Verschwinden die Lakers nach Kobe Bryants Vertragsverlängerung im Mittelmaß? Sind die Miami Heat und Indiana Pacers (am Sonntag ab 21.30 Uhr im LIVE-STREAM bei SPOX gegen die L.A. Clippers) die einzigen brauchbaren Teams im Osten? Hat Dallas mit der Verpflichtung von Monta Ellis statt Dwight Howard sogar Glück gehabt? Brauchen die Chicago Bulls einen Rebuild? Und wie schlecht ist Anthony Bennett wirklich? Die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Florian Regelmann und Haruka Gruber diskutieren diese Fragen mit dem US-Deutschen Tony DiLeo, ehemaliger General Manager der Philadelphia 76ers und aktuell Scout der Washington Wizards.
These: Der Osten ist schwächer als je zuvor.
Florian Regelmann: Zwei Championship-Teams und sonst nur Grütze - wir könnten die East Finals Heat vs. Pacers sofort beginnen lassen. Seit der Rose-Verletzung ist der Ist-Zustand ja leicht zusammenzufassen. Als ich das letzte Mal auf die Standings der "Leastern Conference" geschaut habe, waren die Charlotte Bobcats das viertbeste Team. Das allein reicht, um die These mit einem sehr deutlichen Ja zu beantworten. Die Diskussion um die Schwäche des Ostens ist ja nicht neu, wir haben seit über zehn Jahren jede Saison immer wieder den Fall, dass das letzte Playoff-Team im Osten - trotz eines leichteren Schedules - eine schlechtere Bilanz aufweist als die Nummer 9 im Westen. Das an sich ist schon mal ein Unding, weil in der Theorie doch die 16 besten Mannschaften um den Titel spielen sollten, oder nicht? Wobei: Mit einer negativen-Bilanz in die Playoffs kommen, ist eine Sache. Aber mit einer negativen Bilanz potenziell zum ersten Mal in der Geschichte eine Division gewinnen und einen Top 4 Seed abstauben? Spätestens dann ist es an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Oder wenn Mike Conley nicht beim All-Star-Game dabei sein kann, dafür aber Kemba Walker. Allerdings, bei aller Peinlichkeit: Es ist kein Zufall, dass der Champion in 13 der letzten 25 Jahre aus dem Osten kam. Raptors-Coach Dwane Casey hat letztens vollkommen richtig erklärt, was der große Vorteil des Ostens gegenüber dem Westen ist: die physische Spielweise, die in den Playoffs dann den Unterschied macht. Da ist der Osten klar besser als der Westen. Es ist nicht so, als ob im Westen alles super wäre. Mal abgesehen von den Spurs, die jedes Tempo spielen können, laufen im Westen viele Teams rum, die super-flashy sind, die aber in den Playoffs Probleme kriegen. So schlecht der Osten in der Breite gerade ist: Zwei der drei besten Teams der Liga spielen im Osten. Und, jetzt werden viele lachen, ich glaube auch nach wie vor, dass man die Nets nicht abschreiben darf.
Haruka Gruber: Naja Flo, dass 13 der letzten 25 Meister aus dem Osten kamen, könnte auch einen ganz anderen Grund haben. Nämlich, dass es für die Top-Teams der Eastern Conference ungleich einfacher und kräfteschonender ist als für die der Western Conference, sich für die Finals zu qualifizieren. Stand jetzt müsste San Antonio erst Golden State ausschalten, dann die L.A. Clippers oder die Rockets, nur um sich in den Conference Finals womöglich mit den Thunder zu prügeln. Auf Miami hingegen könnte in den Conference Finals zwar Indiana warten, aber davor wäre es ein Spaziergang angesichts von Gegnern wie den Bobcats, den Raptors oder den Wizards. Das ist einfach nicht fair! Und mittlerweile muss man auch nachdenken, ob die grundsätzliche Aufteilung nach West und Ost noch Sinn macht für die NBA. Flo spricht das All-Star-Game im Februar an. "ESPN" hat nicht von ungefähr spekuliert, dass der Starting-Backcourt der Eastern Conference aus Arron Afflalo und Jeff Teague bestehen könnte. AFFLALO! TEAGUE! Da wunderst es einen nicht, dass in dieser Saison die Ost-Teams im direkten Duell gegen die West-Teams zwei Drittel aller Spiele verlieren. Das ist ein historischer Tiefpunkt, der die These bestätigt, dass der Osten so schwach ist wie nie zuvor. Wenn sich die Management-Skills im Front Office der Ost-Teams nicht deutlich verbessern, wird das Ungleichgewicht noch größer werden. Selbst die Lakers schaffen es im Rebuild, eine ausgeglichene Bilanz aufzuweisen. Die Dichte im Westen ist so groß, dass die Hornets aktuell nur 13. in der Conference sind. Mit der gleichen 6-8-Bilanz würde Toronto im Osten als Vierter in die Playoffs gehen. Ein Witz!
