Todd knows…

Von Sebastian Hahn
Todd Gurley wurde im NFL Draft 2015 an zehnter Stelle von den St. Louis Rams ausgewählt
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Seine Rettung erfolgte in Person von Dr. James Andrews. Der Knieexperte operierte Gurley erfolgreich und erklärte noch vor der Draft: "Er wird keine bleibenden Schäden davontragen, sein Knie ist genauso gesund wie vor der Verletzung. Dafür stehe ich mit meinem Namen ein." Trotzdem schienen die Top 5 für den jungen RB gestorben, sein Talent sorgte aber weiterhin dafür, dass er in den Draftboards nicht aus den Top 20 fiel. An zehnter Stelle wählten ihn dann schließlich die Rams - noch vor dem ebenfalls enorm talentierten und zudem verletzungsfreien Melvin Gordon. "Es war mir egal, wer mich draftet und an welcher Stelle. Jetzt bin ich halt an Nummer zehn gewählt worden, na und? Es ist für mich wichtig, dass ich überhaupt gedraftet wurde, Punkt", erklärte Gurley den Medienvertretern noch am Draft-Abend.

Glücklich war neben Gurley aber vor allem Rams-GM Les Snead, der sich über einen vermeintlichen Steal freute: "Todd ist ein Spieler, den du nur alle paar Jahre mal im Draft hast. Wir mussten einfach zuschlagen. Das ist keine Entscheidung für Week 1 in Seattle, sondern für die Zukunft." Snead legte dann auch noch gleich eine Begründung nach, warum Gurley trotz der Bedenken vieler Experten eine große NFL-Karriere vor sich hat: "In Georgia hatte er eine O-Line, von der ich denke, dass wir keinen Spieler je in der NFL sehen werden. Er hatte oft sieben oder acht Mann gegen sich und wenig Platz zum rushen. Das wird auch in der NFL so sein, von daher wird das keine große Umstellung für ihn." Mit dem, was Gurley in den letzten fünf Wochen aufs Feld zauberte, dürfte aber selbst Snead nicht gerechnet haben.

Speedy Todd

Nimmt man alleine Gurley vier längste Runs bisher, kommt man schon auf 226 Yards. Das sind mehr als 19 Rookie-RBs in dieser Saison überhaupt erlaufen haben. Gurley ist ligaweit Vierter mit 664 Rushing Yards, obwohl er quasi drei Spiele weniger gemacht hat als seine Konkurrenten. Dementsprechend führt er die Liga auch beim Rushing Average pro Spiel (110,7) und pro Carry (5,6 )an. Mit seinen vier Spielen mit über 100 Rushing Yards hat er zudem schon genauso viele 100-Yards-Game in seinen ersten fünf Spielen gesammelt, wie die Indianapolis Colts in den letzten sieben Saisons.

"Ich mag seinen Spielstil. Er ist sehr physisch und unfassbar schnell, einfach der geborene Runner. Er hat diese spezielle Kombination aus Speed, Power und Spielübersicht. Ich ziehe meinen Hut vor seinen Leistungen, vor allem nach der Verletzung", sagte kein geringerer als Adrian Peterson über ihn.

Tatsächlich beweist Gurley in seinen ersten fünf Starts für die Rams nicht nur Power, wie er bei seinem Touchdown am Sonntag eindrucksvoll unter Beweis stellte, sondern rennt auch regelmäßig gegnerischen Secondarys davon. Gegen die 49ers gelang ihm ein 71-Yard-Run in die Endzone, Gurley beschleunigte zwischenzeitlich auf 34,9 Kilometer pro Stunde. Zum Vergleich: Der aktuelle NFL-Rekord von Chris Johnson liegt bei 38,5 km/h. CJ2K hält immer noch den Rekord beim 40-Yard-Dash der NFL Combine mit 4.24 Sekunden, Gurley konnte an dieser allerdings nicht teilnehmen. Im Training soll er aber bereits 4.30 gelaufen sein. "Er ist immer eine Gefahr, du musst ständig auf der Hut sein, ob er die D-Line nicht durchbricht", erklärte Vikings-CB Captain Munnerlyn am Sonntag nach dem Spiel.

