive Coordinator Leslie Frazier ist ebenfalls begeistert von seinem neuen Spieler.
"Er ist ein Spieler, der die athletischen Fähigkeiten hat, die wir suchen. Er ist exzellent in seiner Beweglichkeit. Großartige Agilität, gute Hände. Er hat die Explosivität, die wir in einem Linebacker sehen wollen. Er ist gleichzeitig ein intelligenter Footballspieler. Er hat eine Menge Zutaten, die wir zu finden hoffen - ein Typ, der für uns starten könnte. Wir können kaum erwarten, ihn in Pads zu sehen und zu sehen, wie gut er versteht, was wir hier versuchen umzusetzen. Aber wir haben große Hoffnungen bei ihm. Kwon wird eine tolle Verstärkung für unsere Defense sein."
Im Kampf um einen Stammplatz wird er sich gegen Free-Agency-Verpflichtung durchsetzen müssen, in der Base Defense mit drei Linebackern, hat er aber eine gute Chance auf seinen Platz an der Seite von Carter und Lavonte David.
Grady Jarrett, DT, Atlanta Falcons - Runde 5, Pick 137
Es ist nicht so, dass die Falcons unbedingt Verstärkung auf der Defensive-Tackle-Position benötigten. In Paul Soliai, Jonathan Babineaux und Ra'Shede Hageman hat man recht gute Optionen. Dazu könnte End Tyson Jackson ebenfalls in der Mitte spielen. Doch bei einem neuen Trainerstab werden die Karten immer neu gemischt. Es wird sich nicht für Verträge oder die Höhe von Draft Picks interessiert, entscheidend ist die Leistung auf dem Platz.
Jarrett fiel im Draft, weil ihm die ideale Größe für einen Interior Defensive Lineman fehlt, in einer Vier-Mann-Front, die auf One-Gapping setzt, sollte dieser Nachteil aber nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, wie zuletzt auch Aaron Donald in St. Louis bewies. Auch wenn Jarrett nicht ein so herausragendes Talent wie Donald besitzt, sind die beiden Spieler sich in ihrer Spielweise doch ähnlich. Jarrett besticht durch seine Flinkheit, seinen schnellen ersten Schritt und den guten Einsatz seiner Hände. Dazu ist er aber auch kräftig genug, um gegen den Lauf ein Faktor zu sein.
Den Falcons fiel es letztes Jahr schwer, Druck auf gegnerische Quarterbacks auszuüben. Einzig Babineaux konnte dort halbwegs überzeugen. Gerade bei Passing Downs wäre es daher wenig überraschend, Jarrett neben Babineaux auf dem Feld zu sehen, die durch die Mitte kommen, während Vic Beasley, der zusammen mit Jarrett von Clemson nach Atlanta wechselte, über die Seite kommt.