spoxTony DiLeo: Zurzeit ist der Osten in der Breite eindeutig schwächer als der Westen, das stimmt. Aber ich würde es relativieren. Die Nets und die Knicks sind die großen Enttäuschungen bisher, trotzdem verfügen sie über sehr gute Mannschaften und werden sich im Laufe der Saison berappeln. Außerdem darf man den Faktor Zufall nicht unterschätzen. Diese Saison ist es nun mal so, dass im Osten mehr Teams als üblich im Rebuilding-Prozess stecken: Boston, Cleveland, Philadelphia, Orlando, Detroit, Washington, Toronto, Atlanta - sie alle haben die Kader teils drastisch umstrukturiert. Dennoch muss ich Haruka widersprechen, dass es für die Heat ein Spaziergang sein wird und sie deutlich ausgeruhter in die Finals gehen können. Im Ost-Finale werden die Indiana Pacers den Heat eine echte Schlacht liefern und Miami wird alles geben müssen, um in die Finals zu kommen (Clippers vs Pacers, am Sonntag ab 21.30 Uhr im LIVE-STREAM bei SPOX). Dort werden die Karten dann neu gemischt. Deswegen ist es auch übertrieben, das grundsätzliche Ost/West-System in der NBA zu hinterfragen. Die Conference-Aufteilung ist tief verwurzelt in der US-Sportgeschichte und die Tradition sollte man nicht einfach so aufgeben.
Philipp Dornhegge: Eine Tradition, die man allerdings aufgeben könnte, wäre die Einteilung in Divisionen. Du hast den möglichen Sieg der Raptors in der Atlantic Division angesprochen, Flo. Zach Lowe von Grantland hat kürzlich einen sehr interessanten und richtigen Beitrag darüber geschrieben, dass man verhindern muss, dass solche Sachen passieren. Die Einteilung in Divisionen macht tatsächlich keinen großen Sinn mehr, führt dafür aber zu allerlei Problemen. Den Vergleich Ost gegen West beeinflusst das freilich nicht, aber da würde ich ähnlich vorsichtig sein wie Tony: In der Breite ist der Westen seit Jahren stärker, das aktuelle Ungleichgewicht jedoch ist nicht mehr als eine Momentaufnahme. Vom Potenzial müssten die Knicks und Nets eine deutlich positive Bilanz haben, die Bulls sowieso und auch die Wizards, die von Haruka völlig zu Unrecht als Fallobst verlacht werden. John Wall ist auf dem Weg zum Superstar und ein Anführer erster Güte, die Truppe darf man nicht unterschätzen. Und die Hawks haben zwar keine grandiose Mannschaft, spielen aber äußerst effektiv. Zusammen mit Miami und Indiana hätten wir schon sechs Mannschaften, die eigentlich zu den besseren der NBA zählen sollten. Aber schauen wir doch mal auf die Verletztenliste mit Chandler, Rose, Lopez/Williams, Milwaukees Larry Sanders, Bostons Rajon Rondo, Washingtons Rookie Otto Porter: Das sind mit Ausnahme von Porter alles namhafte Spieler, die man nicht einfach ersetzen kann. Im Westen fallen mir Gallinari und Bryant ein, bei OKC war Westbrook schnell wieder da. Und wie Golden State ohne Iguodala auskommt oder Memphis ohne Gasol, müssen wir mal schauen. Kurzum: Der Osten ist nicht nur schlechter, sondern hat darüber hinaus auch mehr Pech gehabt und - wie Tony - sagt, mehr Teams im Rebuild als der Westen. Hinzu kommt, dass es dieses Jahr mehr Tradegerüchte gibt als in den letzten Jahren. Da könnte in den kommenden Monaten einiges passieren, was die Verhältnisse in die eine oder andere Richtung verändert. Der aktuelle Stand hat für mich relativ wenig Bedeutung.
These 1: Der Osten ist schwächer als je zuvor
These 2: Chicago sollte einen Umbruch einleiten
These 3: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein
These 4: Ellis passt besser zu Dallas als Howard
These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten
These: Chicago sollte einen Umbruch einleiten.
