Nach dem Ende der Regular Season ist vor dem Start der Postseason. Pünktlich zum Start der ersten Playoff-Runde haben Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann die Zeit zurückgedreht und den Mann zu ihrer aktuellen Triangle Offense eingeladen, der auch schon bei der allerersten Ausgabe zu Gast war. Ex-Handball-Nationalspieler Stefan Kretzschmar diskutiert mit den NBA.de-Redakteuren über Kobe Bryants Verletzung, den Aufstieg der Brooklyn Nets, den ausgeglichenen Westen und die andauernde Seifenoper um Derrick Rose. Außerdem die Frage: Kann überhaupt jemand Meister Miami schlagen?
These: Mike D'Antoni hat Kobe Bryant verheizt
Philipp Dornhegge: Ich möchte es klar sagen: Ich halte sehr wenig von D'Antoni. Mich hat seine Arbeit in Phoenix bei allem Erfolg nicht begeistert, in New York fand ich ihn grausam. Ich bin kein Fan von Small Ball und schon gar nicht von Seven-Seconds-Or-Less-Basketball. Ich glaube, dass er auch bei den Lakers nicht viel richtig macht. Allerdings hat die aktuelle Geschichte mit Kobe Bryant sehr viele Facetten. Ohne Frage muss der Trainer seine Spieler schützen, Minuten sinnvoll einteilen. Das machen vor allem die Trainer, die mit ihren Teams um den Titel mitspielen wollen, sehr geschickt (außer Scott Brooks). D'Antoni hat ja betont, dass Kobe immer spielen wollte, und dass es für das Team so gut gewesen sei. Das ist natürlich eine absolute Bankrotterklärung für einen Trainer. Nicht nur attestiert er den ganzen anderen Spielern, dass sie ohne den Superstar nichts auf die Reihe kriegen, sondern er gibt auch zu, dass er nicht die Eier hat, seinem Spieler zu sagen: "Ruhe, ich bin der Coach, ab auf die Bank!" Ganz klar, es gehört mehr Mumm dazu, diesen Zwist mit Bryant auszutragen als mit einem Spieler wie Tim Duncan zu arbeiten. Aber diesen Mumm muss man einfach haben, wenn man die Lakers trainieren und Erfolg haben will. Für diesen Job ist eben nicht jeder gemacht. Und deshalb bin auch nicht bereit, D'Antoni die alleinige Schuld an Kobes Verletzung zu geben - wobei es natürlich sowieso nur Theorie ist, dass es zwischen den ganzen Minuten und dem Achillessehnenriss einen direkten Zusammenhang gibt. Aus meiner Sicht hätte D'Antoni den Job nie bekommen dürfen. Phil Jackson stand bereit, wollte den Job. Und er ist erwiesenermaßen ein Mann, der Kobe die Meinung sagt, wenn es sein muss. Für mich hat Jim Buss den aus sportlicher Sicht schlimmsten Moment der Saison genauso zu verantworten wie D'Antoni.
Haruka Gruber: Ich weiß, D'Antoni-Bashing ist die neue Volkssportart in der NBA. Und klar, obwohl er mitten in der Saison ohne gemeinsame Vorbereitungszeit eingesprungen ist, war es erschreckend, was die Lakers teilweise ablieferten. Egal wie alt das Team ist, egal wie viele Spieler angeschlagen waren, egal ob der Kader auf seinen bevorzugten Basketball-Stil ausgelegt wurde oder nicht: Seine Mannschaft hätte besser spielen müssen. Andererseits sollte man nicht unfair werden. Ihm wurde immer vorgeworfen, dass er keine Kompromisse suchen und immer seinen Run'N'Gun durchsetzen wollen würde. Davon kann keine Rede sein, es wurde in den letzten Wochen immer klarer, dass er versucht, eine Mischform zu finden, in der die Stärken des Teams besser zur Geltung kommen. Zum Beispiel darf Gasol, so wie es ihm gefällt, viel häufiger im Post agieren statt an der Dreierlinie wie Falschgeld rumzustehen. Das zeigt: D'Antoni ist nicht so dogmatisch, wie Philipp behauptet. Und zum speziellen Fall Kobe: Die im Raum stehenden Anklagen an D'Antoni verstehe ich nur bedingt. Wenn die Lakers die Playoffs verpasst hätten, weil Kobe im Golden-State-Spiel gebencht worden wäre - was hätte man D'Antoni vorgeworfen? Genau, dass er verrückt sei, weil er den besten Spieler auf die Bank setzt. Und wenn D'Antoni zu allem Überfluss Kobe gegen dessen Willen gebencht und damit einen Eklat ausgelöst hätte? Dann hätten alle Experten behauptet, dass D'Antoni ein Superstar--Komplex hat, mit großen Persönlichkeiten nicht umgehen kann und ihm das Feingefühl fehlt.