58,1 Prozent seiner bisher erlaufenen Yards resultieren aus Plays mit 15 Yards und mehr - einsame Spitze in der NFL. "Wenn er erstmal in Fahrt kommt, sehen alle anderen Spieler aus, als würden sie in Slow-Motion laufen", erklärte Tight End und Teamkollege Jared Cook der Sports Illustrated. Gurleys Geschwindigkeit kommt nicht von ungefähr, schließlich lief er an der University of Georgia über 60 Meter Hürden mal eben die siebtschnellste Zeit in der Unigeschichte und wurde 2011 in 10,70 Sekunden Zweiter bei den Highschool-Meisterschaften von North Carolina über 100 Meter.

Fishers Lieblingsspielzeug

Auch Head Coach Jeff Fisher dürfte sich über seinen neuen Running Back freuen. Seit dem Abgang von Steven Jackson vor drei Jahren fehlte den Rams ein Franchise-RB, Fisher musste in erster Linie auf Pass-Plays setzen, obwohl er eigentlich lieber traditionell "on the ground" spielt. Gurley gibt ihm jetzt endlich wieder diese Möglichkeit, zumal die 49ers und Seahawks in der NFC West ähnliche Strategien verfolgen: Starke Defense und ein gutes Running Game sollen zum Erfolg führen. Zudem nimmt Gurley mit seinen starken Performances den Druck von Quarterback Nick Foles, dessen Stärken im Passing Game jetzt noch besser eingesetzt werden können.

Für seinen starken Leistungen ist der 21-Jährige zwar nicht alleine verantwortlich, die O-Line der Rams blockt dem Youngster immer wieder geschickt seinen Weg frei, doch Gurley ist exzellent darin, die für ihn freigeblockte Lücke auch zu finden - selbst wenn diese manchmal kaum breiter als er selbst ist. "Er gibt uns das komplette Paket: Ob Spielübersicht, Athletik, Explosivität, Beschleunigung oder den Instinkt, in welche Lücke er stoßen muss", sagte Coach Fisher nach Gurleys starken Aufritten in den ersten Wochen.

Bo, AP, Herschel

Dementsprechend werden bereits die ersten Stimmen laut, die Gurley in die Running-Back-Elite der NFL erheben. Ein Scout erklärte sogar gegenüber der Sports Illustrated: "Er ist ein besonderes Talent, das sieht man sofort. Er erinnert mit seiner Schnelligkeit und Explosivität an Spieler wie Herschel Walker oder Bo Jackson." Letzterer gilt bis heute als einer der schnellsten Running Backs der Geschichte und lief den inoffiziell (weil handgestoppten) schnellsten 40-Yard-Dash der Geschichte in 4,12 Sekunden. Zwar musste er nach einer Hüftverletzung seine Karriere vorzeitig beenden, trotzdem gilt der mittlerweile 52-Jährige vor allem wegen seiner "Bo knows"-Werbespots für Nike als Legende.

Walker dagegen teilt mit Gurley die Vergangenheit als Georgia Bulldog. E war im Jahr 1980 vor Gurley der letzte Freshman, der in seiner ersten Saison am College über 1000 Yards erlief. Der heutige MMA-Kämpfer, der nach eigenen Angaben gerade mal ein Kilo mehr auf den Rippen hat, als noch zu aktiven Zeiten, wirft einen weiteren Vergleich in den Raum. "Ich habe ihn beim Training beobachtet, und er nimmt seine Gegenspieler wie Hürden. Das kenne ich nur von Galen Sayers."

Sayers spielte in den 1960ern sieben Jahre für die Chicago Bears und ist Mitglied der Hall of Fame. Ob Peterson, Walker, Jackson oder Sayers: Todd Gurleys Karriere befindet sich bereits nach wenigen Spielen in illustrer Gesellschaft. Macht er so weiter, wie bisher, könnte er vielleicht sogar den Rookie-Rushing-Rekord von Eric Dickerson (1808 Yards) knacken. Ober er das schafft? Um es im Stile von Bo Jackson zu sagen: Only Todd knows...

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