Tony DiLeo: Definitiv nein. Es ist extrem bitter nicht nur für die Bulls, sondern auch für die gesamte NBA, was mit Derrick Rose passiert ist. Er ist ein großartiger Basketballer und ein noch großartigerer Mensch. Dennoch sollte die Verletzung nicht dazu führen, dass Panik ausbricht. Die Meniskus-OP ist nicht so gravierend, als ob Derrick nicht mehr 100 Prozent erreichen könnte. Im Gegenteil: Ich glaube fest daran, dass wir schon nächstes Jahr den echten Rose wiedersehen werden. Daher macht es keinen Sinn, den Nukleus unnötig auseinanderbrechen zu lassen. Joakim Noah, Taj Gibson, Jimmy Butler: alles tolle Jungs. Und vielleicht gelingt es, mit Luol Deng zu verlängern. Dann sind die Bulls 2014/15 wieder ein klarer Championship-Kandidat. Nicht umsonst gewinnt Chicago rund 70 Prozent aller Spiele, wenn Rose, Deng und Noah gemeinsam auflaufen.
Haruka Gruber: Eine sehr schwierige These. Aber ohne mich vom Eindruck der letzten Rose-Verletzung zu sehr beeinflussen lassen zu wollen, fehlt mir der Glaube, dass Rose wirklich so stark zurückkommt wie von Tony prognostiziert. Wenn die Saison 2014/15 beginnt, hätte er quasi zwei komplette Jahre ausgesetzt. Auf die Schnelle fiel mir in der Historie kein Superstar ein, der mit 25 Jahren nur ansatzweise so viel mitmachen musste wie Rose - nicht nur körperlich, sondern vor allem mental. Daher scheinen mir 100 Prozent zu hoch gegriffen. Andererseits: Was bleibt Chicago übrig, als auf Rose zu hoffen? Er hat einen Maximum-Vertrag bis 2017, der nicht amnestiert werden kann. Sprich: 20 Millionen Dollar pro Jahr gehen den Bulls ohnehin flöten. Daher sollte man das Beste aus der Situation machen - und mit dem jetzigen Kern weiterarbeiten und mit Rose neu angreifen. Wenn man Carlos Boozer unter der Amnestie-Klausel entlässt, könnte Chicago eventuell mit Deng verlängern oder zwei gute Rollenspieler holen. Selbst mit einem nur halbfitten Rose hätten die Bulls eine zumindest respektable Mannschaft. Eine andere Alternative sehe ich nicht.
Florian Regelmann: Anders als Tony sage ich: Absolut ja, die Bulls brauchen einen Umbruch. Der größte Fehler wäre zu denken, dass die Bulls in einer ähnlichen Situation sind wie in der letzten Saison. In der letzten Saison war das Team ohne Rose, z. Bsp. dank Nate Robinson, viel stärker als das jetzige. In der letzten Saison gab es zudem auch immer die Hoffnung, dass Rose zurückkommen könnte. In dieser Saison ist jedem völlig klar, dass überhaupt nichts geht. Die Spieler haben die Saison jetzt schon aufgegeben und du kannst ihnen nicht mal einen Vorwurf machen. Chicago muss jetzt umschwenken und den Fokus auf Trades legen, auch aus Luxury-Tax-Gründen. Wäre ich Bulls-GM, würde ich auf jeden Fall versuchen, Luol Deng (auch wenn es in dem Fall sehr schwer fällt) und Carlos Boozer zu traden - Deng wäre im nächsten Sommer wahrscheinlich ohnehin finanziell nicht zu halten. Für einen Championship-Run hätte man es darauf ankommen lassen können, aber so auf keinen Fall. Deng kostet Geld und sorgt höchstens diese Saison noch dafür, dass du im Draft 5 Spots weiter hinten ziehst, was soll das? Und: Im nächsten Jahr soll Nikola Mirotic endlich in die NBA wechseln und kann Dengs Platz einnehmen, passt perfekt. Auch Joakim Noah wäre für mich nicht untouchable, allein wegen seiner Verletzungsgeschichte. Wenn die Bulls das so durchziehen würden wie vorgeschlagen, hätte das auch zur Folge, dass sie einen neuen Coach brauchen. Tom Thibodeau wird das niemals mitmachen, zumal es da im Hintergrund in der Zusammenarbeit mit dem Management bekanntlich auch knirscht.