Stefan Kretzschmar: Ich kenne die Problematik ja auch aus dem Handball, wenn ich an Kiel-Coach Alfred Gislason und andere Trainer denke, die unter Druck stehen. Wenn es um alles geht, spielen immer deine besten Spieler. Und für die Lakers ging es um die Playoffs. Es war immer klar, dass es bis zum letzten Tag der Regular Season nicht entschieden sein würde, ob es diese Übermannschaft in die Playoffs schafft. Und es war immer klar, dass es der größten Sensation im amerikanischen Profisport gleichkommen würde, sollten sie es nicht packen. Es ist doch nur natürlich, dass man da seinen besten Mann spielen lässt. Es war ja Wahnsinn, mit welchem Siegeswillen er die Lakers aus einer schon fast aussichtslosen Situation wieder rausgeführt hat. So eine Verletzung in dem Alter ist jetzt natürlich brutal. Das Pensum an sich in der NBA ist unglaublich. Wir heulen im Handball immer über zu viele Spiele, aber in der NBA spielen sie dann einfach auch 5 Mal pro Woche. Ich hätte auch nicht auf meinen besten Spieler verzichtet, zumal die Spiele der Lakers ja alle knapp waren. Es gab für D'Antoni gar nicht die Möglichkeit, Kobe groß Pausen zu geben. Ich muss auch generell zu D'Antoni sagen, dass ich immer ein Fan von seinem Run-and-Gun-Basketball war, den er schon in Phoenix zelebriert hat. Für Defense war er aber sicher nie so bekannt.
Florian Regelmann: Die These ist für mich ja vollkommener Quatsch. Jeder von uns kann sich, wie von Kretzsche schon erwähnt, ja mal in die Position von D'Antoni versetzen und sich überlegen, was er gemacht hätte. Ich hätte Kobe auch 48 Minuten lang spielen lassen. Mal ganz abgesehen davon, dass Kobe sich im Zweifel ohnehin ohne Polizeieinsatz nicht hätte auswechseln lassen. Diese ganze These kommt doch nur von den D'Antoni-Hatern, die mal wieder einen Grund suchen, um ihn in die Pfanne zu hauen. Das größte Problem der Lakers ist personeller Natur und liegt im Spielerkader. D'Antoni ist nicht das Problem. Er mag keinen perfekten Job gemacht haben, aber er hat solide Arbeit verrichtet, wenn man bedenkt, mit welchen Verletzungsproblemen er zu kämpfen hatte und hat. Er hat auch sein System nicht schlecht auf das Spielermaterial angepasst. Man muss dem Mann jetzt auch mal ein volles Training Camp geben, um seine Handschrift durchzubringen. Und noch mal kurz zu Kobe: Der Gedanke, die Lakers könnten/sollten vielleicht die Amnesty-Klausel anwenden, halte ich für Wahnsinn. Klar, finanziell macht es Sinn und man kann es alles mit Kobe absprechen, aber PR-technisch würde es eine Katastrophe bleiben und absolut unwürdig für einen der Größten ever.