Philipp Dornhegge: Ich bin bei Flo - wenn ich den Umbruch auch nicht ganz so radikal durchziehen würde. Aber das Problem ist ganz klar, dass Jerry Reinsdorf traditionell eher ein sparsamer Besitzer ist. Deshalb und aus CBA-Gründen geht Harukas Rechnung nicht auf: Wenn die Bulls Boozer entlassen und mit Deng verlängern, ist man schon wieder über der Salary-Cap-Grenze. Da geht dann gar nichts mit Free Agents, weil auch die Midlevel Exception schon für Dunleavy weg ist. Es bliebe nur die Hoffnung, dass Mirotic sofort einschlägt. Insofern kann es nur so gehen, dass man Deng UND Boozer loswerden muss, vielleicht in einem Trade auch noch einen der älteren Spieler unterbringt und das Team um Rose, Butler und Noah neu aufbaut. Den Franzosen muss Chicago behalten, er ist als emotionaler Leader einfach so wichtig für das Team. Und dann hat man mit Gibson und Mirotic zwei sehr gute Vierer und immerhin noch einige Millionen über, um tatsächlich Free Agents zu holen. Im mittleren Preissegment gibt es da einige Spieler im kommenden Sommer, die noch gute Jahre vor sich haben. Wenn man jetzt schnell handelt, kann man außerdem schlecht genug sein, um beim Draft ebenfalls eine Rolle zu spielen. So bitter das auch sein mag. Natürlich fußt das Gerüst dann weiterhin darauf, dass Derrick Rose der Superstar und Franchise Player ist. Sehr schwierige Situation...
These 1: Der Osten ist schwächer als je zuvor
These 2: Chicago sollte einen Umbruch einleiten
These 3: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein
These 4: Ellis passt besser zu Dallas als Howard
These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten
These: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein.
Philipp Dornhegge: Mit der Vertragsverlängerung von Kobe Bryant haben sie dieses Signal gegeben, ganz klar. Aus emotionaler und romantischer Sicht war das genau der richtige Schritt. Jim Buss ist so der Schulterschluss mit seinem Star gelungen - was ich vor einiger Zeit mehr kaum für möglich gehalten hätte. Wirtschaftlich war es wohl auch kein Fehler: Die Lakers will sowieso jeder sehen, Bryant ist eins der Gesichter der Liga. Das kann ich alles nachvollziehen. Aber sportlich werden die Lakers große Probleme bekommen. Bryant kuriert gerade einen Achillessehnenriss aus! Noch nie ist im Basketball ein Spieler von so einer Verletzung zurückgekehrt und war auf dem gleichen Niveau wie vorher. Und schon gar kein 35-Jähriger! Bryant hat bestimmt noch einiges zu bieten, aber ist er noch einer der Topspieler der Liga, der dir einen Playoff-Platz quasi garantiert? Ich glaube nicht, und damit ist er beileibe keine 24 Mio. Dollar im Jahr wert. Buss gibt also mehr als ein Drittel des Salary Cap für einen Spieler aus, der die Mannschaft unter Umständen nicht mehr Abend für Abend tragen kann.
Tony DiLeo: Da möchte ich einhaken. Vorweg: Die Lakers spielen viel besser als gedacht. Was dafür spricht, dass trotz aller Verletzungen die Locker-Room-Chemistry viel besser ist als im letzten Jahr. Damals hatten sie eine viel besser besetzte Mannschaft, aber es war regelrecht spürbar, dass die Chemie nicht stimmt. Diese Saison hält sich L.A. überraschend gut und wird mit Kobes Rückkehr deutlich stärker. Im Sommer erwarte ich dennoch sehr viel Bewegung. Die Lakers haben noch nie über die Drafts eine neue Mannschaft aufgebaut. Ihr Plan ist es immer, über die Free Agency sich zu verstärken - und das nicht mit Rollenspielern, sondern mit den Besten der Besten. Die Lakers werden die größten Superstars jagen - und spätestens nächste Saison wieder zu den absoluten Topteams gehören.
Haruka Gruber: Du sagst: "Die Lakers werden die größten Superstars jagen." Du meinst LeBron James und Carmelo Anthony?
DiLeo: Sorry, aber ich bin als Scout bei den Washington Wizards angestellt und darf nicht über konkrete Free Agents sprechen. Allgemein gesprochen: Was viele in Deutschland nicht nachvollziehen können, ist die Faszination, die die Franchise ausübt. Im Grunde will jeder Superstar mindestens einmal das Lakers-Trikot tragen. Mit diesem Argument haben sie schon sehr viele Spieler überzeugt.
Dornhegge: Aber hätte jemand wie James Lust, sein gemachtes Nest in Miami zu verlassen und sich einer Mannschaft anzuschließen, in der ein 35-Jähriger nicht wahrhaben will, dass er dann nicht mehr das Alphatier ist? Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie die beiden von ihrer Spielweise auch nur irgendwie zusammenpassen würde. Noch weniger Bryant und Anthony. Und der erlebt bei den Knicks ja gerade hautnah, wie viele gute Chemie wert ist. Ich sehe nicht, dass die Lakers im kommenden Sommer für großartig Furore sorgen können.
Gruber: Auf jeden Fall wird es extrem spannend zu beobachten, welche Schritte die Lakers unternehmen. Eines ist aus meiner Sicht klar: Die These ist Quatsch, auf Jahre werden sie nicht zum Mittelmaß gehören. Das gebietet schon der Selbstanspruch. Dafür war die Phase Anfang und Mitte der 90er Jahre zu schmerzhaft, als Nick Van Exel oder Elden Campbell die vermeintlich größten Namen einer fast schon belanglosen Franchise waren. So tief werden die Lakers aber nicht mehr fallen. Man kann Jim Buss einiges vorwerfen, aber im Sommer 2014 kann er zeigen, ob er vielleicht doch etwas drauf hat. Die Lakers-Faszination ist immer ein Argument, aber auch finanziell ist einiges möglich, weil alle größeren Verträge von Kobe und Steve Nash abgesehen auslaufen. Daher: Warum nicht über einen Melo nachdenken? Und selbst LeBron ist nicht ganz ausgeschlossen. Sollte er Miami zum dritten Titel in Folge führen - was soll er sonst noch mit den Heat anpeilen? Die Lakers zurück zur Glory zu führen, wäre die ultimative Challenge.
Florian Regelmann: Ich bin jetzt mal Kobe. Ich, der unglaublich generöse Kobe, verzichte auf Geld. Bin aber weiterhin der bestbezahlte Spieler der NBA, was mir ganz ganz ganz wichtig ist. Und die Lakers haben genug Flexibilität, um mir in der nächsten Saison einen Superstar mit einem Max-Deal zur Seite zu stellen. Das reicht dann schon, so hole ich mir Ring Nr. 6. So ungefähr stelle ich mir die Gedanken in Kobes Kopf vor. Er hat auf 6 Millionen verzichtet, das ist viel Geld, keine Frage, aber in dem Fall trotzdem der albernste Pay Cut aller Zeiten. Damit sich den Lakers genügend Spielraum eröffnet, hätte er auf die Hälfte oder noch mehr verzichten müssen und sollen. LeBron zu kriegen, erscheint brutal unrealistisch. Und selbst wenn die Lakers Anthony holen sollten, reicht das Duo Kobe/Melo nicht, um im Titelrennen eine Rolle zu spielen. Die Frage, die ich mir stelle: Angenommen die Lakers würden Melo bekommen können, sollten sie das überhaupt machen? Oder nicht viel lieber auf Kevin Love 2015 warten? Das erscheint zumindest mir deutlich sinnvoller im Hinblick auf die Zukunft, sonst stehen sie in einigen Jahren schon wieder da, wo sie jetzt stehen. Mit einem alternden Superstar, der dann Anthony heißt, und der Frage, wie der Kader umgebaut werden soll. Was Philipp zu Recht angesprochen hat: Wir wissen alle nicht wirklich, wie groß überhaupt die Lust ist bei anderen Stars, mit Bryant zusammenzuspielen, das könnte durchaus auch zu einem Faktor werden. Der neue Kobe-Deal ist in jedem Fall furchtbar für die Lakers, so wahnsinnig wichtig kann ihm ein weiterer Titel wirklich nicht sein. Beziehungsweise er denkt wahrscheinlich echt, dass er das trotzdem schafft.
These 1: Der Osten ist schwächer als je zuvor
These 2: Chicago sollte einen Umbruch einleiten
These 3: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein
These 4: Ellis passt besser zu Dallas als Howard
These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten
These: Ellis passt besser zu Dallas als Howard.