These 1: Mike D'Antoni hat Kobe Bryant verheizt
These 2: Und plötzlich sind die Brooklyn Nets ein Dark Horse
These 3: Im Westen kann jedes Team in die Finals einziehen
These 4: Derrick Rose hat keine Ausreden mehr
These 5: Miami kann die Championship Parade schon planen
These: Und plötzlich sind die Brooklyn Nets ein Dark Horse
Florian Regelmann: Absolut ja. Die Nets sind im Osten für mich die Mannschaft, die Miami am ehesten in Bedrängnis bringen kann. Mehr noch als die Knicks. Ich kenne natürlich die miese Bilanz (15-27) von Brooklyn gegen Teams mit positivem Record, aber seit einiger Zeit ist ein ganz entscheidender Punkt eingetreten, der das überstrahlt. Deron Williams ist endlich wieder fit und spielt wie Deron Williams. Wie ein Superstar. 27 Punkte und 9 Assists bei überragenden Quoten, vor allem der Dreier fällt - D-Will geht als einer der heißesten Spieler überhaupt in die Playoffs. Und dazu kommt eben ein Brook Lopez, der in dieser Saison der beste Center der NBA ist. Nimmt man seine Defizite im Rebounding, die er durch sein viel besseres PER (weil er vor allem auch Freiwürfe trifft) wettmacht, sind seine Zahlen de facto besser als die von Dwight Howard. Er sah auch in direkten Duellen mit Joakim Noah oder Al Horford immer gut aus. Für Lopez sind es seine ersten Playoffs, auch er wird heiß sein wie ein Schnitzel. Zu Williams und Lopez kommt mit Joe Johnson ein sehr guter dritter Star, der in der Crunchtime Verantwortung übernehmen kann, mit Reggie Evans ein Rebound-Monster, das es in der NBA seit Ben Wallace und Dennis Rodman nicht mehr gab, dann noch der mega-toughe Gerald Wallace-- auf die Nets muss man echt aufpassen.
Philipp Dornhegge: Unser Live-Stream-Kommentator Markus Krawinkel hält die Nets ja für extrem gefährlich. Seine Sicht kann ich nachvollziehen: Sie haben einen exzellenten Big Man, gute Rebounder und zwei Clutch Performer im Backcourt. Gerade Deron Williams spielt in den letzten Wochen überragenden Basketball, das habe ich ihm kaum noch zugetraut. Die Bank ist mit Watson, Blatche und Bogans auch nicht zu verachten. Und trotzdem traue ich dem Braten nicht, da muss ich Haruka bis zum gewissen Grad rechtgeben. Ich sehe bei Brooklyn überhaupt keine Identität, oft hat man das Gefühl, dass die Spieler selbst nicht wissen, wer oder was sie eigentlich als Team sein wollen. Die Defense ist manchmal stark, manchmal schwach, genauso die Offense. Die Nets haben erst kürzlich angefangen, ab und zu mal Playoff-Mannschaften zu schlagen. Ansonsten haben sie überwiegend die Kleinen niedergemacht und gegen die Großen versagt. Wie soll man da eine Sieben-Spiele-Serie gewinnen? Zumal der Weg so steinig ist wie nur möglich: Erst die Bulls, dann die Heat und dann Knicks oder Pacers, bevor man in den Finals auf eine Spitzenmannschaft aus dem Westen trifft. Nein, ich kann mir nicht mehr als die zweite Runde vorstellen - und selbst das ist kein Selbstläufer.
Stefan Kretzschmar: Die Nets sind für mich ähnlich wie die Warriors. Brooklyn und Golden State sind für mich die beiden Mannschaften, die für eine ganz große Überraschung sorgen können. Beide Teams hat niemand so richtig auf der Rechnung. Aber schaut Euch die Starting Lineup der Nets an, die ist großartig. Brooklyn verfügt da über eine wahnsinnige Qualität. Dennoch sind die Warriors für mich noch der größere Geheimtipp. Golden State macht einfach Spaß mit seinem spektakulären Basketball, immer nach vorne, immer draufballern, 25 oder mehr Dreier pro Spiel schießen, diese Offensivpower gefällt mir. Die Warriors haben sensationelle Shooter in ihren Reihen und sie sind vor allem ein junges, ambitioniertes Team, das sich keinen Kopf macht über ein mögliches Scheitern, sondern frei drauf los spielt. Das hat auch viel mit Head Coach Mark Jackson zu tun, den ich persönlich schon immer sehr mochte. Ein klasse Typ. Er schafft es mit seiner Art des Coachings, seinen Spielern sehr viel Selbstvertrauen zu geben. Ich bin gespannt auf die Warriors.