Florian Regelmann: Monta Ellis spielt bis jetzt zweifellos eine überragende Saison. Zum einen blüht er auf, weil er in Dallas das Gefühl vermittelt bekommt, dass er die ganz große Nummer ist. Das braucht er, das hatte er in Milwaukee nicht, und Dirk hat damit überhaupt kein Problem. Das ist meiner Meinung nach ganz wichtig. Dazu kommt natürlich, dass die Ellis-Nowitzki-Pick-and-Roll-Combo wie erwartet von niemandem zu stoppen ist. Insofern passt Ellis rein spielerisch natürlich besser zu den Mavs und Nowitzki als Howard. Für diese Saison mögen die Mavs sogar mit Ellis statt Howard das bessere Team sein, weil sie bei einer Howard-Verpflichtung wahrscheinlich keinen Jose Calderon mehr hätten bekommen können. ABER: An sich ist die These totaler Nonsens, da kann Mark Cuban das erneute Versagen im Sommer schönreden, wie er will. Mit Howard hätten die Mavs jetzt einen Superstar, einen neuen Franchise Player, um den man etwas aufbauen und in absehbarer Zeit wieder vorne mitmischen kann. So ist das zwar alles ganz nett mit Ellis, aber es bringt ja nichts, weil die Mavs trotzdem im besten Fall ein Team sind, das gerade so in die Playoffs rutscht und in der ersten Runde rausfliegt. Aufgrund der wirklich jämmerlichen Defense glaube ich auch nicht, dass Dallas überhaupt die Playoffs packt im Westen. Insofern gibt's da kein Grund, wegen Ellis übertrieben euphorisch zu werden.
Haruka Gruber: Flo formuliert es etwas krass, aber ich bin ähnlicher Meinung. Die Dirk-Ellis-Combo funktioniert viel besser als erwartet. Dass Dirk so starke Quoten auflegt, hat er seiner besseren Fitness, aber eben auch Ellis zu verdanken. Ein bisschen erinnert mich Dallas in dieser Saison an die Mavs von vor zehn Jahren. Damals gab es neben Dirk mit Michael Finley einen scorenden Shooting Guard und mit Steve Nash einen europäisch geprägten Point Guard. Jetzt sind es eben Ellis und Jose Calderon. Mir gefällt es sehr, dass die Mavs wieder auf dem Weg sind, sich eine eigene Identität zu schaffen. Dennoch darf man nicht zu euphorisch werden: Im Gegensatz zu Flo glaube ich schon, dass die Playoffs erreicht werden, allerdings werden die Mavs dort nicht viel reißen, dafür ist bei aller Offensiv-Wucht die Defense schlichtweg zu schlecht oder zu nachlässig. Eine Parallele zu früher, die leider nicht so schön ist: Als Starting Center erinnert mich Sam Dalembert zu sehr an Erick Dampier. Mit einem Howard hingegen hätten die Mavs auf einer der sensibelsten Positionen für Jahre die Lösung gehabt. So gut Ellis diese Saison ist: Shooting Guards seiner Klasse sind wesentlich häufiger zu finden.
spoxTony DiLeo: Wenn Howard zu bekommen gewesen wäre, hätte Dallas keinen Gedanken an Ellis verschwendet. Aber es kam alles anders und Ellis erledigt als vermeintlicher Notnagel einen großartigen Job. Er ist ein sehr guter Scorer und ein sehr unterschätzter Passer, so dass er von Dirk extrem viel Druck wegnimmt. Wenn Nowitzki zum All-Star Game nominiert wird, was ich für möglich halte, dann muss er sich zu einem Großteil bei Ellis bedanken. Und anders als Haruka finde ich, dass Sam Dalembert eine gute Wahl war. Er ist ein guter Shot-Blocker und passt so perfekt zu Dirk. Und Calderon ist einer der besten "True Point Guards". Dallas' Management hat im Sommer gute Entscheidungen getroffen: Individuell sind die Mavs nicht am besten besetzt, aber nachdem die großen Namen weg waren, haben sie Spieler geholt, die sehr gut zueinander passen. Das einzige Problem ist die Defense. Calderon und Dirk waren noch nie die besten Verteidiger und wurden mit den Jahren auch langsamer. Dennoch sollte niemand Dallas unterschätzen. Die Mavs sind in den Playoffs für jeden Gegner gefährlich.
Philipp Dornhegge: Ich bin ein bisschen erstaunt über Eure sehr hohe Meinung von Howard. Wenn man sich die Rockets anschaut, dann ist Dwight Howard zwar offensichtlich fitter als im letzten Jahr bei den Lakers, aber auch nur noch entfernt der Spieler, der er bei Orlando war. Seine Athletik hat stark nachgelassen, vor allem ist er längst nicht mehr der einzige mobile Center mit enormer Sprungkraft und Power. Er kann seine Gegenspieler nicht mehr herumschubsen - und jetzt sieht man eben auch, dass er im Low Post komplett unbrauchbar ist. Ich kann mir vorstellen, dass er als Pick'n'Roll-Spieler Dallas einige Optionen gegeben hätte, Nowitzki auch mal abseits des Balls spielen zu lassen. Aber alles in allem ist Howards Offensive erschreckend - ich kann es nicht anders sagen. Wie sehr er die Defense hätte stabilisieren können, ist mir auch nicht ganz klar. In Houston laufen ihm die Guards und Flügelspieler ja auch Knoten in die Beine. Er ist immer noch ein sehr guter Verteidiger, versteht mich nicht falsch. Aber sein Impact ist nicht mehr so massiv wie vor ein paar Jahren, und ob das dann noch reicht, um die Offense aufzuwiegen, weiß ich nicht. Und das wird alles in den nächsten Jahren nicht besser. Mir ist Ellis in Dallas tatsächlich fast lieber. Wenn Ellis und Nowitzki zusammen auf dem Court stehen, läuft die Offense so überragend, dass es eine Augenweide ist. Die klaren Strukturen und Hierarchien bei den Mavs scheinen Ellis tatsächlich gut zu tun. Gleichzeitig sind die Leistungen schwankend, wenn nur einer oder gar beide draußen sitzen. Das ist doch ein klares Indiz für den Wert, den Ellis jetzt schon für Dallas hat. Kurzum: Ellis + Dalembert sind für mich ein besserer Deal als Howard + Mittelklasse-Shooting-Guard X. Zumal im zweiten Fall auch Calderon nicht hätte kommen können.
These 1: Der Osten ist schwächer als je zuvor
These 2: Chicago sollte einen Umbruch einleiten
These 3: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein
These 4: Ellis passt besser zu Dallas als Howard
These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten
These: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten.
Tony DiLeo: Die Transition vom College in die NBA ist immer schwierig, besonders für die Spieler, die nur ein Jahr an die Uni gingen. Dazu kommen negativ hinzu: Bennett muss dem Druck des Nr.-1-Picks standhalten. Parallel wird er zwischen zwei Positionen, Small Forward und Power Forward, hin- und hergeschoben. Und er spielt bei den Cavaliers, die sich das Ziel gesetzt haben, die Playoffs zu erreichen, so dass ein Rookie sich nicht in Ruhe entwickeln kann. Es kommen also sehr viele ungünstige Umstände zusammen. Dennoch sehe ich in ihm zweifellos NBA-Potenzial. Er ist talentierter, als viele glauben. Nur: Er scheint einer der Spielertypen zu sein, die etwas länger für die Umstellung benötigen. Aber davon sollte er sich nicht beunruhigen lassen. Chauncey Billups beispielsweise ist jahrelang von NBA-Team zu NBA-Team weitergereicht worden, bevor er zum All-Star und zum Champion wurde.
Florian Regelmann: Auch wenn die Statistiken zu Beginn seiner NBA-Karriere so unfassbar mies sind und er mal auf Kurs drei Field Goals pro Monat war, würde ich ihn ungern so früh unter Kwame Brown oder Michael Olowokandi einreihen. Big Men brauchen generell länger als Point Guards oder Flügelspieler, um sich zu entwickeln und um sich in der NBA anzupassen. Die Cavs müssen Geduld mit Bennett haben, ein immenses Potenzial ist logischerweise ja da. Dass Evan Turner mal auf All-Star-Level spielt, hätte angesichts seines sehr langsamen Starts auch niemand gedacht, manchmal dauert es einfach seine Zeit. Was den Verantwortlichen der Cavs viel mehr Sorgen machen sollte als irgendein Air Ball, ist die Frage, wie Bennett die Situation jetzt bewältigt. Er hatte eine schwierige Schulter-Verletzung und konnte sich konditionell nicht in die Verfassung bringen, die nötig ist. Dazu kommen seine gesundheitlichen Probleme mit Asthma und die Atemstillstände während des Schlafs, das finde ich schon heftig. Im Sommer durfte er sich noch als First Overall Pick abfeiern lassen, kein halbes Jahr später läuft nichts, sein Coach lässt auch überhaupt keine Plays für ihn laufen, stattdessen wird er von den eigenen Fans nach wenigen Spielen schon ausgebuht und überall als Brick Bennett verhöhnt. Reife Leistung von den Cavs-Fans übrigens. Wie er jetzt mit dieser schwierigen Situation umgeht, wie er sich da rausarbeitet, oder nicht, wird über seine NBA-Karriere entscheiden. Das ist eine ganz entscheidenden Phase. Was übrigens auch für Dennis Schröder gilt, der sicher dachte, sofort die NBA im Sturm zu erobern und jetzt schön Spiel für Spiel zuschauen darf. Wenn er jetzt nicht checkt, warum er nicht spielt, und die Lehren daraus zieht, wird er in ein paar Jahren wieder in Deutschland spielen. Jetzt kommt's drauf an.