Haruka Gruber: Geht es nur mir so? Oder habe ich was verpasst? Es klingt ja fast so, als ob Brooklyn eine Superduper-Superstar-Truppe beisammen hätte. Klar, der Kader ist respektabel und D-Will spielt endlich so, dass er seinem Maximum-Gehalt halbwegs gerecht wird. Dennoch sollte man nicht in irgendeinen Hype verfallen. So gut D-Will im April war, liegen seine Saisonstats immer noch bei 19 Punkten und knapp 8 Assists - und das für einen Spieler, der sich selbst als einen der weltbesten Basketballer überhaupt sieht. Und der Rest? Lopez blockt mittlerweile sogar und ist offensiv gewohnt stark, aber seine Rebounding-Allergie ist immer noch ausgeprägt. Ich finde es abenteuerlich, wie Flo ihn in einem Atemzug mit Howard zu nennen und das mit dem PER zu argumentieren. Kein General Manager der Welt würde auf die Idee kommen, Howard abzugeben für Lopez. Johnson bleibt für mich der überbezahlteste NBA-Profi. Und Evans in einer Ahnengalerie mit den NBA-Champs Wallace und Rodman? Evans, der in seinen 11 Karrierejahren von der Memphis-Serie 2012 abgesehen in den Playoffs nie besonders auffiel? Geschweige denn jemals die Finals erreicht hat? Zugegeben, nach dem Trainerwechsel hätte ich nicht gedacht, dass sich Brooklyn unter P.J. Carlesimo so schnell konsolidiert. Wobei dessen Siegquote von 64 Prozent auch nicht überbordend gut ist. New Jersey ist eine solide Playoff-Mannschaft - that's it.
These 1: Mike D'Antoni hat Kobe Bryant verheizt
These 2: Und plötzlich sind die Brooklyn Nets ein Dark Horse
These 3: Im Westen kann jedes Team in die Finals einziehen
These 4: Derrick Rose hat keine Ausreden mehr
These 5: Miami kann die Championship Parade schon planen
These: Im Westen kann jedes Team in die Finals einziehen
Philipp Dornhegge: Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber der Westen ist schon brutal ausgeglichen. Mit ihrem Verletzungspech sind speziell die Nummer zwei und drei, also San Antonio und Denver, anfällig. Was wiederum den niedrig gesetzten Mannschaften alle Chancen lässt. Clippers-Grizzlies ist ein Matchup, das wie im Vorjahr grandios zu werden verspricht. Aktuell sehe ich einzig OKC ein bisschen über allen anderen. Die erste Runde werden sie aus meiner Sicht klar überstehen, aber danach wird's natürlich schon haarig. Da wird sich spätestens zeigen, ob der Harden-Trade nun ein Fehler war oder nicht. Ich glaube, dass die Thunder deutlich mehr Mühe haben werden als im letzten Jahr. Ich lege mich aber auch fest und sage: Oklahoma City wird erneut in die Finals einziehen. Und sie werden in den Conference Finals weder den Nuggets noch den Spurs gegenüber stehen.
Haruka Gruber: Ganz so hellseherisch begabt wie Philipp bin ich leider nicht, um vorauszusagen, dass die Nuggets und die Spurs nicht das West-Finale erreichen. Das ist mir selbst für die Triangle zu spekulativ. Aber bei OKC gehe ich d'accord. Gefühlt sind die Thunder der Titel-Mitfavorit, über den in der Vergangenheit am wenigsten gesprochen wurde. Fast schon unbemerkt legen sie die nächste 60-Siege-Saison hin und erzielen im Schnitt pro Spiel 9,4 Punkte mehr als der Gegner. Laut Marc Stein hatten seit der Einführung der Dreierlinie 1979/80 nur fünf andere Mannschaften einen besseren Wert. Und alle fünf Mannschaften gewannen die Championship! Ich glaube zwar dennoch, dass Miami Meister wird, doch im Osten ist OKC the team to beat mit San Antonio als einzigen echten Konkurrenten. Bei den Nuggets, Clippers und Grizzlies fehlt mir bisher der Stresstest, um sie zu einem Titelfavoriten zu machen. Golden State sowie Houston gehören zu den besten Number-6- und Number-8-Seeds der vergangenen Jahre und dürften die Nuggets und die Thunder ärgern, mehr aber nicht. Wer mir zu kurz kommt: die Lakers - selbst ohne Kobe. Howard und Gasol werden mehr in die Offense eingebunden, dazu kann Nash in Abwesendheit von Kobe mehr kreiieren, wovon die zahlreichen mittelmäßigen Mitspieler sehr profitieren werden. Noch immer gibt es keinen Besseren als Nash, wenn es darum geht, Rollenspieler stärker zu machen, als sie es eigentlich sind.
Florian Regelmann: Man stelle sich vor, die Lakers hätten Kobe und die Nuggets hätten Danilo Gallinari... Die West-Playoffs werden aber auch so der Hammer. Mit Gallinari hätte ich Denver absolut alles zugetraut, auch das Erreichen der Finals. Und wenn ich ehrlich bin, glaube ich ja, dass die Nuggets selbst ohne Gallo weit kommen können. Weil diese Truppe mit den Wilson Chandlers, Corey Brewers und Co. so verdammt tief besetzt ist. Die Nuggets können aber auch in der ersten Runde problemlos rausgehen. Ob die Grizzlies oder Clippers, beide Teams haben das Zeug, gegen die Spurs und selbst die Thunder zu gewinnen. OKC ist der Favorit und Kevin Martin ein unterschätzter Kandidat als bester sechster Mann, aber ich bin nach wie vor gespannt zu sehen, ob ihnen der Verlust von James Harden in den Playoffs nicht noch wehtun wird. Ich kann mir schon vorstellen, dass ein anderes Team den Westen in den Finals vertritt. Ich sehe es in der Tat extrem offen. Ich sehe fünf Teams, die in die Finals kommen können. Thunder, Spurs, Nuggets, Clippers und Grizzlies. Und ich sehe weitere Teams, die nicht ungefährlich sind. Wenn Steph Curry aufdreht, kann auch Golden State für einen Schocker sorgen. Let the fun begin!
spoxStefan Kretzschmar: Flo, ich weigere mich ja kategorisch, Sympathien für San Antonio zu entwickeln. Das hängt noch mit der Finals-Serie 1999 zusammen, die sie gegen die Knicks gewonnen haben. Die Spurs sind für mich eine Mannschaft, von der ich einfach kein Fan sein kann. Es tut mir leid. Die haben so was Unscheinbares, puh. Nicht falsch verstehen, Ginobili, Parker und Duncan, der seinen zweiten Frühling erlebt, sind tolle Spieler. Ich respektiere die Leistung der Spurs, aber wenn ich dann im Gegensatz zu ihnen an OKC denke... Die Thunder könnte ich mir jeden Tag anschauen. Weil sie einfach eine Basketball-Show abliefern. Ich traue es auch OKC am ehesten zu, Western Conference Champion zu werden. Auf der anderen Seite traue ich aber San Antonio eher zu, in den Finals Miami zu schlagen. Und was die anderen Teams angeht: Ich glaube nicht, dass Denver trotz einer tollen Saison gut genug für die Finals ist. Auch die Clippers kann ich mir da nicht vorstellen. DeAndre Jordan und Blake Griffin tauchen in jedem Highlight-Band auf und sie haben die Lakers vom Showfaktor her abgelöst, aber trotz der Siegermentalität und der Leadership von Chris Paul reicht das noch nicht. Wir haben über die Warriors gesprochen und Ihr könnt mich ja für verrückt halten, aber meine Phantasie geht so weit, dass ich mir vorstellen kann, dass die Lakers die Spurs in der ersten Runde raushauen. Ich denke irgendwie immer noch, dass sie explodieren und mit ihrer Power und Größe Teams dominieren können.
These 1: Mike D'Antoni hat Kobe Bryant verheizt
These 2: Und plötzlich sind die Brooklyn Nets ein Dark Horse
These 3: Im Westen kann jedes Team in die Finals einziehen
These 4: Derrick Rose hat keine Ausreden mehr
These 5: Miami kann die Championship Parade schon planen
These: Derrick Rose hat keine Ausreden mehr
Florian Regelmann: Wenn ich Mitspieler von Derrick Rose wäre, würde ich ausrasten. Ich bin Luol Deng, kämpfe mich jeden verdammten Abend durch 52 Verletzungen und fighte, fighte, fighte. Und dann sehe ich einen Spieler auf der Bank sitzen, der im Warmup lustig drauf losdunkt, der vor allem vor geraumer Zeit von der medizinischen Abteilung grünes Licht bekommen hat, aber nicht spielt, weil er mental nicht bereit ist. Unfassbar. Es geht in der ganzen Geschichte übrigens nicht darum, ob die Bulls mit Rose eine 7-Spiele-Serie gegen Miami gewinnen können. Da das auch bei einem Comeback von Rose nicht drin wäre, könne er doch ruhig die ganze Saison aussetzen, sagen einige Leute. Totaler Nonsens. Rose hätte die Pflicht, für sein Team da zu sein und zu spielen. Weicheier kommen gerade in Chicago auch nicht besonders gut an. Wir sprechen von einer Stadt, die gesehen hat, in welch schlechtem gesundheitlichen Zustand Michael Jordan sich aufs Feld geschleppt und performt hat. Es ist absolut krass, wie sehr sich das Image von Rose schon gewandelt hat. Ein Spieler, der so sehr geliebt wurde von Chicago, verliert erheblich an Ansehen. Er ist noch nicht ganz auf dem "Hass"-Level von Bears-Quarterback Jay Cutler, aber so wahnsinnig viel fehlt nicht mehr, wenn er so weitermacht. Du hast auch schon schwere Verletzungen gehabt, Kretzsche. Kannst Du das verstehen?
Stefan Kretzschmar: Ich kann mich an eine schwere Knieverletzung erinnern, bei der ich einmal ein Dreivierteljahr aussetzen musste. Ich habe dann wirklich extremes Einzeltraining mit unserem rumänischen Co-Trainer gemacht und bin im Fußballstadion die Treppen rauf und runter gesprungen und gerannt. Als ich dann aber von den Ärzten grünes Licht bekam und wieder schmerzfrei war, habe ich auch wieder gespielt. Das war völlig normal für mich. Sobald dir die Ärzte sagen, es kann nichts mehr passieren, musst du deine Hemmungen hinter dir lassen. Natürlich kann ich verstehen, wie man sich fühlt, wenn die Karriere am seidenen Faden hängt. Wenn die Angst da ist, es könnte wieder etwas passieren. Aber das kannst du niemals ausschließen. Sobald die medizinische Abteilung das Go gibt, musst du dich wieder reinkämpfen. Du darfst keine Angst haben, sonst wirst du auch nie mehr der Spieler, der du vorher warst. Derrick Rose war ja auf dem Weg zu einem der besten Spieler der NBA zu werden, vielleicht zum besten überhaupt. Ich kann nachvollziehen, wie schwierig es psychologisch ist. Er ist noch jung, er hat noch nichts gewonnen, er will auf Nummer sicher gehen. Aber das geht nicht. Es kommt ein Punkt, an dem du den Ärzten vertrauen und dich ins Feuer reinwerfen musst. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Du kannst es im Training endlos simulieren, aber nur im Wettkampf kannst du herausfinden, ob alles hält.
Philipp Dornhegge: Ist doch völlig klar, dass Kretzsche als Ex-Profi zu Rose hält. Wir als Außenstehende können unmöglich vollends beurteilen, was in einem Profisportler in so einer Situation vorgeht. Rose bekommt so viel Druck von außen, alle haben irgendeine Meinung, was er machen soll. Die Fans wollen ihn sofort auf dem Court haben, sein Sponsor ist wohl eher dafür, dass sich Rose schont, um seine Karriere langfristig nicht zu gefährden. Sein Bruder hat ja schon mehrfach betont, dass die Bulls dieses Jahr eh nichts gewinnen können. Und keiner weiß, wie die Franchise mit der Situation umgeht und wie sie vor allem mit Derrick Rose umgeht. Es wurde ja schon ein tiefer Graben kolportiert, den Coach Thibodeau umgehend dementierte. Fakt ist: Die Ärzte haben schon vor geraumer Zeit grünes Licht gegeben, die Workouts vor den Spielen lassen erahnen, dass Rose körperlich bereit ist. Es geht also wohl nur noch um das Mentale. Und da möchte ich einfach niemandem vorschreiben, wie er sich zu fühlen hat. Irgendwann kommen wir aber natürlich schon an einen Punkt, an dem man auch bedenken muss, was er da für eine Seifenoper abzieht. Er bekennt sich nicht klar, verdient aber jede Menge Kohle. Und ich habe jetzt schon mehrfach, auch von Ex-Spielern, gelesen und gehört, die sagen: "Die letzten Hemmungen legt man erst ab, wenn man wieder spielt. Jeder hat Angst, sich gleich wieder zu verletzen. Aber diese Angst wird man nur los, wenn man sich ihr stellt." Für mich reicht das aus, um zu sagen: Rose muss jetzt endlich ran.
Haruka Gruber: Moment! Ohne die große Moralkeule auspacken zu wollen, aber mir ist das zu voreilig. Rose ist klug genug zu wissen, welche Verwunderung er mit seinem Zögern auslöst. Kein Profi ist so abgezockt, als ob er sich mit den Schlagzeilen nicht beschäftigen würde. Dass er sich dennoch dazu entscheidet abzuwarten, zeigt mir, dass er wirklich zwefeilt und nicht einfach so sein Team in Stich lässt. Versetzt Euch doch mal in seine Lage: Mit Brandon Roy oder Greg Oden gibt es zwei sehr prominente Beispiele von Superstar-Prospects, um die sich keiner mehr schert. Welcher Blazers-Fan denkt noch an Oden außer dass er der zweite Sam Bowie ist? Das selbe würde Rose passieren, wenn ihm wieder etwas zustößt. Dann war er der One-Hit-Wonder-MVP und nicht viel mehr. Entsprechend kann ich es nachvollziehen, dass er extrem vorsichtig ist. Zumal Thibodeau bei allem Erfolg ein sehr seltsamer Kauz sein soll, wie man hört. Ein Sonderling, der selbst mit den Assistenzcoaches nur das Nötigste bespricht und sich gerne absondert. Rose verdankt ihm vieles, aber dass da womöglich das allerletzte Vertrauen fehlt, wäre bis zum gewissen Grad verständlich. Zumal die NBA eben auch ein Business ist und man Risiko-Nutzen abwägen muss, so unromantisch es klingt. Das Risiko eines Comebacks liegt auf der Hand. Und wo wäre der Nutzen? Egal wie stark Rose zurückkommt, würden die Bulls spätestens in der zweiten Runde gegen Miami deutlich rausfliegen. Dann doch lieber ein Neustart im Sommer mit einem geplanten Aufbautraining. Mit einem fitten und selbstbewussten Rose wäre Chicago in der kommenden Saison der Ost-Herausforderer Nummer 1 für Miami - und spätestens dann denkt keiner mehr an den Sommer 2013.
These 1: Mike D'Antoni hat Kobe Bryant verheizt
These 2: Und plötzlich sind die Brooklyn Nets ein Dark Horse
These 3: Im Westen kann jedes Team in die Finals einziehen
These 4: Derrick Rose hat keine Ausreden mehr
These 5: Miami kann die Championship Parade schon planen
These: Miami kann die Championship Parade schon planen
Philipp Dornhegge: Ich befürchte schon. Und damit will ich gar nicht sagen, dass ich die Heat verlieren sehen will. Aber etwas Spannung wäre schon schön. Doch bei der Art und Weise, wie sich die Pacers zuletzt präsentierten, fallen die schon mal raus. Bleibt im Osten nur noch New York, das aber zu schlecht verteidigt, um eine Serie mit Miami zu überleben. In der Offensive sind die Knicks vermutlich gut vorbereitet, aber man darf nicht vergessen, dass die alten Herren über Boston und Indiana in die Conference Finals gehen. Und da könnten einige Spieler schon auf dem Zahnfleisch gehen. Und im Westen? Da sehe ich sowieso kein Team, dass die Heat schlagen kann. Die Thunder, das haben die Duelle in diesem Jahr gezeigt, haben immer noch keinen Plan, wie man den Meister bezwingen kann. San Antonio wird die Finals nicht erreichen. Und alle anderen sind zu grün oder zu schlecht. Ich hatte den Lakers einen Finals-Run zugetraut. Mit Kobe und den Twin Towers wäre einiges möglich gewesen. Das hat sich aber leider Gottes erledigt. Nein, Miami wird souverän Meister, LeBron James wird MVP und wir diskutieren wieder den ganzen Sommer nur darüber, ob LeBron jetzt auf Jordans Level ist. Argh.
Stefan Kretzschmar: Ich sag mal so: Im Osten gibt es für mich nur ein Team, das die Heat schlagen kann und das sind die Knicks. Wenn wir darüber reden, wer ein Spiel gegen Miami gewinnen kann, dann ist es etwas anderes. Das können die Bulls mit einer übertrieben harten Defense, wie es gezeigt haben, als sie Miamis Serie beendeten. Das können vielleicht auch die Celtics. Aber eine 7-Spiele-Serie gegen Miami gewinnen? Das kann im Osten nur New York. Ich halte das auch absolut für möglich. Die Heat haben in dieser Saison noch keine Drucksituation erlebt, da müssen wir mal schauen, was passiert. Und wenn die Knicks zu ihrer Defense-Mentalität aus den 90ern zurückfinden, dann geht da was. Mit Kenyon Martin haben sie sich ein wichtiges Puzzleteil eingekauft. Ihre Schusspower mit Carmelo Anthony und J.R. Smith ist beeindruckend. Wenn die Knicks über sich hinauswachsen, dann sind sie in der Lage, Miami über 7 Spiele in die Knie zu gezwingen. Das gefällt mir als Heat-Fan nicht, aber ich kann es mir vorstellen. Mein Championship-Tipp ist aber natürlich Miami, da kann ich gar nichts anderes sagen, allein aus Sympathie-Gründen nicht.
Florian Regelmann: Die Heat sollten auf keinen Fall schon die Parade planen. Nicht auf Miami als Champion zu tippen, ist hart, wenn man sieht, auf welchem Level LeBron über die NBA schwebt, aber es kann einfach zu viel passieren. Zum Beispiel Verletzungen. Wenn Chris Bosh im letzten Jahr nicht rechtzeitig zurückgekommen wäre, hätte der Urlaub für die Heat vielleicht früher begonnen. Das dürfen wir nicht vergessen. Und: In den letzten neun Jahren ist nur einmal die Mannschaft mit der besten Bilanz in der regulären Saison dann auch Meister geworden. Die Celtics 2008. Aber nicht bevor sie in den ersten beiden Runden über 7 Spiele gehen mussten. 6 der letzten 9 Champions waren nicht mal an Position 2 gesetzt. Auf die Mavs hätte bekanntermaßen überhaupt niemand getippt. Diese Unberechenbarkeit ist ja auch das Geile an den Playoffs. Mein Championship-Tipp? Aus dem Bauch heraus: San Antonio. Sorry, Kretzsche, aber ich würde es Tim Duncan, dem zweifellos Defensive Player of the Year ja gönnen. Finals-MVP: Tracy McGrady! Okay: Tony Parker.
Haruka Gruber: Wahnsinn Flo, du Stats-Monster! Aber sorry: Miamis beste Bilanz ist ja kein Ausdruck dessen, dass sie ihre Firepower bereits in der Regular Season verschossen hätten, so wie es Dallas früher gerne getan hat. Vielmehr ist es ein Ausdruck der immensen Qualität. Was man nicht vergessen darf: Nach einem 29-14-Start legten die Heat eine 37-2-Bilanz auf! Und dabei konnten sich LeBron, Wade und Bosh hier und da sogar schonen! New York finde ich auch interessant, weil die Knicks mit Chandler und Melo ein bisschen an Dallas 2011 erinnern mit Chandler und Dirk sowie einem Rest-Cast aus guten bis ordentlichen Rollenspielern. Zu 2011 gibt es jedoch einen gravierenden Unterschied: Die Heat veränderten sich personell zwar nur wenig, dennoch sind sie ein anderes Team. Sie sind variabler, verteidigen besser, lassen den Ball bewegen - und sie werden nie wieder den gleichen Fehler begehen und einen Gegner unteschätzen. Man kann LeBron vieles vorhalten, aber fehlende Fokussierung definitiv nicht mehr. Von daher: An Miami führt kein Weg vorbei. OKC wird schon vor den Finals im Battle mit San Antonio genug Kraft verschlissen haben. Miami wird Meister, davon bringt mich auch Flos komische Statistik nicht ab.
These 1: Mike D'Antoni hat Kobe Bryant verheizt
These 2: Und plötzlich sind die Brooklyn Nets ein Dark Horse
These 3: Im Westen kann jedes Team in die Finals einziehen