Philipp Dornhegge: Ich bin genauso wenig wie Flo bereit, Bennett abzuschreiben, sondern würde vielmehr die Cavs in die Verantwortung ziehen. Der Coach hat ganz offensichtlich überhaupt keinen Bock, Bennett eine Chance zu geben. Warum auch, die Cavs spielen ja schließlich überragend ohne ihn. Mike Brown war ja noch nie als Offensivgenie verschrien, bei seinem zweiten Anlauf zeigt er erneut warum nicht. Da ist alles auf Kyrie Irving fokussiert, der aus meiner Sicht enttäuschend wenig Fortschritte im Vergleich zur Vorsaison gemacht hat. Bei den Cavs gibt's kein Ball Movement, keinen Spaß, keine Chance für Rollenspieler, sich mal ins Rampenlicht zu spielen. Ich dachte ja letzte Saison, dass LeBron 2014 zurückkehren könnte, aber auf so eine Truppe wird er wohl keinen Bock haben. Die Chemie stimmt ja auch nicht, es gab schon ein Teammeeting, Irving hat Brown angeschnauzt und umgekehrt. Das ist einfach eine richtig miese Saison, die die Cavs bisher abliefern. Das ist für einen Rookie leider die schlimmstmögliche Siutation. Ein Nummer-Eins-Pick sollte normalerweise der Heilsbringer sein, stattdessen kommt er in ein Team mit Playoffambitionen, mit einem etablierten Superstar und einer sehr tiefen Frontcourt-Rotation. Das ist einfach nicht zu vergleichen mit Anthony Davis, Shaquille O'Neal oder LeBron James zehn Jahre vor Bennett.
Haruka Gruber: Ich finde, Flo misst mit zweierlei Maß. Bennett ist Opfer der Umstände, während Schröder nicht selbstkritisch genug ist? Ich weiß nicht, wo die Wahrheit liegt, aber ich glaube, dass die Situation komplexer ist. Bei Schröder, vor allem bei Bennett. Natürlich ist die Situation extrem hart, wenn selbst die eigenen Fans nicht davor zurückschrecken, einen 20-Jährigen zu verhöhnen. Er muss sich in den letzten 6 Monaten wie im falschen Film vorkommen, er sagt ja selbst, dass er schon beim Draft nie gedacht hätte, die Nummer eins zu sein. Und jetzt das. Andererseits muss man sich die Frage stellen, wie solche Leistungen zu Beginn seiner NBA-Karriere passieren können und wie selbstverantwortlich ein Profi ist. Die Scouts sagten vor dem Draft, dass Bennett wohl kein Superstar werden wird, aber NBA-ready wäre. Sprich: Dass er als einer der wenigen aus der Rookie-Klasse einem NBA-Team sofort als Ergänzung weiterhelfen kann. Aber dann fängt die Saison an und er nimmt sinnbefreit Dreier um Dreier, verwirft die ersten 11 Versuche seiner NBA-Karriere, zieht trotz der Athletik sehr selten zum Korb und trifft nur in Ausnahmen einen Freiwurf. Der Vergleich mit Evan Turner oder Chauncey Billups ist daher unzulässig, weil sie im Vergleich zu Bennett in der Rookie-Saison immerhin irgendetwas zustande gebracht hatten. Selbst Kwame Brown und Michael Olowokandi waren in den ersten NBA-Wochen wertvoller als Bennett. Die These "Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten" ist zwar hart, hat aber eine gewisse Berechtigung.
Dornhegge: Wenn man nur die ersten Spiele sieht, dann vielleicht schon. Aber man darf getrost davon ausgehen, dass Bennett schon noch seine Minuten bekommt, wenn die Cavs erstmal aus dem Playoffrennen sind oder die Big-Men-Riege von Verletzungen dezimiert ist. Das Potenzial ist definitiv vorhanden, und man darf vor allem nicht vergessen, dass er sich zumindest als Verteidiger in seinen wenigen Minuten schon als NBA-ready erwiesen hat. Und er kann rebounden, da besteht kein Zweifel. Auf lange Sicht wird seine Karriere um einiges besser aussehen als die von Olowokandi oder Brown.
These 1: Der Osten ist schwächer als je zuvor
These 2: Chicago sollte einen Umbruch einleiten
These 3: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein
These 4: Ellis passt besser zu Dallas als Howard
These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten